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CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)

CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)

Titel: CIA: Die ganze Geschichte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Weiner
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Unkenntnis von Geschichte, Gesellschaft und Sprache der Vietnamesen«.
    »Wir wollten nichts wissen, und daher wussten wir auch nicht, wie viel wir nicht wussten.«
    »Das große Trauerspiel«, so Helms in einer für die Lyndon-B.-Johnson-Bibliothek aufgezeichneten Zeitzeugenaussage, »war unsere Ahnungslosigkeit – oder, wenn Sie so wollen, unsere Arglosigkeit –, die uns zu Fehlurteilen, Unverständnis und einer Menge falscher Entscheidungen verleitete.«
    Auch Lyndon Johnson wurde immer wieder von einem bösen Traum heimgesucht, in dem es um Vietnam ging. Wenn er je zauderte, ins Wanken geriete oder gar als Verlierer dastehe, »Robert Kennedy würde da sein, den Kampf gegen mich anführen und jedem erzählen, ich hätte die Verpflichtung seines Bruders für Südvietnam preisgegeben. Ich wäre ein Feigling. Kein richtiger Mann. Ein Mann ohne Rückgrat. O ja, ich konnte es kommen sehen. Jede Nacht sah ich mich im Schlaf an den Boden gefesselt mitten in einem weiten, offenen Raum. In der Ferne hörte ich die Stimmen Tausender Menschen. Sie schrien und rannten auf mich zu: ›Feigling! Verräter! Schwächling!‹«
    »John McCones Krieg«
    Die Schlagkraft des Vietkong, der kommunistischen Guerillaverbände im Süden, nahm ständig zu. Der neue Botschafter General Maxwell Taylor, der zuvor bei der Sondergruppe für Aufstandsbekämpfung gewesen war, und Bill Colby, Chef der Fernost-Abteilung der CIA, suchten gemeinsam nach einer neuen Strategie gegen die ungreifbar bleibenden Terroristen. »Counterinsurgency wurde zu einem beinahe albernen Schlachtruf«, so Robert Amory, der nach neun Jahren im Amt des stellvertretenden Direktors für Nachrichtenverarbeitung zurückgetreten und nun im Weißen Haus für die Budgets der Geheimprogramme zuständig war. »Es gab viel zu viele gänzlich unterschiedliche Auffassungen darüber, was es bedeuten sollte.« Robert Kennedy indessen wusste genau, was er unter Counterinsurgency verstand, und er brachte es auf den Punkt. »Was wir brauchten«, erklärte er einmal, »das waren Leute, die mit einem Gewehr umgehen konnten.«
    Am 16.November 1964 landete ein Memorandum von Peer de Silva, dem Leiter des Saigoner CIA-Büros, wie ein Sprengsatz auf John McCones Schreibtisch in der Zentrale. Es trug die Überschrift: »Unser Counterinsurgency-Experiment und seine Folgen«. Helms und Colby hatten es gelesen und gebilligt. Es war ein kühner Gedanke, der ein großes Risiko barg, nämlich, »dass ›McNamaras Krieg‹ zu ›McCones Krieg‹ wird«, so die Warnung, die Marshall Carter, der stellvertretende CIA-Direktor, gegenüber seinem Chef unverblümt aussprach.
    De Silva hatte versucht, den Machtbereich der CIA in Südvietnam auszudehnen, indem er in den Provinzen paramilitärische Spähtrupps einsetzte, die Vietkong-Kämpfer aufreiben sollten. Im Bunde mit dem Innenminister und dem Polizeipräsidenten erwarb de Silva von einem korrupten Gewerkschaftsboss einen Landsitz im äußersten Nordosten Südvietnams und zog dort Counterinsurgency-Schnellkurse für Zivilisten auf. In der ersten Novemberwoche des Jahres 1964, die Amerikaner hatten Johnson gerade für nunmehr eine volle Amtszeit zum Präsidenten gewählt, war de Silva hingeflogen, um sein Gestalt annehmendes Projekt zu inspizieren. Seine Mitarbeiter hatten vietnamesische Rekruten in drei Teams à vierzig Mann geschult, die behauptet hatten, in einem Gefecht 167 Vietkong getötet und lediglich sechs der eigenen Leute verloren zu haben. Jetzt wollte de Silva 5000 vietnamesische Zivilisten aus allen Landesteilen per Flugzeug auf das Landgut schaffen und ihnen dort von CIA-Mitarbeitern und amerikanischen Militärberatern drei Monate lang militärische und politische Taktik beibringen lassen. Nach de Silvas eigenen Worten würden sie als »Terrorabwehrteams« nach Hause zurückkehren und die Vietkong kaltmachen.
    John McCone hatte grenzenloses Vertrauen in Peer de Silva und gab sein Plazet. Aber er ahnte, dass diese Schlacht verlorengehen würde. Am Tag nach Eingang von de Silvas Memorandum begab sich McCone ins Weiße Haus und bot Präsident Johnson zum zweiten Mal seinen Rücktritt an. Er schlug mehrere qualifizierte Nachfolger vor und bat um seine Entlassung. Erneut – und nicht zum letzten Mal – ging der Präsident nicht auf den Wunsch des CIA-Direktors ein.
    McCone blieb auf seinem Posten, während die Schwierigkeiten, mit denen er zu kämpfen hatte, sich häuften. Ebenso wie die Präsidenten, in deren Diensten er stand, glaubte er

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