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CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)

CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)

Titel: CIA: Die ganze Geschichte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Weiner
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Repräsentantenhaus sich um Fehlschläge bei Spionage und Analyse kümmerte. In den Straßen Washingtons tauchten handgefertigte Plakate auf, auf denen Bill Colby mit Totenschädel und Pik-As-Karte zu sehen war. Die leitenden Beamten der CIA fürchteten um ihre persönliche und berufliche Zukunft. Das Weiße Haus fürchtete um seine politische Existenz. Im Oval Office trafen sich am 13.Oktober 1975 der Präsident und seine Leute, um den Schaden abzuschätzen.
    »Jedes amtliche Dokument, das eine amerikanische Verwicklung in einen politischen Mord belegt, ist eine außenpolitische Katastrophe«, erklärte Colby dem Präsidenten. »Sie wollen auch neuralgische verdeckte Operationen untersuchen« – wie etwa Laos. Sollte das Weiße Haus vor Gericht ziehen, um den Kongress daran zu hindern? »Mit einer politischen Konfrontation sind wir besser dran als mit einer gerichtlichen«, meinte Don Rumsfeld. Um für diesen Kampf gerüstet zu sein, bildete der Präsident Ende Oktober 1975 sein Kabinett um.
    Die Kabinettsumbildung erhielt sofort den Spitznamen Halloween-Massaker. Jim Schlesinger wurde geschasst, und Don Rumsfeld übernahm das Verteidigungsministerium. Als Stabschef im Weißen Haus rückte Dick Cheney für ihn nach. Und in einer für ihn untypischen machiavellistischen Anwandlung stellte Ford einen potenziell gefährlichen Herausforderer bei der 1976 anstehenden Nominierung des Kandidaten für die nächste Präsidentschaftswahl kalt, indem er Bill Colby entließ und George Herbert Walker Bush zum neuen Direktor des Zentralen Nachrichtendienstes ernannte. Auf den ersten Blick wirkte das wie eine abwegige Entscheidung.
    Bush war weder General noch Admiral, noch Spion. Vom Nachrichtendienst hatte er so gut wie keine Ahnung. Er war schlicht und einfach Politiker. Sohn von Prescott Bush, einem patrizischen Senator aus Connecticut, den eine enge Freundschaft mit Allen Dulles verbunden hatte, war George Bush nach Texas gegangen, um dort sein Glück im Ölgeschäft zu machen. Er saß zwei Sitzungsperioden lang im Repräsentantenhaus. Zweimal bewarb er sich um einen Sitz im Senat und scheiterte. Zweiundzwanzig Monate lang hatte er als Botschafter bei den Vereinten Nationen gedient, und während der Watergate-Affäre hielt er als unverwüstlich optimistischer Vorsitzender des Republikanischen Parteikomitees Nixon die Stange. Im August 1974 war Ford drauf und dran, ihn zum Vizepräsidenten zu machen. Dass er den Posten nicht bekam, versetzte ihm den schlimmsten Schlag in seiner politischen Karriere. Zum Trost durfte er zwischen prestigeträchtigen Botschafterposten wählen und entschied sich für China. Von Peking aus konnte Bush den Existenzkampf der CIA nur undeutlich verfolgen; er war dabei angewiesen auf Rundfunkberichte der »Voice of America« und auf Zeitungsausschnitte, die bereits Wochen alt waren, wenn sie ihn erreichten.
    Sein politischer Instinkt freilich sagte ihm, was er von dem Posten zu erwarten hatte. »Bush in der CIA begraben?«, fragte er sich. »Die Politik kann ich beerdigen.« An Ford schrieb er: »Ich betrachte dies als das absolute Ende jeder Art von politischer Zukunft.« Die Aussicht bedrückte ihn. Sein Gefühl für Anstand aber zwang ihn, zuzusagen.
    Nach seinem Amtsantritt Ende Januar 1976 brauchte Bush nur wenige Wochen, um herauszufinden, dass ihm die CIA gefiel – die Geheimniskrämerei, das Spießgesellentum, das technische Brimborium, die internationalen Verschwörungen. Die CIA war ein Totenschädel mit einem Budget von einer Milliarde Dollar. »Das ist die interessanteste Arbeit, die ich je gemacht habe«, schrieb er im März an einen Freund. In weniger als elf Monaten an der Spitze der Organisation baute er die Moral in der Zentrale wieder auf, verteidigte die CIA gegen alle Kritiker und benutzte die Agency geschickt, um sich eine Basis für seine hochfliegenden Ambitionen zu schaffen.
    Darüber hinaus schaffte er wenig. Von Anfang an stieß Bush frontal mit Verteidigungsminister Rumsfeld zusammen, der über achtzig Prozent des nachrichtendienstlichen Haushalts kontrollierte. Das Geld gehört mir, erklärte Rumsfeld; Spionagesatelliten, elektronische Überwachung und militärische Aufklärung – das alles sei kriegswichtige Unterstützung für amerikanische Soldaten. Obwohl sich das amerikanische Militär voll auf dem Rückzug befand, hielt Rumsfeld Bush eisern unter Kuratel. Er zeigte nicht die geringste Neigung, den Direktor des Zentralen Nachrichtendienstes bei der Planung der

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