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CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)

CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)

Titel: CIA: Die ganze Geschichte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Weiner
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verschlossenen Türen vor den beiden Kongressausschüssen für die Nachrichtendienste aus. Das Ganze war ein buntes Gemisch aus ausweichenden Antworten und Desinformation, bis auf ein niet- und nagelfest gemachtes Faktum. Ein Senator wollte wissen, ob die CIA sowohl dem Iran als auch dem Irak Hilfe geleistet habe, während die beiden Länder dabei waren, sich gegenseitig abzuschlachten. Jawohl, antwortete Casey, wir haben dem Irak drei Jahre lang Hilfe geleistet.
    Während des Wochenendes tauchte das Memorandum auf, das North Poindexter hatte zukommen lassen und in dem es darum ging, bei den Waffenverkäufen an den Iran Millionen abzusahnen, um das Geld den Contras zuzuschanzen. Beide Männer hatten seit Wochen fieberhaft Dokumente durch den Reißwolf gejagt und vernichtet, aber dieses eine war North irgendwie durch die Finger geschlüpft.
    Am Montag, dem 24.November, diktierte Vizepräsident Bush eine Notiz in sein Tagebuch: »Eine richtige Bombe. (…) North hatte das Geld genommen und auf einem Schweizer Bankkonto deponiert (…) damit es die Contras nutzen konnten. (…) Das gibt einen riesigen Krach.« Es war der größte politische Skandal in Washington seit den Zeiten Richard Nixons.
    Vier Tage später berief Casey eine Konferenz führender Nachrichtendienstler aus der CIA, dem Außenministerium und dem Verteidigungsministerium ein. »Sehr froh darüber, dass unsere Gemeinschaft sechs Jahre lang effektiver zusammengearbeitet hat als die meisten anderen staatlichen Einrichtungen, und das ohne nennenswerte Pannen«, heißt es in seinen Redenotizen. »Kein Skandal und eine erkleckliche Reihe ordentlicher Erfolge.«
    »Das Schweigen schien kein Ende zu nehmen«
    Seit Watergate war es nicht das Verbrechen, sondern seine Vertuschung, die den Mächtigen in Washington das Genick brach. Casey befand sich nicht in der Verfassung für große Vertuschungsmanöver. Er tapste und stolperte durch eine Woche wirrer Aussagen auf dem Kapitol Hill und ruckelte auf seinem Stuhl herum, während er vergeblich versuchte, Sätze aneinanderzureihen. Er konnte kaum den Kopf oben halten. Seine Mitarbeiter waren entsetzt. Aber sie trieben ihn immer wieder an.
    »Bill Casey hatte für vieles geradezustehen«, meinte Jim McCullough, sein Bürochef, der schon vierunddreißig Jahre der CIA angehörte. »Ich bezweifle, dass die Operation ohne seine Einwilligung und Unterstützung je in Gang gekommen wäre – geschweige denn, dass sie über ein Jahr lang hätte fortgeführt werden können.«
    Am Abend des 11.Dezember – es war ein Donnerstag – nahm Casey in Philadelphia an einem Festessen zu Ehren des ermordeten CIA-Beamten Bob Ames teil. Am Freitag um sechs Uhr morgens kehrte er zu einem Interview mit einem Journalisten der Zeitschrift Time namens Bruce van Voorst in die Zentrale zurück. Die Agency hatte sich schon oft in kritischen Augenblicken an die Time gewandt, um ihr öffentliches Image aufzupolieren. Van Voorst war ein zuverlässiger Mann. Er hatte sieben Jahre lang für die CIA gearbeitet.
    Die Agency legte die Verfahrensregeln fest: dreißig Minuten für die Iran-Contra-Affäre, dreißig Minuten für die Darstellungen der vielen Leistungen, die die CIA unter Caseys Leitung erbracht hatte. McCullough hatte schon viele Male zugehört, wenn Casey die frohe Botschaft verkündete. Er war sich sicher, dass der Direktor seine Sprüchlein selbst noch im Zustand äußerster Erschöpfung aufsagen konnte. Die erste halbe Stunde erwies sich als eine Tortur, aber als das vorbei war, kam prompt die Schmusefrage aufs Tapet: »Mr.Casey, könnten Sie ein bisschen was über die Leistungen der Agency unter Ihrer Führung sagen?« »Wir alle seufzten erleichtert auf und entspannten uns«, erinnerte sich McCullough. »Casey aber starrte van Voorst an, als könne er es nicht glauben oder verstehe die Frage nicht. Er schwieg. Das Schweigen schien kein Ende zu nehmen.«
    Am Montag, dem 15.Dezember, hatte Casey morgens einen Anfall in seinem Büro im siebten Stock. Er wurde bereits auf einer Trage hinausgeschafft, noch ehe jemand recht begriffen hatte, was vorging. Im Krankenhaus der Georgetown University stellten seine Ärzte ein bis dahin unerkanntes Lymphom im Zentralnervensystem fest – ein bösartiges Spinnennetz, das sich in seinem Gehirn ausbreitete und verantwortlich dafür war, dass Casey in den zwölf oder achtzehn Monaten vor der Diagnose häufig ein unerklärlich merkwürdiges Verhalten an den Tag gelegt hatte.
    Casey kehrte nicht mehr in

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