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CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)

CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)

Titel: CIA: Die ganze Geschichte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Weiner
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Tauglichkeit der CIA für verdeckte Aktionen bilden.
    Doolittle hatte zehn Wochen Zeit bis zum Berichtstermin. Pawley und er sprachen mit Dulles und Wisner, besuchten die CIA-Büros in Westdeutschland und London und interviewten hohe Vertreter des Militärs und der Diplomatie, die mit gleichrangigen Beamten in der CIA zusammenarbeiteten. Sie sprachen auch mit Bedell Smith, der ihnen sagte, »Dulles sei viel zu emotional für diese Schlüsselstellung«, und »sein Hang zur Emotionalität sei schlimmer, als es auf den ersten Blick scheine«.
    Am 19.Oktober 1954 begab sich Doolittle zum Präsidenten ins Weiße Haus. Er berichtete, die Agency sei »zu einer riesigen, ständig weiterwuchernden Organisation angeschwollen und ausgestattet mit einer Vielzahl von Mitarbeitern, von denen manche über eher fragwürdige Kompetenz verfügten«. Dulles umgebe sich mit unfähigen und disziplinlosen Leuten. Zur Sprache kam auch das heikle Problem der »Verwandtschaft« mit Foster Dulles. Doolittle meinte, es sei besser für alle Betroffenen, wenn persönliche und berufliche Beziehung nicht zusammenfielen: »Das führt entweder zur Protektion oder zur Beeinflussung des einen durch den anderen.« Ein unabhängiger, mit bewährten Zivilbeamten besetzter Ausschuss solle im Auftrag des Präsidenten die CIA überwachen.
    Warnend wies der Doolittle-Bericht darauf hin, dass Wisners Geheimdienst »mit Leuten angefüllt [sei], die wenig oder keine Ausbildung für ihre Arbeit erhalten haben«. In seinen sechs getrennten Mitarbeiterstäben, sieben geografischen Abteilungen und mehr als 40 Untersparten »gibt es auf praktisch allen Ebenen ›Ballast‹«. Der Bericht empfahl eine »vollständige Neuorganisation« von Wisners Reich, das unter seiner »rasanten Ausdehnung« ebenso gelitten habe wie unter dem »gewaltigen Druck, Verpflichtungen einzugehen, die seine Leistungsfähigkeit übersteigen«. Er konstatierte: »Bei Geheimoperationen ist Qualität wichtiger als Quantität. Wenige kompetente Mitarbeiter bringen mehr Nutzen als viele inkompetente.«
    Dulles wusste sehr wohl, dass der Geheimdienst aus dem Ruder gelaufen war. Die CIA-Beamten führten Operationen hinter dem Rücken ihrer Vorgesetzten durch. Zwei Tage nach der Vorstellung des Doolittle-Berichts teilte der Direktor Wisner mit, er mache sich Sorgen, weil »hochempfindliche und/oder heikle Operationen auf unteren Ebenen durchgeführt werden, ohne dass sie dem zuständigen stellvertretenden Direktor, dem stellvertretenden CIA-Direktor oder dem CIA-Direktor selbst zur Kenntnis gebracht werden«.
    Aber Dulles verfuhr mit dem Doolittle-Bericht genauso, wie er es stets mit schlechten Nachrichten tat: Er kehrte ihn unter den Teppich. Keinem unter den ranghohen CIA-Beamten zeigte er ihn – nicht einmal Wisner.
    In seinem vollen Umfang blieb der Bericht bis ins Jahr 2001 geheim; sein Vorwort jedoch wurde bereits ein Vierteljahrhundert früher veröffentlicht. Es enthielt eine der bittersten Textpassagen des Kalten Krieges:
Mittlerweile ist klar, dass wir einem unversöhnlichen Feind gegenüberstehen, der nach eigenem Eingeständnis das Ziel hat, mit allen Mitteln und um jeden Preis die Weltherrschaft zu erringen. In diesem Spiel gibt es keine Regeln. Die bislang anerkannten Normen menschlichen Verhaltens können hier nicht mehr gelten. Wenn die Vereinigten Staaten überleben sollen, müssen die altbewährten amerikanischen Vorstellungen vom »Fair Play« neu überdacht werden. Wir müssen leistungsstarke Dienste für Spionage und Spionageabwehr aufbauen und lernen, unsere Feinde zu zermürben, zu sabotieren und zu vernichten, und zwar mit Methoden, die schlauer, raffinierter und effizienter sind als diejenigen, die gegen uns eingesetzt werden. Irgendwann könnte es erforderlich sein, dass das amerikanische Volk mit diesem zutiefst widerwärtigen Gedanken vertraut gemacht wird, ihn versteht und unterstützt.
    Im Bericht selbst heißt es, die Nation brauche »eine offensive, psychologisch, politisch und paramilitärisch operierende Geheimorganisation, die effizienter, einheitlicher und wenn nötig skrupelloser ist als diejenige, mit der der Feind arbeitet«. Denn »das Problem der Einschleusung von Agenten« habe die CIA nie gelöst. »Wer erst einmal – mit dem Fallschirm oder auf anderen Wegen – hinter die Grenze gelangt ist, hat es extrem schwer, der Entdeckung zu entgehen.« Der Bericht kommt zu dem Schluss: »Die Informationen, die wir mit dieser Beschaffungsmethode erhalten haben,

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