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CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)

CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)

Titel: CIA: Die ganze Geschichte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Weiner
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Tag des Dritten Weltkrieges den Feind zu vernichten. Ihr Auftrag bestand folglich darin, das militärische Potenzial der Sowjets zu lokalisieren und als erstes auszuschalten. Nur mochten sie nicht glauben, dass amerikanische Spione dies könnten.
    Aber vielleicht amerikanische Maschinen.
    Mit dem Killian-Bericht begann in der CIA der Triumphzug der Technologie und der Niedergang der altmodischen Spionage. »Die klassischen Geheimoperationen im Innern Russlands haben uns nur wenige aussagekräftige Informationen verschafft«, so las Eisenhower. »Aber um unsere Nachrichtenausbeute zu verbessern, können wir auf die letzten Errungenschaften in Wissenschaft und Technik zurückgreifen.« Der Bericht forderte den Präsidenten dringend zum Bau von Spionageflugzeugen und Satelliten auf, die in der Lage wären, in großer Höhe über die Sowjetunion hinwegzugleiten und seine Waffenarsenale zu fotografieren.
    Diese Technologie stand zur Verfügung, und zwar schon seit zwei Jahren. Dulles und Wisner waren so sehr mit ihren Operationen beschäftigt, dass sie nicht mitbekamen, wie ihr Kollege Loftus Becker, damals stellvertretender Direktor für Nachrichtenverarbeitung, sich im Juli 1952 in einem Memorandum zu dem Vorhaben äußerte, einen »Aufklärungssatelliten« zu entwickeln – eine mit einer Rakete abgeschossene Fernsehkamera zur Überwachung der Sowjetunion aus dem Weltall. Die Lösung des Problems lag im Bau der Kamera. Das wissenschaftliche Genie Edwin Land, der das Polaroid erfunden hatte, war sicher, dass es ihm gelingen würde.
    Im November 1954, als der Berliner Tunnel schon in Arbeit war, trafen sich Land, Killian und Dulles mit dem Präsidenten und erhielten seine Zustimmung zum Bau des Spionageflugzeugs U-2, eines Motorseglers mit einer Kamera im Bauch, die endlich dafür sorgen würde, dass die Amerikaner ihre Augen auch hinter dem Eisernen Vorhang hätten. Eisenhower gab das Startsignal und begleitete es mit einer düsteren Prophezeiung. Irgendwann, sagte er, »wird eine dieser Maschinen erwischt, und dann kriegen wir Sturm«.
    Die Zuständigkeit für den Bau des Flugzeugs übertrug Dulles an Dick Bissell, der zwar nichts von der Luftfahrt verstand, aber mit viel Geschick einen geheimen Beamtenapparat aufbaute, der das U-2-Programm vor peinlicher Überwachung schützte und zur schnelleren Herstellung des Flugzeugs beitrug. »Unsere Agency«, erklärte er ein paar Jahre später den Teilnehmern eines CIA-Lehrgangs, »ist das letzte Refugium ungestörter Behördenruhe, über das die US-Regierung verfügt.«
    Mit langen Schritten durchmaß Bissell die Flure der CIA, ein linkischer Mensch mit großen Ambitionen. Er war überzeugt, dass er irgendwann der nächste CIA-Direktor sein würde, denn Dulles sagte ihm das. Mit zunehmender Geringschätzung sah er auf die Spionage herab und verachtete Richard Helms und seine Leute. Die beiden Männer wurden im Behördenapparat Rivalen und dann erbitterte Gegner. Sie verkörperten den Kampf zwischen Spionen und Apparaten, der vor 50 Jahren begann und bis heute andauert. In Bissells Augen war die U-2 eine Waffe – ein Offensivschlag gegen die sowjetische Gefahr. Allein die Tatsache, dass Moskau »nicht das kleinste bisschen tun könnte, um zu verhindern«, dass jemand in den sowjetischen Luftraum eindringt und seine Streitkräfte ausspäht, würde seinen Stolz und seine Macht empfindlich treffen. Zur Durchführung des Programms bildete Bissell eine winzige Geheimzelle aus CIA-Mitarbeitern und übertrug James Q. Reber, damals verantwortlich für die Koordination der Nachrichtenverarbeitung, die Aufgabe zu entscheiden, was das Flugzeug auf dem Gebiet der Sowjetunion fotografieren sollte. Reber wurde befördert und war lange Jahre hindurch Vorsitzender des Ausschusses, der für die U-2-Flugzeuge und die auf sie folgenden Spionagesatelliten die sowjetischen Zielobjekte auswählte. Aber letzten Endes war es immer das Pentagon, das festsetzte, welchen Erfordernissen die Aufklärung zu gehorchen hatte: Wie viele Bomber haben die Sowjets? Wie viele Atomraketen? Wie viele Panzer?
    In späteren Lebensjahren sagte Reber einmal, die bloße Idee, etwas anderes zu fotografieren, sei durch die Denkhaltung des Kalten Krieges einfach blockiert worden.
    »Wir haben nicht die richtigen Fragen gestellt«, so Reber. Hätte die CIA ein umfassenderes Bild vom Leben in der Sowjetunion angefertigt, so hätte sie erfahren, wie wenig Geld die Sowjets in jene Ressourcen steckten, die eine Nation

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