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CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)

CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)

Titel: CIA: Die ganze Geschichte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Weiner
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hatte Walter Bedell Smith gehabt, der den Zentralen Nachrichtendienst geleitet hatte, als der Koreakrieg tobte: »Wir kriegen keine qualifizierten Leute. Es gibt sie einfach nicht.«
    Die CIA konnte nicht genügend talentierte Amerikaner finden, die für das staatliche Gehalt in den Spionagedienst gingen. Hunderte von Mitarbeitern hatten im Laufe des Jahrs 2004 aus Zorn und aus Scham angesichts des Verlusts der Glaubwürdigkeit der CIA und ihrer schwindenden Autorität, sowohl in der Zentrale als auch im Außendienst, ihre Kündigung eingereicht. Noch immer gehörten die Anwerbung, die Einstellung, die Ausbildung und die dauerhafte Verpflichtung von Mitarbeitern zu den schwierigsten Aufgaben der CIA.
    Goss gelobte, das fehlende Personal zu finden. Am 14.September 2004 versicherte er in seiner Anhörung vor dem Senat großspurig, er könne die CIA ein- für allemal in Ordnung bringen. »Ich möchte den Feind nicht ermutigen und aufbauen, indem ich Ihnen sage, wie schwierig die Lage meiner Meinung nach ist«, erklärte er vor den Kameras. Aber er werde die Lösung finden. Nachdem seine Nominierung mit 77 zu 17 Stimmen vom Plenum des Senats bestätigt worden war, fuhr er in Hochstimmung schnurstracks in die CIA-Zentrale.
    »Nicht einmal in meinen kühnsten Träumen hätte ich erwartet, je wieder hierher zurückzukommen«, teilte er den Männern und Frauen mit, die er vor drei Monaten noch in Grund und Boden verdammt hatte. »Aber hier bin ich nun.« Er erklärte, kraft präsidialer »Durchführungsverordnungen« würden seine Machtbefugnisse erweitert: Er werde der Lageberichterstatter Bushs, der Direktor der CIA, der Direktor des nationalen Nachrichtendienstes des Präsidenten und der Leiter eines neuen nationalen Antiterrorismuszentrums sein. Er werde nicht bloß zwei Dinge miteinander vereinbaren wie seine Vorgänger, sondern fünf.
    Bereits an seinem ersten Arbeitstag startete Goss eine Säuberungsaktion, wie sie rascher und rücksichtsloser in der Geschichte der CIA noch nicht durchgeführt worden war. Er setzte fast jedem der führenden Mitarbeiter den Stuhl vor die Tür. Damit rief er eine Verbitterung hervor, wie man sie in der Zentrale seit nahezu dreißig Jahren nicht mehr gekannt hatte. Besonders empört war man über die Entlassung des Leiters des Geheimdienstes, Stephen Kappes, der von der Marine kam, früher Bürochef in Moskau gewesen war und das Beste verkörperte, was die CIA zu bieten hatte. Erst kürzlich hatte er in Zusammenarbeit mit dem britischen Geheimdienst eine führende Rolle bei einem geheimdienstlichen und diplomatischen Meisterstück gespielt: Es war ihm gelungen, Libyen zur Aufgabe seines lange verfolgten Programms zur Entwicklung von Massenvernichtungswaffen zu bewegen. Als er Zweifel an Goss’ Urteilsvermögen äußerte, wurde er vor die Tür gesetzt.
    Der neue Direktor umgab sich mit einem Team von politischen Mietlingen, die er vom Kapitol Hill mitgebracht hatte. Sie bildeten sich ein, das Weiße Haus – oder gar eine noch höhere Macht – habe sie ausersehen, die CIA von linksgerichteten Umstürzlern zu befreien. In der Zentrale gewann man den Eindruck, Goss und seinem Stab, den »Gosslingen«, gehe Loyalität gegenüber dem Präsidenten und seiner Politik über alles; sie wollten verhindern, dass sich die CIA zum Weißen Haus querlegte, und wollten diejenigen, die sich ihnen entgegenstellten, dafür büßen lassen. Die scharfe Kritik an der CIA war berechtigt, was deren Kompetenz betraf. Falsch wurde sie in dem Maße, wie sie zu einer ideologischen Angelegenheit wurde.
    Der Direktor erließ Verfügungen, in denen er den Mitarbeitern untersagte, von der politischen Linie des Präsidenten abzuweichen. Die Botschaft war klar: mach mit oder verschwinde. Letzteres erschien dem talentierten Zehntel der CIA-Belegschaft immer verlockender. Eine riesige Heimatschutzindustrie entstand an der Peripherie Washingtons und bot ihre Dienste einer Regierung an, die eifrig damit befasst war, Sachkompetenz auszulagern. Die besten Leute der CIA kauften sich dort ein. Alternde kalte Krieger hatten die CIA fünfzehn Jahre zuvor kopflastig gemacht. Nun kam sie vor lauter Anfängern hinten nicht mehr hoch. Im Jahr 2005 hatte die Hälfte der CIA-Belegschaft – sowohl der Agenten als auch der Analysten – allenfalls fünf Jahre Berufserfahrung.
    Die auf den Irak bezogene hingeworfene Bemerkung des Präsidenten, dass die CIA »bloß herumrät«, hatte unterschwellig ein Ressentiment entfacht, das sich wie

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