CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)
Rolle, die Oliver North bei den heimlichen Bemühungen um die Fortsetzung des Krieges gegen die Sandinisten spielte, ein offenes Geheimnis. Jetzt, im Winter, verfassten die Journalisten ausführliche Berichte über North’ Aktivitäten in Mittelamerika. Keine Seele, abgesehen von einem ganz kleinen Kreis in der CIA und im Weißen Haus, hatte freilich eine Ahnung davon, was er im Iran machte.
Die finanzielle Seite des »Waffen-gegen-Geiseln«-Handels hatte North ausgetüftelt. Das Pentagon lieferte Tausende von TOW-Raketen an die CIA. Die Agency bekam sie zum Schnäppchenpreis von 3469 Dollar pro Rakete – ein entscheidender Punkt, der nur wenigen bekannt war. Offiziell bezahlte Secord im Namen der CIA 10 000 Dollar pro Stück, womit er einen Bruttogewinn von 6531 Dollar machte. Nach Abzug eines von ihm eingesackten erklecklichen Anteils ließ er das Übrige, die Nettosumme, den Contras in Mittelamerika zukommen. Ghorbanifor beglich den Preis in Höhe von 10 000 Dollar und hielt sich selber schadlos, indem er die Raketen mit einem Aufpreis den Iranern verkaufte. Je nachdem, wie viele Waffen die Vereinigten Staaten Teheran verkaufen konnten, durften die Contras mit Millionen Dollars rechnen.
Ende Januar wies Verteidigungsminister Weinberger seinen Chefadjutanten, den späteren Außenminister Colin Powell, an, eintausend TOW-Raketen aus einem Waffenlager des Pentagons in die Hände der CIA zu überstellen. Die Raketen gelangten via Richard Secord und Manucher Ghorbanifar im Februar in den Iran. Der iranische Vermittler setzte den Preis großzügig herauf, ehe die Raketen nach Teheran gelangten. Als das Geld eintraf, zahlte die CIA dem Pentagon seinen Anteil auf die bei Geldwäschern in aller Welt beliebte Weise. Die Schecks wurden auf jeweils 999 999,99 Dollar oder weniger ausgestellt. Überweisungen der CIA, die sich auf über eine Million Dollar oder mehr beliefen, mussten laut Gesetz routinemäßig dem Kongress angezeigt werden. Secord erhielt von Ghorbanifar 10 Millionen Dollar für die eintausend Raketen. Der größte Teil dieses Geldes war für die Contras vorgesehen.
In einem Memorandum vom 4.April 1986 vermittelte Lieutenant Colonel North dem neuen Berater des Präsidenten in Fragen der nationalen Sicherheit, Admiral Poindexter, ein Bild von der gesamten Aktion. Wenn alle Unkosten beglichen seien, so berichtete er, »stehen 12 Millionen Dollar zur Verfügung, um dringend benötigten Nachschub für die Streitkräfte des Nicaraguanischen Demokratischen Widerstands zu kaufen«. Dazu lautete North’ berühmt gewordener Kommentar: »Es war eine prima Idee.«
Nur etwas ging in dieser raffinierten Rechnung nicht auf: die Geiseln. Im Juli 1986 wurden vier Geiseln festgehalten. Sechs Monate später waren es zwölf. Die Bereitschaft der Amerikaner, den Iranern Waffen zu liefern, verstärkte nur den Appetit nach Geiseln.
»Die Rechtfertigung, die North, unterstützt von seinen Helfern in der CIA, vorbrachte, bestand in der Behauptung, die Kidnapper im Libanon seien eine andere Gruppe als jene, die geschmiert wurden«, erklärte der amerikanische Botschafter im Libanon, John H. Kelly. » ›Unsere Schiiten sind zuverlässig. Die Entführungen gehen aufs Konto einer anderen Gruppe.‹ Absoluter Quatsch!«
Casey und einige der ihm ergebenen Analysten ließen sich das Argument einfallen, mit den Waffengeschäften signalisiere man die amerikanische Unterstützung für die Gemäßigten in der iranischen Regierung. Das sei ein betrübliches Beispiel dafür, wie »verkommen« unter der Regierung Reagan die CIA gewesen sei, meinte Philip C. Wilcox jr., der Ende der achtziger Jahre führender Nachrichtendienstler im Außenministerium und Hauptverbindungsmann zur CIA war. Gemäßigte habe es in der iranischen Regierung gar nicht mehr gegeben. Sie seien von den Leuten, in deren Hände die Waffen gelangten, allesamt umgebracht oder ins Gefängnis geworfen worden.
»Ich hoffe, es sickert nichts durch«
Die Gelder aus den Waffenverkäufen und die Millionen, die Casey aus den Saudis rausgeholt hatte, brachten die CIA in Mittelamerika wieder ins Geschäft.
Die Agency errichtete außerhalb von San Salvador einen Luftlandestützpunkt und ein Netz aus konspirativen Wohnungen für die Waffenlieferungen. Der Stützpunkt wurde von zwei altgedienten kubanischen Anti-Castro-Kämpfern geleitet, die auf der Gehaltsliste der CIA standen. Der eine war Felix Rodriguez, der Mann, der mitgeholfen hatte, Che Guevara zu fangen. Der andere
Weitere Kostenlose Bücher