CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)
die Truppen MacArthurs südwärts trieben, konnten die chinesischen Nationalisten dem General etwas Luft verschaffen, indem sie eine zweite Front eröffneten. Etwa 1500 Anhänger des nationalistischen Generals Li Mi waren im Norden Birmas, unweit der chinesischen Grenze, gestrandet. Li Mi bat um amerikanische Waffen und amerikanisches Gold. Die CIA begann, Soldaten der chinesischen Nationalisten nach Thailand zu fliegen, dort auszubilden und auszurüsten, um sie dann über dem nördlichen Birma abzusetzen – zusammen mit Paletten voll Waffen und Munition. Desmond FitzGerald, der gerade mit glänzenden juristischen und gesellschaftlichen Empfehlungen zur CIA gestoßen war, hatte im Zweiten Weltkrieg in Birma gekämpft. Er übernahm die Li-Mi-Operation. Schon bald wurde sie zur Farce, dann zur Tragödie.
Als Li Mis Soldaten die chinesische Grenze überschritten, wurden sie von Maos Truppen sofort über den Haufen geschossen. Die Spionageexperten der CIA stellten fest, dass Li Mis Funker in Bangkok ein Agent der chinesischen Kommunisten war. Aber Wisners Leute machten weiter Druck. Li Mis Soldaten zogen sich zurück, um sich zu sammeln. Als FitzGerald weitere Gewehre und Munition über Birma abwarf, wollten sie nicht mehr kämpfen. Sie ließen sich in der Gebirgsgegend nieder, die man das Goldene Dreieck nennt, ernteten Opiumkapseln und heirateten einheimische Frauen. Zwanzig Jahre später musste die CIA einen weiteren kleinen Krieg in Birma führen, um die Heroinlabors, auf denen Li Mis weltweites Drogenimperium ruhte, dem Erdboden gleichzumachen.
»Es bringt nichts, verpassten Chancen nachzuweinen (…) oder sich für vergangene Fehler ein Alibi zu verschaffen«, schrieb Bedell Smith in einem Brief an General Matthew B. Ridgway, MacArthurs Nachfolger auf dem Posten des Oberkommandierenden in Fernost. »Schmerzliche Erfahrungen haben mich gelehrt, dass Geheimoperationen eine Arbeit für den Fachmann und nicht für den Laien sind.«
Ein Nachtrag zum Korea-Fiasko der CIA folgte kurz nach dem Waffenstillstand vom Juli 1953. Für die Agency war der südkoreanische Präsident Syngman Rhee ein hoffnungsloser Fall, und jahrelang suchte sie nach Möglichkeiten, ihn durch jemand anderen zu ersetzen. Aus Versehen brachte sie ihn beinahe um.
An einem wolkenlosen Spätsommer-Nachmittag segelte eine Yacht langsam vor der Küste von Jong-do, der Insel mit dem Trainingslager, in dem die CIA ihre koreanischen Kommandos ausbildete. An Bord war Präsident Rhee, der eine Party für seine Freunde gab. Die zuständigen Mitarbeiter und Wachen des Lagers waren nicht darüber informiert worden, dass der Präsident vorbeisegeln würde. Sie eröffneten das Feuer. Wie durch ein Wunder wurde niemand verletzt, aber Rhee war verärgert. Er bestellte den amerikanischen Botschafter ein und teilte ihm mit, die paramilitärische Einheit der CIA habe 72 Stunden, um das Land zu verlassen. Bald danach musste John Hart, der glücklose Leiter des CIA-Büros in Seoul, noch einmal von vorn beginnen: Von 1953 bis 1955 war er damit beschäftigt, Agenten anzuwerben, auszubilden und über Nordkorea abzusetzen. Soweit er weiß, wurden alle gefangen genommen und hingerichtet.
An allen Fronten in Korea hat die CIA versagt. Sie versagte bei der Vorwarnung ebenso wie bei der Analyse und beim kopflosen Einsatz angeworbener Agenten. Die Folge war der Verlust von tausenden Menschenleben sowohl unter den Amerikanern als auch unter ihren asiatischen Verbündeten.
Eine Generation später haben amerikanische Exsoldaten Korea als »vergessenen Krieg« bezeichnet. Bei der CIA war es absichtsvolle Amnesie. Die Verschwendung von 152 Millionen Dollar auf Waffen für eine Phantomguerilla wurde in der Bilanz schöngerechnet. Die Tatsache, dass ein Großteil der Informationen über diesen Krieg falsch oder erfunden war, wurde unter Verschluss gehalten. Die Frage, wie viele Menschenleben er gekostet hatte, wurde weder gestellt noch beantwortet.
Doch dem Leiter des Fernost-Referats, Unterstaatssekretär Dean Rusk, stieg ein Verwesungsgeruch in die Nase. Er beauftragte John Melby, einen kompetenten Chinaexperten im Außenministerium, mit der Untersuchung der Sache. Melby hatte seit Mitte der vierziger Jahre an der Seite der ersten amerikanischen Spione in Asien gearbeitet und kannte sich mit den Akteuren aus. Er ging in die Region und unterzog sie einer längeren, unerbittlichen Prüfung. »Unsere Nachrichtenbeschaffung ist so schlecht, dass es an Amtsvergehen grenzt«, teilte
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