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CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)

CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)

Titel: CIA: Die ganze Geschichte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Weiner
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vor, dass sie die atomare Feuerkraft der Sowjetunion in den sechziger Jahren unterschätzt hatte; seine ganze Präsidentschaft hindurch prügelte er deshalb auf die CIA ein. Die Folge des Drucks, unter dem die CIA stand, kann man heute sehen: Dreizehn Jahre lang, von der Ära Nixon bis zum Ausgang des Kalten Krieges, griff jede Schätzung der sowjetischen strategischen Atommacht hinsichtlich des Ausmaßes, in dem Moskau sein Waffenarsenal modernisierte, zu hoch.
    Dennoch verließ sich Nixon auf die CIA, wann immer es darum ging, die Sowjetmacht zu untergraben – nicht nur in Moskau selbst, sondern auch in jedem anderen Staat der Welt.
    »Nach der heutigen Sitzung des Nationalen Sicherheitsrates beorderte der Präsident Henry Kissinger und mich ins Oval Office, um 25 Minuten lang eine Vielzahl von Themen mit uns zu erörtern, unter anderem SALT, Laos, Kambodscha, Kuba und Geheimoperationen«, vermerkte Helms in einer Aktennotiz vom 25.März 1970. »Hinsichtlich der Geheimoperationen mahnte mich der Präsident eindringlich, den Sowjets Feuer unterm Hintern zu machen, und zwar kräftig, wo immer auf der Welt das möglich war. Er hieß mich ›einfach loszulegen‹, Henry Kissinger auf dem Laufenden zu halten und all meinen Einfallsreichtum aufzubieten. Nie habe ich ihn irgendetwas mit mehr Nachdruck fordern hören.« Durch diesen seltenen Augenblick präsidialer Zuwendung ermutigt, »nutzte ich die Gelegenheit und äußerte mit ebenso viel Nachdruck meine Überzeugung, die Vereinigten Staaten dürften nie etwas aufgeben, womit sich die Sowjetunion unter Druck setzen oder ärgern ließ, wenn sie nicht eine entsprechende Gegenleistung dafür erhielten«. Dem Präsidenten versprach er eine Liste mit neuen Vorschlägen für verdeckte Operationen gegen die Sowjetunion.
    Nur ein Abschnitt des Papiers, das Helms ans Weiße Haus schickte, erregte Nixons Interesse.
    Helms gab einen Überblick über die Arbeit von Radio Free Europe und Radio Liberty – im Laufe von zwanzig Jahren waren mehr als 400 Millionen Dollar in diese Einrichtungen geflossen – und darüber, wie sehr die Sender dazu beigetragen hatten, hinter dem Eisernen Vorhang oppositionelle Kräfte am Leben zu erhalten. Er berichtete ausführlich über die Tätigkeit sowjetischer Dissidenten wie etwa des Physikers Andrej Sacharow und des Schriftstellers Alexander Solschenizyn, deren Äußerungen von der CIA in die Sowjetunion zurückgetragen worden waren. Dreißig Millionen Menschen in Osteuropa hörten Radio Free Europe, und die Sowjetbürger taten alles in ihrer Macht Stehende, um Radio Liberty zu empfangen, obwohl Moskau 150 Millionen Dollar im Jahr ausgab, um die Übertragungen zu stören. Außerdem hatten die Organisationen von Free Europe und Liberty seit dem Ende der fünfziger Jahre eine halbe Million Bücher und Zeitschriften in der Sowjetunion und in Osteuropa verteilt. Man hoffte, durch das gesendete und das gedruckte Wort die intellektuelle und kulturelle Freiheit zu befördern.
    All das war schön und gut, aber in Nixons Augen kalter Kaffee. Was seine Fantasie fesselte, war die Fähigkeit der CIA, Wahlen zu beeinflussen.
    »Es gibt zahlreiche Fälle, wo wir angesichts von drohenden Wahlsiegen der Kommunistischen Partei oder einer Volksfront in der freien Welt der Gefahr entgegengetreten sind und sie erfolgreich abgewehrt haben«, rief Helms dem Präsidenten ins Gedächtnis. »Guyana 1963 und Chile 1964 sind gute Beispiele dafür, was sich unter schwierigen Bedingungen erreichen lässt. Ähnliche Situationen könnten uns bald in verschiedenen Gegenden der Welt blühen, und wir stehen mit sorgfältig geplanten geheimen Wahlprogrammen bereit, in Aktion zu treten.« Das war schon eher nach Nixons Geschmack. Geld und Politik – dafür hatte er ein Herz.
    »Dass sich nur auf die bewährte Weise etwas machen ließ«
    Den ganzen Kalten Krieg über hatte die Agency heimlich Politiker in Westeuropa mit finanziellen Zuwendungen unterstützt. Auf der Liste fanden sich der deutsche Bundeskanzler Willy Brandt, der französische Premierminister Guy Mollet und jeder italienische Christdemokrat, der aus einer Landeswahl siegreich hervorgegangen war.
    Die CIA hatte zwanzig Jahre hindurch mindestens 65 Millionen Dollar aufgewendet, um sich in Rom, Mailand und Neapel Einfluss zu sichern. Im Jahr 1965 bezeichnete McGeorge Bundy das Programm verdeckter Aktionen in Italien als »die alljährliche Schande«. Und doch ging es weiter. Ausländische Mächte hatten sich seit

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