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CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)

CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)

Titel: CIA: Die ganze Geschichte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Weiner
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unwiderstehliche politische Macht erweisen könne, war absurd. Kaum jemand in der CIA konnte sich vorstellen, dass ein alter Geistlicher imstande sein würde, die Macht zu ergreifen und den Iran zur Islamischen Republik zu erklären. »Wir begriffen nicht, wer Chomeini war und wie viel Rückhalt seine Bewegung hatte«, sagte Turner – und auch nicht, welche Folgen seine aus dem siebten Jahrhundert stammende Sicht von der Welt für die Vereinigten Staaten haben würde.
    »Wir haben schlicht und einfach geschlafen«, erklärte er.
    Am 18.März 1979 traf sich Howard Hart, mittlerweile amtierender Bürochef, um zwei Uhr nachts mit einem hochrangigen Offizier des SAVAK, der brutalen Geheimpolizei des Schahs, der dem Büro treu als Agent und Informant gedient hatte. Nachdem er den Offizier mit Geld und falschen Dokumenten für dessen Flucht aus Teheran versorgt hatte, geriet er selbst in eine Absperrung der Revolutionären Garden Chomeinis. Sie prügelten brutal auf ihn ein und brüllten »CIA! CIA!« Auf dem Rücken liegend, zog Hart seine Pistole und tötete die beiden Angreifer mit zwei Schüssen. Viele Jahre später erinnerte er sich noch an das fanatische Glitzern ihrer Augen. Damals sah er dem heiligen Krieg ins Gesicht. »Wir als Nation haben nicht die Spur einer Ahnung, was da eigentlich vorgeht«, meinte er nachdenklich.
    »Es war eine unverzeihliche Kränkung«
    Iraner aller Couleur, von den gebildeten Führungsschichten bis hin zu den wildesten Radikalen, hielten die CIA durchweg für eine allmächtige Instanz mit ungeheurer Macht über ihr Leben. Sie hätten die Wahrheit nie und nimmer geglaubt: Im Sommer 1979 bestand das CIA-Büro aus ganzen vier Mann, und alle vier hatte man gerade erst in den Iran geschickt. Howard Hart war im Juli in die Zentrale zurückgekehrt und ließ einen neuen Bürochef namens Tom Ahern zurück, der die letzten dreizehn Jahre in Japan verbracht hatte, einen erfahrenen Führungsoffizier namens Malcolm Kalp, einen Fernmeldetechniker namens Phil Ward sowie einen 32-jährigen Ex-Marinesoldaten namens William J. Daugherty, der neun Monate zuvor in die CIA eingetreten war. Daugherty hatte im Vietnamkrieg sechsundsiebzig Kampfeinsätze geflogen. Teheran war seine erste CIA-Mission.
    »Ich wusste wenig über den Iran«, erinnerte er sich. »Sogar noch weniger wusste ich über die Iraner. Meine ganze Bekanntschaft mit dem Iran erschöpfte sich, sieht man einmal von den abendlichen Fernsehnachrichten und einem das Operationsgebiet betreffenden dreiwöchigen Einführungskurs im Außenministerium ab, in den Informationen, die ich während fünf Wochen Schreibtischlektüre den Operationsberichten entnommen hatte.«
    Fünf Monate vorher hatte ein Haufen iranischer Marxisten die amerikanische Botschaft gestürmt. Die Anhänger des Ajatollahs hatten einen Gegenangriff gestartet, die Kommunisten vertrieben und die Amerikaner befreit. Niemand konnte sich vorstellen, dass so etwas wieder passierte. »Macht euch keine Sorgen wegen eines neuen Angriffs auf die Botschaft«, hatte der Leiter der für den Iran zuständigen Abteilung in der Zentrale die Teheraner Filiale beruhigt. »Das Einzige, was einen Angriff provozieren könnte, wäre, wenn die Vereinigten Staaten den Schah ins Land ließen – und niemand hier ist töricht genug, das zu tun.«
    Am 21.Oktober 1979 starrte Daugherty auf ein neues Telegramm aus der Zentrale. »Ich konnte nicht glauben, was ich da las«, erinnerte er sich.
    Unter massivem politischem Druck, den Freunde des Schahs – in vorderster Front Henry Kissinger – auf Präsident Carter ausübten, hatte dieser wider besseres Wissen entschieden, den im Exil lebenden Monarchen zwecks medizinischer Behandlung in die Vereinigten Staaten einreisen zu lassen. Der Präsident hatte sich mit der Entscheidung schwergetan, weil er fürchtete, es werde zu Vergeltungsaktionen in Form von Geiselnahmen kommen. »Ich brüllte: ›Zum Kuckuck mit dem Schah! Er kann genauso gut Tennis in Acapulco spielen wie in Kalifornien‹«, erinnerte sich Carter. »Was machen wir, wenn sie sich zwanzig von unseren Marinesoldaten schnappen und jeden Morgen bei Sonnenaufgang einen von ihnen töten? Ziehen wir dann in den Krieg gegen den Iran?«
    Niemand im Weißen Haus kam auf die Idee, die Agency nach ihrer Meinung zu fragen.
    Zwei Wochen später besetzte eine Gruppe iranischer Studenten, allesamt Anhänger des Ajatollahs, die amerikanische Botschaft. Den Rest der Regierungszeit Carters hindurch, 444 Tage und

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