Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)

CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)

Titel: CIA: Die ganze Geschichte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Weiner
Vom Netzwerk:
die Insel schickte und ihre Rückkehr organisierte.
    Neun Jahre später, als Goss im Londoner Büro arbeitete, wurden sein Herz und seine Lunge von einer bakteriellen Infektion befallen, an der er beinahe gestorben wäre. Er ging in den Ruhestand, genas, kaufte eine kleine Zeitung in Florida und benutzte sie 1988 als Sprungbrett für einen Sitz im Kongress. Er besaß ein Vermögen von 14 Millionen Dollar, hatte Gutsbesitz in Virginia, ein Anwesen an der Bucht von Long Island und war als Vorsitzender des Repräsentantenhausausschusses für die Nachrichtendienste der Vizekönig der CIA.
    Bezüglich seiner Leistungen bei der CIA gab er sich bescheiden. »Heutzutage würden sie mich bei der CIA nicht nehmen«, bekannte er 2003. »Ich bin nicht qualifiziert genug.« Damit hatte er recht. Und doch hatte er beschlossen, er und nur er allein müsse der nächste Direktor des Zentralen Nachrichtendienstes sein. Er nahm Tenet in bösartigster Weise aufs Korn. Seine Waffe war der jährliche Bericht des Ausschusses zur Lage der CIA.
    »Wir werden noch fünf Jahre brauchen«
    Erschienen am 21.Juni 2004, drei Wochen bevor Tenet abtrat, warnte der Goss-Bericht davor, der Geheimdienst entwickle sich zu »einer realitätsfernen Bürokratie (…), die nicht den geringsten Erfolg aufzuweisen hat«. Obwohl sich im Jahr zuvor 138 000 Amerikaner bei der CIA beworben hatten, qualifizierten sich nur wenige von ihnen als Spione. Tenet hatte gerade kundgetan: »Wir werden noch weitere fünf Jahre daran arbeiten müssen, bis wir den Geheimdienst bekommen, den unser Land braucht.«
    Goss griff diese traurige Wahrheit auf: »Wir sind jetzt schon seit acht Jahren dabei, den Dienst zu erneuern, und es wird noch mehr als fünf Jahre dauern, bis wir fit sind. Das ist eine Tragödie.«
    Goss nahm dann die Leitung der CIA aufs Korn, der er vorwarf, dass sie Nachrichtenhäppchen von geringem Informationsgehalt liefere, anstatt Aufklärung strategisch und auf lange Sicht hin zu betreiben, was ja ursprünglich Sinn und Zweck des Dienstes gewesen sei. Goss hatte auch in diesem Punkt recht – und beim Nachrichtendienst wussten das alle. »Wir haben schon so lange nicht mehr strategisch gearbeitet, dass die meisten unserer Analysten gar nicht mehr wissen, wie das geht«, erklärte Carl W. Ford jr., der von Mai 2001 bis Oktober 2003 als Unterstaatssekretär im Außenministerium das Referat für Nachrichtenbeschaffung und Recherche leitete und selber aus dem Geheimdienst kam.
    »Solange wir den Nachrichtendienst eher nach der Quantität als nach der Qualität seiner Informationen beurteilen, werden wir auch weiterhin den 40 Milliarden teuren Schrotthaufen produzieren, der uns zu trauriger Berühmtheit verholfen hat«, resümierte er. Er war wütend darüber, dass die CIA in ihrer Fixierung auf das vermeintliche Waffenarsenal Saddam Husseins nichts über die Nuklearprogramme der übrigen Kandidaten auf Bushs Achse des Bösen in Erfahrung gebracht hatte. »Wir wussten vermutlich hundertmal mehr über das atomare Programm des Irak als über das des Iran und tausendmal mehr als über das von Nordkorea«, so Ford. Nordkorea war nach wie vor ein blinder Fleck. Die CIA hatte versucht, erneut ein Spionagenetz im Iran aufzubauen, war aber damit gescheitert. Nun stellte auch der Iran einen weißen Fleck auf der Landkarte dar. Tatsächlich wusste die CIA weniger über dessen Nuklearprogramme als fünf oder zehn Jahre zuvor.
    Die CIA lag in Trümmern. »Sie ist zusammengebrochen. Man mag kaum glauben, wie vollständig sie zusammengebrochen ist«, erklärte Ford. Der Goss-Bericht präzisierte das: »Es gibt eine kontraproduktive Tendenz, die Notwendigkeit von Abhilfemaßnahmen zu leugnen. Die CIA hält sich weiter auf dem Weg, der zum sprichwörtlichen Abgrund führt.«
    Goss war überzeugt davon, dass er die Lösung des Problems kannte. Er wusste, dass die CIA sich selbst und anderen etwas vorgemacht hatte, was die Qualität ihrer Arbeit anging. Er wusste, dass die meisten Mitarbeiter der CIA die vier Jahrzehnte des Kalten Krieges damit verbracht hatten, abzuwarten und darauf zu hoffen, dass ihnen sowjetische Bürger freiwillig anbieten würden, als Spione für sie zu arbeiten. Er wusste, dass die im Ausland stationierten CIA-Beamten im Kampf gegen den Terror Tag und Nacht darauf warteten und hofften, dass ihre Pendants in Pakistan, Jordanien, Indonesien und den Philippinen ihnen Nachrichten zum Kauf anboten. Er wusste, dass nur eine gründliche Überholung der CIA

Weitere Kostenlose Bücher