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Ciao Mayer

Ciao Mayer

Titel: Ciao Mayer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Jürgen Schlamp
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wieder ängstlich um.
    Als er an der Tür zur Wohnung seiner Mutter vorbei schlich, presste er eine Hand auf seine linke Brust, aus Sorge, Mama könnte das laute Schlagen seines Herzens hören.
    Er schloss die Tür zu seiner Wohnung, ging an den Kühlschrank, nahm ein Bier heraus, ließ sich auf den Küchenstuhl fallen und trank die Flasche in einem Zug leer. Dann machte er sich eine Zigarette an.
    Das waren wirkliche, lupenreine Killer! Da war er sich sicher. Absolut. Diese Typen hätten ihn von ihren Kampfmaschinen zerfetzen lassen, gnadenlos. Vielleicht hätten sie sie zurückgepfiffen, kurz bevor er völlig hinüber gewesen wäre, um keinen Ärger zu kriegen. Vielleicht. Aber selbst in dem, für ihn günstigsten Fall, wäre er ein blutender Haufen Hackfleisch gewesen.
    Er sah an sich herunter. Er blutete am linken Bein, seine Hose war völlig zerfetzt. Auch die Jacke hing am Ärmel in Streifen herunter.
    Überall Kratz- und Bissspuren. „Selbst am Arsch“, brüllte Massimo wütend und ging ins Bad.
    Er duschte, trocknete sich ab – sehr vorsichtig an den empfindlichen Stellen - und sprühte sich mit Wundspray ein. Das war vom letzten Urlaub übrig geblieben, als er sich an einem felsigen Strand den Fuß aufgerissen hatte.
    In Unterhose und T-Shirt ging er zurück zum Kühlschrank, nahm ein neues Bier und setzte sich wieder an den Küchentisch. Es war der einzige Sitzplatz in seiner kleinen Wohnung. Elisabetta spottete oft darüber. Wieso er nicht einmal einen bequemen Sessel hätte, zum Fernseh-Gucken, oder eine kleine gemütliche Couch?
    „Warum?“ fragte er stets zurück. Der Fernseher stand im Schlafzimmer, war bequem vom Bett aus zu sehen und zu bedienen. Dazu ein kleiner Kleiderschrank und eine Wand mit Büchern in fragilen Ikea-Regalen. Auch die für römische Verhältnisse geräumige Küche hatte alles, was er brauchte. Aber mehr als ein Tisch und zwei Stühle passten eben nicht hinein. Und außerdem hatte er ja noch die dreimal drei Meter große Dachterrasse, mit weiteren zwei Stühlen. Stellte man die Küchenstühle dazu, konnten doch vier Leute sitzen.
    Die Terrasse war sein ganzer Stolz. Gut, die Aussicht war bescheiden. Man sah nicht auf den Petersdom, sondern auf die Giebelwand des Nachbarhauses. Dafür hatte er hübsche Blumen gepflanzt, die seine Mutter regelmäßig goss. Immer, wenn sie zum Putzen der Wohnung hinaufkam und dabei gleich Massimos Schmutzwäsche im Schlafzimmer einsammelte. Im Gegenzug räumte sie gewaschene und gebügelte Hemden, Taschentücher und Unterhosen in seinen Kleiderschrank. Das Ganze lief so diskret ab, dass Massimo davon kaum etwas mitbekam. Auch dafür war er dankbar.
    Er merkte, dass seine Gedanken abgeschweift waren, versuchte sich zu konzentrieren, die Eindrücke des Horrors neu zu beleben. Es fiel ihm schwer. Irgendetwas in seinem Inneren weigerte sich.
    Hunger, dachte er, ich habe ja heute Abend überhaupt nichts gegessen.
    Er erhob sich, ging zum Kühlschrank. Jetzt erst begann sein linkes Bein zu schmerzen. Hoffentlich keine Blutvergiftung, ging ihm durch den Kopf. Wusste man, ob diese Bestien nicht Tollwut oder andere Krankheiten hatten? Er inspizierte den Kühlschrank, fand ein paar Scheiben Parma-Schinken, einen Rest Salami, ein Schüsselchen eingelegter Oliven. Im Brotfach des Küchenschranks war sogar noch ein halbes Weißbrot, wenn auch etwas hart.
    Weil jetzt auch sein Arm zu schmerzen begann, ließ er das Bier stehen und nahm die halbgefüllte Rotweinflasche, die seit Tagen auf der Anrichte stand. Rotwein desinfizierte den Körper und linderte Schmerzen, hatte er gelesen. Das brauchte er jetzt.
    Diese Typen, dachte er, diese dämlichen, arschigen Typen hatten bestimmt den jungen Motti auf dem Gewissen! Beweise dafür hatte er nicht. Aber ein Gefühl. Ein ganz sicheres, wie ihm schien.
    Aber warum? Warum hatten sie ihre Hunde auf ihn gehetzt?
    Sein Gefühl hob ratlos die Schultern und wisperte: „Keine Ahnung, Mayer!“

    *

    Als er erwachte, war es neun Uhr und der Fernseher lief. „Blöd-Werbung“, dachte er und klickte das um eine Milch-Schnitte von „Kinder-Schokolade“ versammelte Familien-Idyll weg. Nach dem Duschen besah er seine Wunden. Sie waren böser als er am Abend zuvor gedacht hatte. Sein linker Arm war nur verschrammt, aber sein linkes Bein sah aus, als wäre es durch einen Mähdrescher gegangen, zumindest einen kleinen. Es blutete nicht, aber die Risse waren ziemlich tief.
    Er rief Andrea an, seinen Arzt. Der war zwar seltsam,

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