CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)
eine Lösung bringen konnte.
Der vom Kongress ins Leben gerufene 9/11-Ausschuss gab eben seinen Abschlussbericht heraus, als Goss seinen Bericht veröffentlichte. Der Ausschuss hatte ausgezeichnet gearbeitet, indem er die Ereignisse, die zu den Angriffen führten, rekonstruierte. Eine klare Vorgabe, wie es weitergehen sollte, lieferte er nicht. Auch der Kongress hatte wenig dazu beigesteuert, die CIA nach dem 11.September auf Vordermann zu bringen, abgesehen von den mehreren Milliarden Dollar, die er ihr zuschanzte, und den vielen wohlfeilen Ratschlägen, die er ihr erteilte. Treffend charakterisierte der Ausschuss die Aufsicht des Kongresses über den Nachrichtendienst als »kontraproduktiv« und wählte damit das gleiche Attribut, das Goss der CIA entgegenschleuderte. Jahrelang hatten die Repräsentantenhaus- und Senatsausschüsse für die Nachrichtendienste die existenziellen Fragen, mit denen die CIA konfrontiert war, weitgehend ignoriert. Der Repräsentantenhausausschuss unter Goss hatte im Jahr 1998 seinen letzten ernsthaften Bericht über die Arbeit der CIA erstellt. Ein Vierteljahrhundert lang hatte die Aufsicht des Kongresses über die CIA wenig erbracht, was von wirklichem Nutzen gewesen wäre. Die Ausschüsse hatten der CIA gelegentlich öffentlich Prügel verabreicht und hie und da an ihren fundamentalen Problemen ein bisschen herumgedoktert.
Es war bekannt, dass der 9/11-Ausschuss die Schaffung eines Nationalen Nachrichtendienstes und die Einsetzung eines für ihn verantwortlichen Direktors empfahl. Der Vorschlag geisterte bereits seit den Tagen, als Allen Dulles das Sagen hatte, herum. Die Umgruppierung von Kästchen im Organisationsschema des Regierungsapparats würde es kaum leichter machen, die CIA effizient zu leiten.
John Hamre, einst stellvertretender Verteidigungsminister und Präsident des Washingtoner Instituts für Strategische und Internationale Studien, erklärte, die CIA sei »eine Organisation, deren Nährboden Täuschung und Betrug sind. Wie lässt sich eine solche Organisation betreiben?«
Das war eine von vielen Fragen, die die CIA und der Kongress nie beantworten konnten. Wie betreibt man einen geheimen Nachrichtendienst in einer offenen Demokratie? Wie dient man der Wahrheit durch Lügen? Wie verbreitet man Demokratie durch Betrug?
»Und schließlich werden sie kündigen«
Ein Mythos um die CIA ging auf die Schweinebucht zurück: das Märchen, dass alle Erfolge der CIA geheim blieben und nur ihr Versagen ausposaunt wurde. In Wirklichkeit war es so, dass die CIA gar keinen Erfolg haben konnte, solange sie nicht geschickte und mutige Mitarbeiter und ausländische Agenten gewann und bei der Stange hielt. Bei dieser Aufgabe versagte die Organisation unentwegt, und so zu tun, als sei es anders gewesen, war Selbstbetrug.
Um erfolgreich zu sein, musste die CIA Männer und Frauen finden, die die Disziplin und die Opferbereitschaft der besten amerikanischen Soldaten, die kulturelle Sensibilität und das geschichtliche Wissen der besten amerikanischen Diplomaten sowie die Neugier und die Abenteuerlust der besten amerikanischen Auslandskorrespondenten in ihrer Person vereinten. Von Vorteil war es zudem, wenn man diese neuen Mitarbeiter für Palästinenser, Pakistaner oder Paschtunen halten konnte. Solche Amerikaner waren schwer zu finden.
»Kann die CIA den derzeitigen Gefahren die Stirn bieten? Zur Zeit nicht – nicht im Geringsten«, so die Einschätzung von Howard Hart, der es sich zur Lebensaufgabe gemacht hatte, Agenten im Iran zu führen, der Waffen für den afghanischen Widerstand geschmuggelt und die paramilitärischen Mitarbeiter der CIA geleitet hatte. Hart erklärte, er sei gekränkt gewesen, als Goss die CIA einen »Haufen unfähiger Trottel« und »eine Horde von Idioten« nannte. Aber er räumte ein, man könne »dem Geheimdienst der CIA vorwerfen, dass er nicht gut genug gearbeitet hat. Eine solche Beurteilung ist fair. Denn wir haben Leute, die sich einfach nicht genug ins Zeug legen. Und die meisten von ihnen sind da, weil wir keinen Ersatz für sie haben.«
Präsident Bush versprach, die Zahl der CIA-Mitarbeiter um 50 Prozent zu erhöhen. Aber bei der derzeitigen Krise ging es um Qualität und nicht um Quantität. »Was wir nicht brauchen, sind Geld und neues Personal, jedenfalls nicht zum gegenwärtigen Zeitpunkt«, so Ford. »Fünfzig Prozent mehr Agenten und fünfzig Prozent mehr Analysten ergibt fünfzig Prozent mehr heiße Luft.« Das gleiche Personalproblem
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