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Ciao Mayer

Ciao Mayer

Titel: Ciao Mayer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Jürgen Schlamp
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Ihr restliches Eis war inzwischen geschmolzen. wenigstens war seines aufgelöffelt, dachte er, und umfasste ihre Schulter. „Komm', wir gehen zu dem Laden, wo du den Rock gesehen hast.“
    Sie nickte.
    Sie schlenderten gemächlich Richtung Via del Corso. Irgendwann nahm er ihre Hand und sie zog sie nicht zurück. Immerhin, dachte er.
    Vor der Boutique war Elisabettas Zorn halb verraucht. Nachdem Massimo ihr versichert hatte, dass der Rock „supertoll“ und wie für sie gemacht war, sie „natürlich überhaupt nicht zu alt“ dafür war, „wie kommst du darauf?“, und das teure Stückchen Stoff auch noch bezahlen wollte - was sie vehement und erfolgreich ablehnte - kam ihre gute Laune langsam zurück.
    Umgekehrt proportional, sinnierte Massimo über die seltsamen Gesetze des Marktes, als sie den Laden verließen, je weniger Stoff desto höher der Preis. Aber er hütete sich, seinen Gedanken zu offenbaren. Zumal er von Ökonomie, das hatte er sich schon häufig sagen lassen müssen, ohnehin nicht viel verstand.
    Sie spazierten Arm in Arm weiter, erreichten Elisabettas Wohnung und tranken zwei Campari-Soda, aus kleinen Flaschen, in denen der Drink schon gemixt verkauft wurde. Sie plauderten, küssten sich, erst flüchtig, dann intensiver und, wie Massimo gehofft hatte, landeten sie kurz darauf im Bett. Doch er hatte plötzlich Schwierigkeiten.
    Peinlich, dachte er und versuchte sich zu konzentrieren. Aber seine Gedanken schweiften ständig ab, zu Elisabettas Vorhaltungen, zu seinem Fall, zu dem Termin, den er vor sich hatte.
    Mühsam brachte er sich mit Elisabettas tatkräftiger Hilfe in Fahrt, brauchte zwei Anläufe, bis es schließlich, im dritten Versuch, vollbracht war.
    „Uff“, lachte Elisabetta, „schwere Geburt.“
    Er sagte nichts, stand auf, holte zwei weitere Fläschchen Campari-Soda, füllte ihre Gläser, stieß mit ihr an und sagte: „Auf uns - und entschuldige. Ich war nicht toll.“
    „Quatsch“, sagte sie, er zuckte bei dem Wort innerlich zusammen, „du hast halt zuviel um die Ohren.“
    Um acht, als Elisabetta die Fernsehnachrichten von RAI Uno einschaltete, machte er sich auf den Weg.

    *

    Massimo brauchte eine Weile, ehe er sich in dem Gewirr von Schnellstraßen und Sackgassen, die jeweils vor einem verschlossenen Firmentor endeten, zurechtfand. Schließlich entdeckte er das leuchtende UPS-Schild und, während er darauf zuhielt, sah er links das grelle neonblaue Licht der Bar „Cielo di Roma“. Die Tür stand offen. Er parkte sein Moped, vergaß natürlich wieder, das Ding an die Kette zu legen, und trat ein.
    Wie der „Himmel von Rom“ kam ihm der Schuppen nicht vor. Ein riesiger Raum, viele Tische, viele Stühle, alles leer. Ein breiter Durchgang führte in einen zweiten, kleineren Raum, an dessen Rückwand ein wuchtiger Tresen stand, komplett aus glänzendem Metall. Vermutlich Aluminium, dachte Massimo, trat an das Hochglanzprodukt und nickte einem fetten Typen in Jeans und T-Shirt dahinter freundlich zu. „Salve, ein kleines Bier bitte.“
    Der Fette schüttelte den Kopf, deutete mit dem Arm in eine Ecke des Raumes und sagte mit schwerer, rauchiger Stimme: „Kasse. Du musst erst bezahlen!“
    Massimo drehte sich um und sah an der Rückwand, neben dem Durchbruch, durch den er hereingekommen war, in die Ecke gequetscht, ein Tischchen mit einer Kasse darauf. Dahinter, auf einem Hocker, thronte eine üppig geschminkte Mittdreißigerin, offensichtlich ebenso gut gefüttert wie ihr Kollege, kaute Kaugummi und betrachtete Massimo neugierig.
    „Verlaufen?“ knurrte sie. Wie ihre Figur ähnelte auch ihre Stimme der des Mannes an der Bar.
    „Wie man’s nimmt.“ Massimo lächelte sie an und wiederholte seine Bestellung: „Ein kleines Bier bitte.“
    Dann legte er einen Fünf-Euro-Schein vor sie hin.
    „Vierfünfzig“, sagte sie, bediente die Kasse und reichte Massimo einen Bon. Ihm Wechselgeld zurückzugeben, schien nicht auf ihrem Plan zu stehen.
    „Stimmt so“, sagte Massimo und schlurfte mit dem Bon zum Tresen. Der Dicke füllte ein kleines Glas, bis es erst schäumte, dann überlief, und stellte es vor Massimo hin. Der zog eine Serviette aus einem kleinen, dafür vorgesehenen, Kasten auf der Theke und wischte sein Glas trocken, ehe er trank. Nicht schon wieder das Hemd bekleckern, dachte er.
    „Noch nie hier gewesen“, stellte der Dicke lakonisch fest.
    „Nö“, sagte Massimo, blickte sich um und fragte: „Ist es abends immer so leer hier?“
    „Mal so, mal so“,

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