CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)
die sich bemühten, die Verfassungstreue der chilenischen Streitkräfte zu untergraben. Und Präsident Allende beging einen fatalen Fehler. In Reaktion auf den Druck, unter den ihn die CIA setzte, schuf er eine inoffizielle Truppe, die sich Grupo de Amigos del Presidente , Freundeskreis des Präsidenten, nannte. Fidel Castro unterstützte diese Truppe. Die chilenischen Streitkräfte konnten das nicht billigen.
Seit der Wahl Allendes waren fast drei Jahre vergangen, da schickte ein junger CIA-Beamter namens Jack Devine, der viele Jahre später amtierender Chef des Geheimdienstes wurde, aus Santiago eine Meldung, die direkt an Kissinger geleitet wurde, den Richard Nixon gerade zum Außenminister ernannt hatte. In dem Telegramm stand, die Vereinigten Staaten würden binnen weniger Stunden ein Hilfsersuchen von »einem tonangebenden Offizier der Gruppe chilenischer Militärs« erhalten, »die den Sturz Präsident Allendes planen«.
Der Putsch fand am 11.September statt. Er ging rasch und blutig über die Bühne. Als er im Präsidentenpalast vor seiner Gefangennahme stand, nahm sich Allende mit einem Selbstladegewehr, einem Geschenk Fidel Castros, das Leben. Die Militärdiktatur General Augusto Pinochets ergriff noch am Nachmittag des gleichen Tages die Macht, und die CIA schmiedete rasch ein Bündnis mit der Junta des Generals. Pinochet führte ein grausames Regiment; er brachte über 3200 Menschen um und inhaftierte und folterte Zehntausende im Zuge der Unterdrückungskampagne, die den Namen Todeskarawane erhielt.
»Ohne Frage«, räumte die CIA nach dem Ende des Kalten Krieges in einer Stellungnahme an den Kongress ein, »waren einige Verbindungsleute der CIA aktiv daran beteiligt, schwere Menschenrechtsverletzungen zu verüben und zu vertuschen«. Besonders zu erwähnen in diesem Zusammenhang ist Oberst Manuel Contreras, der Chef des chilenischen Geheimdienstes unter Pinochet. Er wurde ein bezahlter Agent der CIA und traf zwei Jahre nach dem Putsch mit führenden CIA-Beamten in Virginia zusammen, während die Agency gleichzeitig Berichte ablieferte, die ihn für die Ermordung und Folterung von Tausenden von Menschen in Chile verantwortlich machten. Er tat sich durch einen einzigartigen Terrorakt hervor – die Ermordung Orlando Leteliers, des ehemaligen Botschafters Allendes in den Vereinigten Staaten, und seines amerikanischen Mitarbeiters Ronni Moffitt. Sie kamen 1976 vierzehn Querstraßen vom Weißen Haus entfernt durch eine Autobombe ums Leben. Danach erpresste Contreras die Vereinigten Staaten mit der Drohung, die Welt über seine Beziehung zur CIA zu informieren, und verhinderte, dass er ausgeliefert und vor Gericht gestellt wurde. Niemand in der CIA zweifelte daran, dass Pinochet über diesen terroristischen Mord auf amerikanischem Boden Bescheid gewusst und ihn gebilligt hatte.
Das Pinochet-Regime blieb siebzehn Jahre an der Macht. Nach seinem Sturz wurde Contreras von einem chilenischen Gericht wegen Mordes an Orlando Letelier verurteilt und kam für sieben Jahre ins Gefängnis. Pinochet starb im Dezember 2006 im Alter von einundneunzig Jahren; er stand wegen Mordes und wegen heimlicher Banckonten im Ausland unter Anklage. Zum Zeitpunkt der Abfassung dieses Buches ermitteln Gerichte Chiles, Argentiniens, Spaniens und Frankreichs gegen Henry Kissinger aufgrund von Strafanzeigen von Überlebenden der Todeskarawane. Während seiner Zeit als Außenminister wurde er vom Rechtsberater des Weißen Hauses warnend darauf hingewiesen, dass »jemand, der einen Putsch in Gang setzt, für die natürlichen und wahrscheinlichen Folgen der Aktion verantwortlich gemacht werden kann«.
Die CIA war laut Dave Phillips, dem Leiter der Spezialeinheit Chile, nicht in der Lage, »die Maschinerie der verdeckten Aktion nach Belieben an- und auszuschalten«. »Ich rechnete damit, dass ein Militärputsch zweiwöchige Straßenkämpfe und unter Umständen monatelange Kämpfe und Tausende von Toten draußen im Land zur Folge haben würde«, erklärte er fünf Jahre nach dem anfänglichen Scheitern von Gleis zwei auf einer geheimen Ausschusssitzung des Senats. »Mir war bei Gott klar, dass ich bei einer Sache mitmachte, die einen Menschen das Leben kosten konnte.«
»Worin besteht für Sie der Unterschied zwischen dem Tod eines einzelnen Menschen und der Ermordung Tausender von Menschen im Zuge eines Putsches?«, wollte der Fragesteller wissen.
»Sir«, erwiderte er, »welchen Unterschied soll jemand noch machen, der im Weltkrieg als
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