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CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)

CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)

Titel: CIA: Die ganze Geschichte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Weiner
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nicht beseitigen. Bush traf sich anschließend mit Clinton zu einem zweistündigen Gespräch unter vier Augen zum Thema nationale Sicherheit.
    Clinton erinnert sich, zu Bush gesagt zu haben: »Bin Laden ist für Sie die größte Gefahr.« Bush schwor, er habe diesen Satz nie gehört.

48  »Die dunkle Seite«
    »Der amerikanische Nachrichtendienst steckt in Schwierigkeiten«, warnte James Monnier Simon jr., der stellvertretende Verwaltungsdirektor der CIA, kurz nachdem George W. Bush im Januar 2001 Präsident geworden war. »Als zentrales Organ hat die CIA an Bedeutung verloren«, sagte er. Sie sei nicht mehr in der Lage, Informationen zu sammeln und auszuwerten, die zum Schutz der Nation gebraucht würden.
    »Die Vereinigten Staaten sind im Jahr 2001 mit einer wachsenden, nahezu schwindelerregenden Disparität zwischen ihren verminderten Kräften und den sich rasant entwickelnden Erfordernissen in Sachen nationale Sicherheit konfrontiert«, sagte Simon. »Die Kluft zwischen dem, woraufhin wir planen, und dem, was die Vereinigten Staaten aller Wahrscheinlichkeit nach erwartet, war noch nie so groß.« Es werde der Zeitpunkt kommen, an dem der Präsident und der Kongress erklären müssten, »wieso eine vorhersehbare Katastrophe unvorhergesehen eintreten konnte«.
    Der amerikanische Nachrichtendienst war fast so zerrissen und zerstreut wie damals im Jahr 1941. Achtzehn Direktoren des Zentralen Nachrichtendienstes in Folge hatten bei ihrer Aufgabe, die Dienste zusammenzuführen, versagt. Nun begann der Nachrichtendienst als Einrichtung der amerikanischen Regierung zu versagen.
    Die CIA hatte jetzt siebzehntausend Mitarbeiter, was ungefähr der Stärke einer Armeedivision entsprach, aber die überwiegende Mehrheit bestand aus Schreibtischhockern. Grob geschätzt, arbeiteten eintausend Personen im Auslandsgeheimdienst. Die meisten Beamten lebten in verkehrsarmen Vorortstraßen in komfortablen Wohnungen im Umkreis des Washingtoner Highwaygürtels. Sie waren es nicht gewohnt, verunreinigtes Wasser zu trinken und auf Lehmböden zu schlafen. Für ein aufopferungsvolles Leben waren sie nicht die Richtigen.
    Im September 1947 waren zweihundert Offiziere dem Geheimdienst der CIA als Gründungsmitglieder beigetreten. Im Januar 2001 waren vielleicht zweihundert Mitarbeiter fähig und couragiert genug, um auf entbehrungsreichen Posten durchzuhalten. Die volle Anzahl des speziell mit Al Qaida befassten Personals betrug vielleicht das Doppelte. Die meisten von ihnen starrten in der Zentrale auf Computerbildschirme und waren aufgrund ihrer antiquierten Nachrichtentechnologie von dem, was in der Außenwelt vor sich ging, abgeschnitten. Zu erwarten, dass sie die Vereinigten Staaten vor Angriffen schützen würden, war bestenfalls Vertrauensseligkeit.
    »Eine Schwatzbude, die nichts zuwege bringt«
    Tenet war im Weißen Haus wohlgelitten, nachdem er offiziell die CIA-Zentrale nach dem Vater des Präsidenten in »Bush-Zentrum für Informationen« umbenannt hatte, und der neue Oberbefehlshaber mochte Tenets rabaukige Art. Indes erhielt die CIA von Präsident Bush während seiner ersten neun Monate im Amt fast keine Unterstützung. Den Etat des Pentagons stockte er sofort um sieben Prozent auf. Die CIA und der Rest der nachrichtendienstlichen Organisationen erhielten eine Förderung von einem dreihundertstel Prozent. Der Unterschied zeigte sich bei den Treffen, die Donald Rumsfeld im Pentagon einberief und bei denen kein einziger Repräsentant der Nachrichtenorganisationen zugegen war. Rumsfeld und Vizepräsident Dick Cheney – seit der Ära Nixon und Ford Partner in Sachen nationale Sicherheitspolitik – verfügten in der neuen Regierung über eine enorme Macht. Beide hielten die CIA schon lange für wenig tauglich.
    Bush und Tenet trafen sich fast jeden Morgen um acht Uhr im Weißen Haus. Doch nichts von dem, was Tenet bezüglich Bin Ladens sagte, fesselte die Aufmerksamkeit des Präsidenten. Morgen für Morgen berichtete Tenet bei der Lagebesprechung um acht Uhr dem Präsidenten, Cheney und der nationalen Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice von Anzeichen eines geheimen Plans von Al Qaida, Amerika anzugreifen. Aber Bush interessierte sich für anderes – für Raketenabwehr, Mexiko, den Nahen und Mittleren Osten. Er hatte nicht das Gefühl, dass die Sache dringlich war.
    In der Ära Reagans hatten Regierungsberater gewitzelt, man könne nicht herauskriegen, was zwischen dem schwerhörigen Präsidenten und dem nuschelnden Leiter des

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