Ciao Mayer
Parlamentsgebäude gelegen, galt als beste Eisdiele der Stadt, war nur auch „schweinisch teuer“, wie Massimo meist mäkelte.
„Toll“, fand Elisabetta den Vorschlag.
Plaudernd erreichten sie Giolitti, bestellten, und Elisabetta setzte die Anekdoten aus ihrem Büroalltag fort.
Als die Eisbecher gebracht wurden, sagte sie gönnerhaft: „Das gilt als Vorspeise fürs Abendessen, okay? Dann wird es heute Abend in Ostia nicht ganz so teuer!“ Sie zwinkerte ihm zu.
Er senkte den Blick starr auf den Becher und quetschte ein „weißt du, ich muss dir was sagen“ heraus.
„Dann sag!“ antwortete sie noch immer bester Laune, aber schon leicht irritiert.
Er begann eine umständliche Geschichte von seinem Job bei der Zeitung, seinem Chef, dem toten Fußballer, murmelte etwas von „Chance“, nahm einen Löffel Eis, sah sie an und fragte: „Verstehst du?“
„Nein“, sagte sie, „ich verstehe kein Wort. Was willst du mir sagen?“
Nun gut, was sollte er machen? Irgendwie musste es raus. „Ich kann heute Abend nicht!“
Sie steckte den Löffel in den halbgefüllten Kelch. „Oh nein, Massimo! Du hast es versprochen!“
Er sah sie Mitleid und Verständnis heischend an.
„Nein, Massimo, wirklich. Du kannst nicht immer alles versprechen und dann nichts halten.“
„Alles versprechen, nichts halten, das stimmt so generell wirklich nicht, Elisabetta, manchmal...“
„Ach hör' doch auf“, jetzt wurde sie ärgerlich. „Du hast nie Zeit für mich Massimo! Immer geht dein blöder Job vor. Oder hast du eine andere, Massimo? Das kommt mir jetzt erst. Sag', Massimo, betrügst du mich? Sag' es ehrlich, jetzt!“
Er schüttelte heftig den Kopf und strahlte sie so lieb an, wie er konnte. Mit, wie er fand, überzeugender, fester Stimme sagte er: „Nein, wirklich nicht. Beim Leben meiner Mutter!“
Sie schien etwas besänftigt.
„Ach“, schob er hinterher, „apropos meine Mutter. Du weißt, sie feiert morgen ihren Namenstag. Da sind wir eingeladen.“
Der gerade gewonnene gnädig verzeihende Ausdruck schwand aus ihren Augen, die nun zornig funkelten. „Schluss! Nein! Also wir gehen heute nicht aus, weil du arbeiten musst. Richtig?“
Er nickte brav.
„Wir gehen morgen nicht aus, weil deine Mutter Namenstag feiert und du dabei sein musst. Richtig?“
Er nickte wieder, wagte aber einzuwerfen, „wir sind natürlich beide eingeladen, das weißt du doch“!
Der Einwand schien sie nicht zu beruhigen, sondern eher aufzuregen. „Massimo, wenn es nicht so peinlich wäre, hier, vor all' den Leuten, würde ich jetzt laut schreien.“
Sie machte eine Pause, wartete vielleicht auf eine Antwort, aber Massimo fand es klüger, in dieser Lage zu schweigen.
Schon nahm sie ihre Rede wieder auf. „Massimo, sind wir verlobt oder nicht?“ fragte sie mit betonter Artikulation, hörte nicht auf Massimos „Ähm“, sondern fuhr ungebremst fort: „Also. Was heißt das? Verlobte gehen miteinander aus, gehen ins Kino, zum Essen, spazieren, tun sonst noch alles Mögliche ge-mein-sam, Massimo, ge-mein-sam. Das einzige, was du mir bietest, was wir gemeinsam tun können, ist den Namenstag deiner Mutter zu feiern. Und da gehe ich nicht wieder hin, dass das gleich klar ist. Einmal reicht.“
„Fandest du es so schrecklich“, wagte Massimo einzuwerfen, „Sie hat doch gut gekocht, oder?“
„Ja, sie hat gut gekocht und hat ihrem Kron-Sohn mit dem Gutgekochten abgefüttert und ihre fette Schwester, ihre fette Cousine und zwei fette Nachbarinnen haben sich gefreut, dass du ihnen dabei immer ähnlicher wurdest, an Umfang und an blödsinnigem Gerede. Nein, Massimo, zu dieser Horrorveranstaltung gehe ich nie mehr. Außerdem vermisst mich sowieso keiner dabei! Sie haben doch alle nur Augen für den lieben, kleinen Massimo. ‚Willst Du noch ein bisschen Tintenfischsalat?’“, sie imitierte eine leicht keifende Alt-Frauen-Stimme, „´oder noch ein paar Scheibchen Auberginen, Schinken, Lamm, Pudding?’“ - und weiter in normaler Tonlage, „nein Massimo, mir wird übel, wenn ich nur daran denke. Ciao, viel Spaß.“
Sie erhob sich.
Auch Massimo sprang auf, fasste sie bei den Händen und sagte: „Elisabetta, bitte, ich hatte keine Ahnung, dass du es so scheußlich fandest. Du hast es nie so gesagt.“
„Ich habe es gesagt, aber du hast es nicht verstanden.“
„Okay, mag sein. Aber jetzt reg' dich nicht auf, du darfst jetzt nicht so gehen, so wütend. Das ist nicht schön.“
Er legte sechzehn Euro auf den Tisch.
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