Ciao Mayer
Biber gesehen. Der saß ganz ruhig und putzte sich, ehe er sich gemächlich ins schlammige Wasser gleiten ließ. Aber Fische? Allenfalls Monsterfische, die Leichen anfraßen, dachte Massimo angewidert.
Unschlüssig stand er an der Biegung des Weges, der sich an dieser Stelle zu einem kleinen Plätzchen verbreiterte. Ringsum umgaben mannshohe Oleanderbüsche den Platz. Der Weg führte durch einen schmalen Spalt hinein und wieder hinaus. Hier und da war der Oleanderring löcherig. Ein paar Stämme waren blattlos, ließen den Blick frei auf die dahinter liegende Rasenfläche. Vermutlich die Folge der langen Trockenheit, dachte Massimo, spähte durch die Busch-Lücken und versuchte, sich zu orientieren. In einem langen halbkreisförmigen Bogen war er bis hierher geschlendert, von - er versuchte, seinen Ausgangspunkt genau zu lokalisieren und wies mit dem rechten Arm in die Richtung - dort hinten. Der Ort, an dem Mottis Leiche gefunden worden war, musste hinter der Gruppe hoher Zedern sein, die dort, in lockerem Abstand zueinander, ein lichtes Wäldchen bildete. In gerader Linie weiter, das wusste Massimo von seinen periodischen Jogging-Anfällen, war das Tor zur Via Pinciana. Für ihn war es immer das Ziel, die Erlösung, das Ende der Quälerei. Wenn es das für den jungen Sportler nun auch gewesen war?
Massimo trabte, ohne viel darüber nachzudenken, los. Er trat über die beige-weiße Steingrenze, zwängte sich durch die kahlen Oleanderstangen und lief über die Rasenfläche auf sein Ziel zu. Nach etwa dreißig Metern kreuzte ein Weg seine Marschlinie. Er kam schräg hinter einem Hügel hervor, querte die Rasenfläche und verschwand in einem leichten Linksbogen in dem Gehölz, das sich bis zur Mauer des Zoologischen Gartens erstreckte. Massimo stoppte, wandte sich um. Von hier konnte man durch die Buschlücken genau auf den kleinen Platz sehen. Und wer von dieser Stelle auf schnellstem Weg aus dem Park wollte, musste querbeet Richtung Via Pinciana laufen. Um das zu erkennen, reichte ein Blick nach hinten und einer nach vorn. Massimo marschierte weiter. Regelmäßig kontrollierte er, dass er das Buschwerk, in dem der Kalabrese umgekommen war, noch präzise von anderen Buschgruppen unterscheiden konnte.
Er keuchte, als er sein Ziel erreichte. Zugleich war er überrascht, wie nah die beiden Orte waren, wenn man sie nicht mit den weit ausschwingenden Wegen des Parks verband, sondern in direkter Linie. Allenfalls vierhundert Meter, dachte Massimo. Keine Entfernung für einen durchtrainierten Sportler. Und schon gar keine für einen kräftigen, schnellen Hund.
*
Es war schon nach fünf, als er Giannis Bürotür öffnete. Die schwer bewaffnete Wache am Eingang hatte nur lässig die Hand gehoben, als er auf einen Termin mit Inspektor De Bartolo verwies. Dann hatte er sich in dem unübersichtlichen Gebäude erst einmal gründlich verlaufen.
Er hatte Gianni schon häufiger besucht. Anfangs hatte der ihn am Haupteingang abgeholt. Inzwischen hielt er es für überflüssig, Massimo kannte ja den Weg. Kannte er auch. Grob. Nur, das Problem fing schon bei der Etage an: zweite oder dritte? Massimo wählte die dritte, lief hundert Meter nach links, dann nach rechts und sah ein, dass es wohl doch die zweite Etage sein musste. Er stieg die breite Betontreppe wieder hinab, sah links in den Korridor und wusste, dass er richtig lag. Inspektor Bianco, Inspektor Veltrotto, verhießen die kleinen rechteckigen Pappschilder an den Türen - und endlich: Inspektor De Bartolo.
„Entschuldige“, sagte Massimo beim Eintreten.
Gianni winkte ab. „Ich bin doch sowieso hier, bis zehn.“
Massimo setzte sich auf den Stuhl vor dem Schreibtisch und wusste, wie üblich, nicht so recht, wohin mit seinen langen Beinen. Für seine Größe waren diese Justiz- und Polizei-Waben nicht gemacht. Acht Quadratmeter hatte das Büro, schätzte er, mehr nicht. Sein Stühlchen stand schon an der Wand, bis zum Schreibtisch mochten es so fünfzig oder sechzig Zentimeter sein. Giannis Stuhl, hinter dem Holzimitat-Kinderschreibtisch, stand genauso eng mit der Rückenlehne an der gegenüberliegenden Wand und genauso nah am Tisch. Aber Gianni de Bartolo war klein genug dafür, 1,70 allenfalls, mit entsprechend kurzen Beinen. Vielleicht ist er deshalb zur Polizei gegangen, sinnierte Massimo, während sie die üblichen Begrüßungssätze tauschten, die das Wohlergehen von Massimos Verlobter und Giannis Frau, nebst Kindern betrafen. Warum wird ein zarter,
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