CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)
Obristen hegten einen tiefen Hass gegen den Führer der Zyprioten, Erzbischof Makarios, und hätten ihn liebend gern gestürzt. Der amerikanische stellvertretende Missionschef in Zypern, William Crawford, hatte von ihren Komplotten Wind bekommen.
»Ich fuhr nach Athen mit, wie ich meinte, eindeutigen Beweisen dafür, dass sie im Begriff standen, das ganze Kartenhaus zusammenstürzen zu lassen«, erinnerte er sich. »Vom Chef unseres CIA-Büros in Athen, Jim Potts, bekam ich zu hören, das sei absolut unmöglich. Er könne mir nicht zustimmen: Diese Leute seien seine Freunde, mit denen er seit dreißig Jahren zusammenarbeite, so etwas Törichtes würden sie niemals tun.«
1974 festigte sich bei Tom Boyatt die Überzeugung, dass die Freunde der CIA in Athen Makarios beseitigen wollten. Er schickte ein Telegramm an Botschafter Tasca in Athen. Gehen Sie zu General Ioannidis und reden Sie mit ihm, stand darin. Sagen Sie ihm – »in schlichten Worten, damit sogar er sie verstehen kann« –, dass »sich die Vereinigten Staaten gegen jeden offenen oder heimlichen Versuch irgendwelcher Teile der griechischen Regierung, in Zypern mitzumischen, entschieden verwahren«. Sagen Sie ihm, dass »wir uns besonders entschieden jedem Versuch widersetzen, Makarios zu stürzen und eine athenfreundliche Regierung einzusetzen. Wenn das nämlich passiert, werden die Türken einmarschieren, und das nutzt keinem von uns.«
Botschafter Tasca hatte freilich noch nie in seinem Leben mit General Ioannidis gesprochen. Das war das Privileg des Bürochefs der CIA.
Am 12.Juli 1974 erhielt das Außenministerium ein Telegramm vom CIA-Büro in Athen. Keine Sorge!, stand da zu lesen. Der General und die Junta unternähmen nichts, um Erzbischof Makarios zu stürzen. »Wir hatten es also aus berufenem Munde«, erinnerte sich Boyatt. »Ich ging nach Hause, und ungefähr um drei Uhr morgens am Montag bekam ich einen Anruf von der Empfangsstelle des Außenministeriums, und der Anrufer sagte: ›Sie müssen sofort herkommen.‹«
Die Junta hatte angegriffen. Boyatt raste ins Außenministerium, wo ihm ein Fernmeldebeamter zwei Blatt Papier vorlegte. Auf dem einen stand die nachrichtendienstliche Information der CIA für Präsident Nixon und Außenminister Kissinger: »General Ioannidis hat uns versichert, dass Griechenland keine Truppen nach Zypern schicken wird.« Das andere war ein Telegramm aus der amerikanischen Botschaft in Zypern: »Der Präsidentenpalast in Flammen. Die zypriotische Streitmacht stark geschwächt.«
Aus Ankara traf ein Eiltelegramm ein, das von der Mobilmachung türkischer Truppen berichtete. Zwei Streitkräfte der NATO, die griechische und die türkische, beide von den Vereinigten Staaten ausgebildet und bewaffnet, standen im Begriff, mit amerikanischen Waffen gegeneinander Krieg zu führen. Die Türken landeten im Nordteil Zyperns und spalteten mit amerikanischen Panzern und Geschützen die Insel in zwei Teile. Im türkischen Teil der Insel kam es zu einem großen Gemetzel unter den Griechen, und im griechischen Teil wurden türkische Zyprioten in Massen abgeschlachtet. Den ganzen Juli über berichtete die CIA, die griechische Armee und das griechische Volk stünden geschlossen hinter General Ioannidis. Nach der Schlacht um Zypern stürzte die griechische Junta.
Dass die CIA nicht im Stande gewesen war, Washington von dem bevorstehenden Krieg in Kenntnis zu setzen, stellt ein einzigartiges Versagen dar. Die CIA hatte in ihrer Geschichte schon häufig versagt, angefangen mit dem Koreakrieg. Allein im Jahr 1974 ließ sie sich von einem Militärputsch in Portugal und einem Atomversuch in Indien vollständig überraschen. Aber das hier war etwas anderes: Die CIA kungelte mit den Militärs, von deren Absichten sie Washington hätte informieren sollen.
»Und nun schauen Sie uns an«, erklärte Boyatt Jahre später, »uns mitsamt dem riesigen Nachrichtenapparat der Vereinigten Staaten in seiner ganzen Herrlichkeit, wie wir uns von einem griechischen Generalsarsch vorführen lassen.«
»Der schreckliche Preis«
Am 8.August 1974 trat Nixon zurück. Sein Todesstoß war das Eingeständnis, dass er die CIA angewiesen hatte, unter Berufung auf die nationale Sicherheit die gerichtlichen Ermittlungen zu behindern.
Am folgenden Tag erhielt Außenminister Kissinger eine außergewöhnliche Nachricht von Tom Boyatt. Darin stand, die CIA habe bezüglich ihrer Aktivitäten in Athen gelogen und bewusst die amerikanische Regierung in die Irre
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