CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)
waren minimal und haben exorbitant viel Arbeit, Dollars und Menschenleben gekostet.«
Oberste Priorität bei der Gewinnung von Informationen über die Sowjets müsse, so heißt es weiter, der Spionage zukommen. Für diese Erkenntnisse sei kein Preis zu hoch.
»Wir haben nicht die richtigen Fragen gestellt«
Dulles war ganz versessen darauf, einen amerikanischen Spion hinter dem Eisernen Vorhang zu haben.
Im Jahr 1953 wurde der erste CIA-Mann, den er nach Moskau geschickt hatte, von seiner russischen Hausangestellten verführt – sie war Oberst beim KGB –, in flagranti fotografiert, erpresst und dann von der Agency wegen seiner Unbesonnenheit gefeuert. Im Jahr 1954 wurde ein zweiter Mitarbeiter schon kurz nach seiner Ankunft beim Spionieren geschnappt, inhaftiert und deportiert. Wenig später rief Dulles John Maury zu sich, einen seiner Sonderberater, der vor dem Zweiten Weltkrieg durch Russland gereist war und den Großteil des Krieges in der amerikanischen Botschaft in Moskau verbracht hatte, wo er den Nachrichtendienst der Marine (ONI) vertrat. Dulles bat Maury, in den Geheimdienst überzuwechseln und sich für eine Mission in Moskau ausbilden zu lassen.
Keiner von Wisners Leuten, so Dulles, sei jemals in Russland gewesen: »Sie wissen nichts über das Zielobjekt.«
»Und ich weiß nichts über Operationen«, antwortete Maury.
»Ich glaube, sie auch nicht«, gab Dulles zurück.
Solche Männer waren kaum in der Lage, den Präsidenten mit den Erkenntnissen zu versorgen, die er am dringlichsten haben wollte: strategische Warnungen vor einem Kernwaffenangriff. Als der Nationale Sicherheitsrat zusammentrat, um darüber zu sprechen, was im Falle eines Angriffs zu tun wäre, wandte sich der Präsident an Dulles und sagte: »Wir wollen doch kein zweites Pearl Harbor.« Ebendiese Aufgabe übertrug Eisenhower der zweiten Geheimdienstkommission, die er 1954 einsetzte.
Er bestellte James R. Killian, den Präsidenten des Massachusetts Institute of Technology (MIT), zum Leiter einer Arbeitsgruppe, die nach Möglichkeiten suchen sollte, einem sowjetischen Blitzangriff zuvorzukommen. Vor allem drängte er auf die Techniken, die der Doolittle-Bericht nachdrücklich empfohlen hatte: »Fernmeldeaufklärung und elektronische Überwachung« mit dem Ziel, die »Frühwarnung vor einem drohenden Angriff« sicherzustellen.
Die CIA selbst verdoppelte ihre Anstrengungen zum Abhören des Feindes. Und es gelang ihr – auf die ihr eigene Art und Weise.
Im Dachgeschoss der Zentrale der Berliner Operationsbasis hatte ein ausgedienter Baseballspieler namens Walter O’Brien, der zuerst Jurist und dann Spion geworden war, Dokumente fotografiert, die unbemerkt aus der Ostberliner Postverwaltung entwendet wurden. Unter anderem stellten sie den unterirdischen Verlauf der neuen, von sowjetischen und ostdeutschen Funktionären genutzten Fernmeldekabel dar. Aus diesem Spionagecoup entstand das Berliner-Tunnel-Projekt.
Dieser Tunnel galt damals als der größte öffentliche Triumph der CIA. Die Idee – und ihre praktische Lösung – stammte vom britischen Nachrichtendienst. Schon 1951 hatten die Briten der CIA mitgeteilt, sie hätten kurz nach Kriegsende begonnen, in den besetzten Zonen der Stadt Wien mit Hilfe eines Tunnelnetzes die sowjetischen Fernmeldekabel anzuzapfen. Dasselbe gedachten sie in Berlin zu tun. Dank der gestohlenen Pläne wurde es zur greifbaren Möglichkeit.
In einer geheimen CIA-Studie zum Berliner Tunnel, die im August 1967 verfasst und im Februar 2007 freigegeben wurde, werden drei Fragen genannt, die William K. Harvey, ein stets revolverbewehrter Trinker und Ex-FBI-Agent, der 1952 Chef der Berliner Operationsbasis wurde, beantworten musste. Erstens: Ist die CIA in der Lage, einen gut 440 Meter langen Tunnel in die sowjetische Besatzungszone Berlins hineinzutreiben und dann genau auf ein Zielobjekt mit einem Durchmesser von etwa fünf Zentimetern zu treffen, das knapp 70 Zentimeter unter einer großen Autostraße liegt – ohne erwischt zu werden? Zweitens: Wie bringt sie es fertig, die ausgehobene Erde – ungefähr 3000 Tonnen Sandboden – heimlich loszuwerden? Und drittens: Unter welchem Vorwand kann sie den Bau einer Anlage kaschieren, die in einer von Flüchtlingen bewohnten ärmlichen Barackensiedlung am Rande der amerikanischen Zone für die Grabungsarbeiten vorgesehen ist?
Im Dezember 1953 verabredeten Allen Dulles und sein britischer Kollege Sir John Sinclair ein Arbeitsprogramm für mehrere
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