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CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)

CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)

Titel: CIA: Die ganze Geschichte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Weiner
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Wenige Stunden später ergoss sich ein Strom von 140 000 irakischen Soldaten über die Grenze und besetzte Kuwait.
    Bob Gates, der Berater in nachrichtendienstlichen Fragen, dem der Präsident am meisten vertraute, nahm mit seiner Familie an einem Picknick außerhalb von Washington teil. Eine Freundin seiner Frau trat zu ihm und fragte ihn, wieso er da sei. Wie er das verstehen solle, wollte Gates wissen. Die Invasion, sagte sie. Welche Invasion?, fragte Gates. Kurz, »es gab nicht viele Informationen über die Vorgänge innerhalb des Irak«, wie Außenminister James Baker notierte.
    Laut Chas W. Freeman jr., dem amerikanischen Botschafter in Saudi-Arabien, folgte die CIA während der nächsten zwei Monate in ihrem Verhalten »einem leider ganz typischen Schema«. Sie fiel ins andere Extrem. Am 5.August berichtete sie, Saddam werde Saudi-Arabien angreifen. Was nie geschah. Sie versicherte dem Präsidenten, der Irak besitze keine chemischen Gefechtsköpfe für seine Kurz- und Mittelstreckenraketen. Danach versicherte sie mit zunehmender Entschiedenheit, der Irak verfüge über chemische Gefechtsköpfe – und Saddam werde sie im Zweifelsfall auch einsetzen. Handfeste Beweise für diese warnenden Prognosen gab es keine. Während des Golfkrieges bestand nie ernstlich die Gefahr eines Einsatzes chemischer Waffen durch Saddam. Allerdings war die Angst groß, als irakische Scud-Raketen in Riad und Tel Aviv einzuschlagen begannen.
    In den Wochen, bevor am 17.Januar 1991 der siebenwöchige Luftkrieg gegen den Irak begann, forderte das Pentagon die CIA auf, Bombenziele auszusuchen. Neben vielen anderen Lokalitäten wählte die Agency auch einen unterirdischen Militärbunker in Bagdad aus. Am 13.Februar zerbombte die Luftwaffe den Bunker, der indes als Luftschutzraum für Zivilisten diente. Hunderte von Frauen und Kindern kamen ums Leben. Danach wurde die CIA bei der Auswahl der Ziele nicht mehr zu Rate gezogen.
    Dann brach ein hässlicher Streit zwischen der CIA und dem amerikanischen Befehlshaber der Operation »Desert Storm«, General Norman Schwarzkopf, aus. Gestritten wurde um die Beurteilung der Kriegsschäden – um die täglichen Berichte über die militärischen und politischen Auswirkungen des Bombardements. Dem Pentagon war nichts wichtiger, als dem Weißen Haus die Sicherheit zu geben, dass genug irakische Raketenabschussbasen zerstört worden waren, um Israel und Saudi-Arabien Schutz zu bieten, und genug irakische Panzer und Panzerwagen, um die amerikanischen Bodentruppen zu schützen. Der General versicherte dem Präsidenten und der Öffentlichkeit, diese Aufgabe sei erfüllt. Die Analysten der CIA erklärten dem Präsidenten, der General übertreibe den Schaden, der den irakischen Streitkräften zugefügt worden sei – und sie hatten recht. Aber indem die CIA Schwarzkopf herausforderte, grub sie sich ihr eigenes Grab. Die Agency wurde von der Beurteilung der Kriegsschäden ausgeschlossen. Das Pentagon nahm ihr die Aufgabe weg, die Fotos der Spionagesatelliten zu interpretieren. Der Kongress zwang die CIA, sich im Verhältnis zum amerikanischen Militär mit einer untergeordneten Stellung abzufinden. Nach dem Krieg wurde sie gezwungen, ein neues Amt für militärische Angelegenheiten zu schaffen, das die ausschließliche Aufgabe hatte, dem Pentagon zur Hand zu gehen. Das folgende Jahrzehnt verbrachte die CIA damit, tausende Fragen von Militärs zu beantworten: Wie breit ist die und die Straße? Wie tragfähig ist die und die Brücke? Was ist auf der anderen Seite des Berges? Fünfundvierzig Jahre lang hatte die CIA Politikern, nicht Militärs, Rede und Antwort gestanden. Sie hatte ihre Unabhängigkeit von der militärischen Befehlskette eingebüßt.
    Als der Krieg endete, war Saddam immer noch an der Macht, die CIA hingegen geschwächt. Den Behauptungen irakischer Exilanten Glauben schenkend, berichtete die CIA, ein Volksaufstand gegen den Diktator sei denkbar. Präsident Bush appellierte an das irakische Volk, sich zu erheben und Saddam zu stürzen. Die Schiiten im Süden und die Kurden im Norden nahmen Bush beim Wort. Die Agency nutzte alle ihr verfügbaren Mittel – hauptsächlich Propaganda und psychologische Kriegführung – um den Aufstand anzuheizen. Im Laufe der folgenden sieben Wochen schlug Saddam die Aufstände der Schiiten und Kurden erbarmungslos nieder; Tausende wurden ermordet und weitere Tausende flohen ins Exil. Die CIA begann, mit den Exilierten in London, Amman und Washington

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