CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)
demokratische Verhältnisse zu simulieren.
Im Jahr 1953 hatten Walter Bedell Smith und die Brüder Dulles einen amerikanischen Sondergesandten nach Bangkok geschickt: Bill Donovan, genannt »Wild Bill«. Er war siebzig Jahre alt, hatte aber immer noch das Zeug zu einem letzten Einsatz. »Botschafter Donovan empfahl Präsident Eisenhower, in Thailand Fuß zu fassen und zu versuchen, von dort aus den Weg in einige dieser Länder zurückzufinden und den Vormarsch des Kommunismus zu stoppen«, erklärte Bill Thomas, der leitende Nachrichtendienstler der amerikanischen Botschaft in Bangkok. »Geld spielte keine Rolle.«
Donovan löste nach dem Koreakrieg eine riesige Woge verdeckter CIA-Operationen in ganz Südostasien aus. Unterstützt wurde er dabei von der vierzigtausend Mann starken thailändischen Polizeitruppe, deren Chef sich mit Einverständnis der CIA und Donovans diplomatischer Vertretung als Opiumkönig etabliert hatte. Die Agency und eine rasch wachsende amerikanische Gruppe von Militärberatern sorgten für die Ausrüstung und Ausbildung des thailändischen Militärs, dessen Oberbefehlshaber in Bangkok die Bordelle, die Schlachthäuser für Schweine und die Spirituosengeschäfte kontrollierte. Donovan bescheinigte den thailändischen Generälen öffentlich, Verteidiger der Demokratie zu sein. Die CIA nutzte ihre guten Verbindungen zu den Generälen, um in der Nähe von Udorn ihre Basis zu errichten. Vormals eine Schaltstelle für verdeckte Operationen in ganz Südostasien, diente der Stützpunkt nach den Anschlägen auf die New Yorker Twin Towers als geheimes Gefängnis für islamische Radikale, die dort festgesetzt und verhört wurden.
Nach Donovans Abschied stand Thailand noch über ein Jahrzehnt unter der Herrschaft einer Militärdiktatur. Weil Washington darauf drängte, sagten die Generäle 1965 zu, irgendwann Wahlen abzuhalten. Sie fürchteten aber, die Wahlurnen würden den Linken zum Aufstieg verhelfen. Also machte sich die CIA daran, den demokratischen Prozess in Gang zu setzen und zu steuern.
Am 28.September 1965 stellten Helms, der Leiter der Abteilung für verdeckte Aktionen, Desmond FitzGerald, und die höchste Autorität für den Fernen Osten, Bill Colby, dem Weißen Haus ein Programm vor, bei dem es um »die Finanzierung einer politischen Partei, die Unterstützung dieser Partei und die Unterstützung der aus der Partei ausgewählten Kandidaten fürs Parlament« ging. Massiv befürwortet wurden die Pläne von dem ebenso verschlagenen wie ehrgeizigen amerikanischen Botschafter in Thailand, Graham Martin, der die CIA als seine persönliche Finanzierungsquelle und Polizeitruppe betrachtete. Man habe es mit einem heiklen Problem zu tun, erklärten sie. »Thailand steht derzeit immer noch unter Kriegsrecht, das politische Parteien verbietet«; die thailändischen Generäle hätten »politisch wenig oder nichts zur Vorbereitung der bevorstehenden Wahlen unternommen und organisiert«. Aber unter dem massiven Druck des Botschafters und der CIA hätten sie sich einverstanden erklärt, an einem Strang zu ziehen und eine neue Partei zu gründen. Zur Belohnung werde die CIA Millionen für den Aufbau des neuen Parteiapparats zur Verfügung stellen.
Das Ziel sei, »die Position und Herrschaft der derzeitigen Führungsschicht« aufrechtzuerhalten und »sicherzustellen, dass die ins Leben gerufene Partei bei den Wahlen Erfolg hat und eine solide und überzeugende Mehrheit gewinnt«. Die CIA erklärte sich im Stande, »einen demokratischen Wahlprozess buchstäblich aus dem Boden zu stampfen«, sodass die Vereinigten Staaten sich auf »ein stabiles prowestliches Regime in diesem für die Stellung in Südostasien grundlegenden Land« stützen könnten. Präsident Johnson stimmte dem Plan persönlich zu. Ein stabiles Thailand war für einen amerikanischen Sieg in Vietnam entscheidend.
»Wir haben uns nur von der Woge an Land tragen lassen«
Die CIA warnte das Weiße Haus, wenn Amerika seinen Einfluss in Indonesien einbüße, verliere ein Sieg in Vietnam alle Bedeutung. Die Agency war eifrig bemüht, für die bevölkerungsreichste muslimische Nation ein neues Oberhaupt zu finden.
Dann fand in der Nacht des 1.Oktober 1965 ein politisches Erdbeben statt. Sieben Jahre, nachdem die CIA ihn zu stürzen versucht hatte, unternahm Präsident Sukarno einen überraschenden Putsch, der sich offenbar gegen seine eigene Regierung richtete. Nach zwei Jahrzehnten an der Macht versuchte Sukarno, mit dessen Gesundheit und
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