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CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)

CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)

Titel: CIA: Die ganze Geschichte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Weiner
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bestand aus einem äußerst inhaltsarmen Bericht. Die aktuellste Information, die er enthielt, stammte von 1999. Es handelte sich um ein historisches Dokument, keinen aktuellen Tagesbericht. Der Präsident fuhr wieder in seine Ferien, schnitt Hecken in Crawford und schaltete für fünf Wochen ab.
    Die langen Ferien des Weißen Hauses endeten am Dienstag, dem 4.September, als sich die Kerngruppe von Bushs Sicherheitsmannschaft, der Direktorenausschuss, zu der allerersten Beratung einfand, die je zu der Bedrohung durch Bin Laden und Al Qaida stattfand. Clarke schickte an diesem Morgen eine verzweifelte Botschaft an Condoleezza Rice und beschwor die Sicherheitsberaterin, sich bildlich vorzustellen, wie der nächste Angriff Hunderte von Amerikanern niederstreckt. Die CIA, erklärte er, sei »eine Schwatzbude geworden, die nichts zuwege bringt«; sie baue darauf, dass Bin Laden durch die Regierungen anderer Länder gestoppt werde, und lasse den Vereinigten Staaten nur die Wahl, »auf den großen Angriff zu warten«. Er beschwor sie, die CIA an diesem Tag dazu zu bringen, endlich zu handeln.
    »Wir befinden uns im Krieg«
    Der Nachrichtendienst versagt, weil er personenabhängig ist, abhängig von der Fähigkeit eines Individuums, ein anderes Individuum zu verstehen. Garrett Jones, der während der katastrophalen Expedition in Somalia dort CIA-Bürochef war, sagte es klipp und klar: »Es wird Pannen, Fehler, Durcheinander und Dummheiten geben. Man kann nur hoffen, dass sie nicht tödlich enden.«
    Der 11.September war Ausdruck des katastrophalen Versagens, das Tenet drei Jahre zuvor vorausgesagt hatte. Es handelte sich um ein Versagen des amerikanischen Regierungssystems – des Weißen Hauses, des Nationalen Sicherheitsrates, des FBI, des Luftfahrtministeriums, der Immigrations- und Einbürgerungsämter, der für die Nachrichtendienste zuständigen Ausschüsse im Kongress. Es handelte sich um ein Versagen der Politik und der Diplomatie. Es handelte sich um ein Versagen der Journalisten, die die Regierung unter die Lupe nahmen, um deren Konfusion zu begreifen und sie ihren Lesern zu vermitteln. Aber vor allem handelte es sich um die Unfähigkeit, den Feind klar zu erkennen. Es war das Pearl Harbor, das zu verhindern Anlass für die Schaffung der CIA gewesen war.
    Tenet und sein Antiterrorismuschef Cofer Black befanden sich am 15.September in Camp David und entwarfen den Plan, CIA-Mitarbeiter nach Afghanistan zu schicken, um zusammen mit lokalen Kriegsherren Al Qaida zu bekämpfen. Der Direktor kam am Sonntag spät in die Zentrale zurück und verkündete seiner Mannschaft: »Wir befinden uns im Krieg.«
    Die CIA, erklärte Cheney, sei auf »die dunkle Seite« übergewechselt. Am Montag, dem 17.September, gab Präsident Bush eine vierzehn Seiten lange, streng geheime Direktive heraus, in der er Tenet und die CIA beauftragte, überall auf der Welt Verdächtige zu jagen, zu ergreifen, einzusperren und zu verhören. Die Direktive erhielt keinerlei Einschränkungen bezüglich der Befugnisse des Geheimdienstes. Sie war die Grundlage für ein Netz geheimer Gefängnisse, in denen CIA-Beamte und unter Vertrag genommene Helfer Techniken anwandten, die Folter mit einschlossen. Ein Vertragspartner der CIA wurde dafür verurteilt, einen afghanischen Gefangenen totgeprügelt zu haben. Das entsprach nicht der Rolle eines zivilen Nachrichtendienstes in einer demokratischen Gesellschaft. Aber es war eindeutig das, was das Weiße Haus von der CIA erwartete.
    Die CIA hatte schon in früheren Zeiten geheime Verhörzentren betrieben – schon seit 1950 in Deutschland, Japan und Panama. Sie hatte sich bereits an Folterungen gefangener gegnerischer Soldaten beteiligt – schon seit 1967, anlässlich der Operation Phoenix in Vietnam. Sie hatte unter Verdacht stehende Terroristen und Attentäter bereits früher entführt – der berühmteste Fall war Mir Amal Kansi, der Mörder von zwei CIA-Beamten, der 1997 entführt wurde. Aber Bush gab der Organisation eine weitere und ganz außerordentliche Machtbefugnis, nämlich die, entführte Verdächtige an ausländische Geheimdienste zwecks Verhör und Folter auszuliefern und die Geständnisse, die diese erpressten, zu nutzen. Dazu schrieb ich am 7.Oktober 2001 in der New York Times : »Es ist durchaus möglich, dass sich der amerikanische Nachrichtendienst auf seine Verbindungen mit den weltweit skrupellosesten Geheimdiensten verlassen muss, auf Leute, die vielleicht selbst wie Terroristen aussehen,

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