CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)
Dollar veranschlagte. Angleton, der zum Teil in Italien aufgewachsen war, hatte dort für das OSS gearbeitet und war dann im Land geblieben; der Zentrale teilte er mit, er habe sich so weit in den italienischen Geheimdienst vorgearbeitet, dass er ihn praktisch in der Hand halte. Er könnte dessen Mitglieder als »Eimerkette« organisieren, um das Geld zu verteilen. Aber woher sollte es kommen? Noch immer hatte die CIA keinen eigenen Etat und keinen Rücklagenfonds für verdeckte Operationen.
James Forrestal und sein Busenfreund Allen Dulles wandten sich an ihre Freunde und Kollegen von der Wall Street und aus Washington – Geschäftsleute, Bankleute und Politiker –, aber es wollte nicht reichen. Daraufhin besuchte Forrestal seinen alten Gefährten John W. Snyder, Finanzminister und einer der engsten Verbündeten des Präsidenten Truman. Er überredete Snyder, den Währungsstabilitätsfonds anzuzapfen; diesen hatte man in der Weltwirtschaftskrise geschaffen, um mit kurzfristigen Devisengeschäften den Überseekurs des Dollar zu stützen; während des Zweiten Weltkrieges wurde er in ein Depot für die von den Achsenmächten erbeuteten Gelder umgewandelt. Im Fonds befanden sich 200 Millionen Dollar, die für den Wiederaufbau Europas bestimmt waren. Von dort flossen nun Millionen Dollar auf die Bankkonten reicher amerikanischer Staatsbürger, viele von ihnen Italo-Amerikaner, die die überwiesenen Summen ihrerseits an neue, von der CIA gegründete Tarnorganisationen weiterleiteten. Diese Spender wurden aufgefordert, auf ihrer Einkommensteuererklärung neben der »Spende zu wohltätigen Zwecken« einen Code einzutragen. Millionen wurden an italienische Politiker und an die »Katholische Aktion«, einen politischen Arm des Vatikans, verteilt. Koffer voller Bargeld wechselten im Viersternehotel Hassler den Besitzer. »Wir hätten es gern etwas raffinierter eingefädelt«, so Wyatt, »mit Schmiergeld politische Wahlen beeinflussen, das hat nicht gerade Stil.« Aber es funktionierte: Italiens Christdemokraten gewannen die Wahlen mit ausreichendem Vorsprung und bildeten eine Regierung ohne die Kommunisten. Das war der Beginn einer längeren Romanze zwischen christdemokratischer Partei und CIA. Deren Praxis, in Italien – und in vielen anderen Ländern – mit großen Geldsummen Wahlen und Politiker zu kaufen, setzte sich noch 25 Jahre lang fort.
Indes konnten in den Wochen vor dieser Wahl die Sowjets einen neuen Sieg erringen. Sie besetzten die Tschechoslowakei, und es folgten brutale Verhaftungen und Hinrichtungen, die fast fünf Jahre lang anhielten. Der Leiter des Prager CIA-Büros, Charles Katek, konnte mit äußerster Mühe etwa 30 Tschechen – seine Agenten und deren Familien – über die Grenze nach München schleusen. Der Wichtigste unter ihnen war der Chef des tschechischen Nachrichtendienstes. Katek sorgte dafür, dass er, eingeklemmt zwischen Kühler und Kühlergrill eines Cabriolets, außer Landes geschmuggelt wurde.
Am 5.März 1948, zur selben Zeit, als die Krise in der Tschechoslowakei sich zuspitzte, erhielt das Pentagon ein alarmierendes Telegramm von General Lucius D. Clay, damals Kommandant der amerikanischen Besatzungstruppen in Berlin. Darin schrieb er, ein dumpfes Gefühl sage ihm, dass es jeden Augenblick zu einem sowjetischen Angriff kommen könne. Das Pentagon ließ den Inhalt des Telegramms nach außen durchsickern, und Washington versank in Angst und Schrecken. Die CIA-Operationsbasis Berlin schickte zwar einen Bericht an den Präsidenten, in dem es beschwichtigend hieß, es gebe keinerlei Anzeichen für einen bevorstehenden Angriff, aber niemand hörte darauf. Am folgenden Tag sprach Truman auf einer gemeinsamen Sitzung beider Kongresshäuser und wies warnend darauf hin, dass die Sowjetunion und ihre Agenten mit politischem Umsturz drohten. Er verlangte – und erhielt – die umgehende Zustimmung zu einem Großprojekt, das unter dem Namen Marshall-Plan bekannt wurde.
Dieser Plan sah vor, der freien Welt Milliarden von Dollars zur Beseitigung der Kriegsschäden und zum Aufbau eines wirtschaftlichen und politischen US-Bollwerks gegen die Sowjets anzubieten. In 19 Hauptstädten – 16 in Europa und drei in Asien – sollten die Vereinigten Staaten beim Wiederaufbau der Gesellschaft, freilich nach amerikanischem Muster, helfen. Zu den Haupturhebern des Plans gehörten George Kennan und James Forrestal. Allen Dulles wirkte als Berater mit.
Gemeinsam mit anderen entwarfen sie auch eine
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