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CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)

CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)

Titel: CIA: Die ganze Geschichte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Weiner
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äußerst liebenswürdiger Mensch mit funkelnden Augen, einem dröhnenden Lachen und einer fast spitzbübischen Verschlagenheit. Aber zugleich war er doppelzüngig, ein unheilbarer Ehebrecher und von skrupellosem Ehrgeiz beseelt. Er scheute sich nicht, den Kongress oder seine Kollegen oder gar seinen Oberbefehlshaber zu täuschen.
    Raum 1501 im Longworth-Gebäude des Repräsentantenhauses: Den Zugang versperrten Bewaffnete; im Innern verpflichteten sich alle Anwesenden unter Eid zur Verschwiegenheit. An seiner Pfeife ziehend, wie ein in Tweed gekleideter Schulrektor, der widerspenstige Schüler unterrichtet, entwarf Allen Dulles das Bild einer CIA »unter Führung einer kleineren Elitetruppe von Männern mit einem Hang zur Anonymität«. Ihr Direktor brauche »ein Höchstmaß an kritischem Geist« im Verein mit »langer Erfahrung und profunden Kenntnissen« – ein Mann vom Schlag eines Allen Dulles. Seine wichtigsten Mitarbeiter würden, sofern sie Militärs wären, »ihre Stellung als Soldaten, Seeleute oder Flieger aufgeben und gleichsam die ›Kutte‹ des Nachrichtendienstlers überstreifen«.
    Die Amerikaner hätten »den Rohstoff, aus dem sie den größten Nachrichtendienst der Welt aufbauen können«, so Dulles. »Die Zahl der Mitarbeiter muss nicht hoch sein« – wenige hundert ordentliche Leute würden schon ausreichen. »Die Arbeit des Dienstes«, so beruhigte er die Kongressmitglieder, »sollte weder allzu spektakulär sein noch sich zu sehr in Geheimnistuerei und Abrakadabra hüllen, wie sie der Amateurdetektiv gern für nötig hält. Zum Erfolg braucht es nichts weiter als fleißiges Arbeiten, scharfes Urteilsvermögen und gesunden Menschenverstand.«
    Er sprach mit keinem Wort aus, was er wirklich vorhatte: die Geheimoperationen des OSS aus der Kriegszeit wiederaufleben zu lassen.
    Der Aufbau eines neuen amerikanischen Geheimdienstes war in unmittelbare Reichweite gerückt. Präsident Truman enthüllte das neue Bauwerk für den Kalten Krieg am 26.Juli 1947 mit seiner Unterschrift unter das Nationale Sicherheitsgesetz (National Security Act). Mit dem Gesetz wurde die Luftwaffe zu einer eigenständigen Streitkraft unter Führung von General Vandenberg, und ein neuer Nationaler Sicherheitsrat (National Security Council oder NSC) sollte als Vermittlungsstelle des Weißen Hauses für Entscheidungen des Präsidenten fungieren. Mit dem Gesetz wurde ferner das Amt des Verteidigungsministers geschaffen; der erste Amtsinhaber, James Forrestal, erhielt den Auftrag, das US-Militär zu vereinheitlichen. (»Dieses Amt«, so schrieb Forrestal wenige Tage später, »wird voraussichtlich der größte Käfig für kaltgestellte Politiker in der Geschichte sein.«)
    Und in sechs kurzen, flüchtig hingeworfenen Absätzen schuf das Gesetz die Central Intelligence Agency (CIA), die am 18.September 1947 das Licht der Welt erblickte.
    Geboren wurde sie mit einigen Behinderungen. Von Beginn an hatte sie erbitterte, hartnäckige Gegner im Pentagon und im State Department, also gerade in jenen Regierungsbehörden, deren Berichte sie koordinieren sollte. Statt über sie Aufsicht zu führen, war die CIA ihr Stiefkind. Ihre Machtbefugnisse waren ungenügend definiert. Noch fast zwei Jahre lang gab es weder eine förmliche Satzung noch vom Kongress bewilligte Geldmittel. In dieser Zeit überlebte die CIA-Zentrale nur dank eines Unterstützungsfonds, den ein paar Kongressmitglieder einrichteten.
    Und immer wieder geriet die von ihr praktizierte Geheimhaltung in Konflikt mit der Offenheit der amerikanischen Demokratie. »Diese Organisation«, schreibt Dean Acheson, wenig später amerikanischer Außenminister, »ließ mich das Schlimmste befürchten, und ich wies den Präsidenten darauf hin, dass – so wie sie angelegt war – weder er noch der Nationale Sicherheitsrat noch sonst irgendwer jemals in der Lage sein würde, zu erfahren, was sie tut, oder sie zu kontrollieren.«
    Im Nationalen Sicherheitsgesetz war nirgendwo die Rede von Geheimoperationen in Übersee. Es erteilte der CIA den Auftrag, Informationen abzugleichen, auszuwerten und weiterzugeben – sowie »andere Funktionen und Aufgaben im Zusammenhang mit Erkenntnissen, die die nationale Sicherheit betreffen«, zu übernehmen. In diesen wenigen Wörtern schlummerten die Machtbefugnisse, die General Magruder zwei Jahre zuvor in seinem Endspurt zum Präsidenten gerettet hatte. Schon bald wurden hunderte große Geheimaktionen – 81 bereits in Trumans zweiter Amtsperiode –

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