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CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)

CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)

Titel: CIA: Die ganze Geschichte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Weiner
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dem afghanischen Kriegsherrn Ahmed Schah Massoud in seiner tief im Innern eines Gebirgstals gelegenen Festung nordöstlich von Kabul, die er seit fast zwanzig Jahren, seit den frühen Tagen der sowjetischen Okkupation, hatte halten können. Massoud, ein edler und mutiger Kämpfer, der König von Afghanistan werden wollte, trug seinen früheren Kontaktleuten von der CIA ein großartiges Bündnis an. Er bot ihnen an, Bin Ladens Hochburgen anzugreifen – und mit Hilfe der CIA und amerikanischer Waffen die Taliban, diesen Mob aus Bauern, Mullahs und Dschihad-Kämpfern, der Kabul regierte, zu besiegen. Er könne der CIA helfen, einen Stützpunkt zu errichten, der es ihr erlauben würde, Bin Laden in eigener Regie dingfest zu machen. Cofer Black war Feuer und Flamme. Seine Leute standen schon bereit.
    Aber das Risiko, dass die Sache misslingen könnte, war Tenet zu hoch. Wieder einmal sagte er nein. In Afghanistan ein- und auszugehen, erschien ihm zu riskant. Journalisten und Mitarbeiter ausländischer Hilfsaktionen nahmen dieses Risiko ständig in Kauf. Die CIA in ihrer Zentrale scheute sich davor.
    Massoud lachte, als er das erfuhr. »Ihr Amerikaner spinnt«, sagte er. »Ihr Kerle ändert euch doch nie.«
    Als es auf die Jahrtausendwende zuging, verhaftete der jordanische Nachrichtendienst, den die CIA ins Leben gerufen hatte und schon lange unterstützte, sechzehn Männer, die er der Absicht verdächtigte, über Weihnachten Hotels und touristische Orte in die Luft zu jagen. Die CIA nahm an, dass diese Verschwörung der Auftakt zu einem für das beginnende Jahr geplanten globalen Angriff von Seiten Al Qaidas sei. Tenet fing an zu rotieren und kontaktierte zwanzig Büroleiter des Auslandsnachrichtendienstes in Europa, im Mittleren Osten und in Asien. Er wies sie an, jeden festzunehmen, der mit Bin Laden in Verbindung stand. Er sandte eine dringliche Botschaft an alle im Auslandsdienst tätigen CIA-Mitarbeiter. »Es gibt eine unmittelbare Bedrohung«, schrieb er. »Veranlassen Sie das Erforderliche.«Die Jahrtausendwende ging ohne katastrophale Attacke vorüber.
    Der Präsident wurde von dem geheimen Aktionsplan der CIA gegen Bin Laden im Februar und im März 2000 unterrichtet und meinte, die Vereinigten Staaten könnten doch gewiss Besseres auf die Beine stellen. Tenet und Jim Pavitt, der neue Leiter des Geheimdienstes, erklärten, für die Bewältigung der Aufgabe neue Zuschüsse in Millionenhöhe zu benötigen. Nach Ansicht des Antiterrorismuschefs im Weißen Haus, Richard Clarke, fehlte es der CIA an Entschlossenheit und nicht an Geld; die CIA habe »eine Menge Geld bekommen und viel Zeit gehabt, den Job zu erledigen, und ich wollte nicht noch mehr frisches Geld für nichts verbraten«.
    Wieder einmal war der Zeitpunkt für ein von Präsident Truman eingeführtes Ritual gekommen – nämlich für den nachrichtendienstlichen Lagebericht, auf den der oppositionelle Präsidentschaftskandidat Anspruch hatte. Der geschäftsführende Stellvertretende Direktor des Zentralen Nachrichtendienstes, John McLaughlin, und der stellvertretende Leiter des Antiterrorismuszentrums, Ben Bonk, fuhren im September am Labour Day nach Crawford in Texas, um vier Stunden lang Gouverneur George W. Bush über die Lage zu unterrichten. Bonk fiel die undankbare Aufgabe zu, dem republikanischen Präsidentschaftskandidaten mitzuteilen, dass irgendwann in den kommenden vier Jahren Amerikaner ausländischen Terroristen zum Opfer fallen würden.
    Die ersten Morde ereigneten sich fünf Wochen später. Im Hafen von Aden, einer Stadt im Jemen, standen am 12.Oktober zwei Männer in einem Schnellboot und verbeugten sich im Gebet, während das Boot auf ein amerikanisches Kriegsschiff, die USS Cole , zuraste. Die Explosion tötete siebzehn Menschen, verletzte vierzig weitere und riss ein 250-Millionen-Dollar-Loch in eins der höchstentwickelten Schiffe der amerikanischen Marine.
    Offensichtlich steckte Al Qaida dahinter.
    Die CIA richtete in Crawford ein Zweigbüro ein, um Bush über diesen Angriff und andere Weltereignisse während des langen Kampfs um die Präsidentschaft im Jahr 2000 auf dem Laufenden zu halten. Nachdem das Oberste Bundesgericht im Dezember Bush zum Sieger erklärt hatte, erstattete Tenet dem gewählten Präsidenten persönlich Bericht in Sachen Bin Laden. Bush erinnerte sich, dass er Tenet speziell danach gefragt habe, ob die CIA den Kerl umlegen könne. Tenet antwortete, die Tötung Bin Ladens werde die Bedrohung, die er darstelle,

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