Ciao Mayer
Hand schon unter ihrem kurzen Rock.
Sein Handy klingelte.
„Lass’ es!“ hauchte sie.
Aber Massimo konnte es nicht lassen. Wie sollte das gehen, wenn das Ding ununterbrochen klingelte. Er richtete sich etwas auf, angelte das nervige Gerät aus der Jackentasche und sagte, noch immer halb auf der Frau ohne Vornamen liegend, „Pronto“.
Die Antwort ließ ihn aufschnellen, mitten ins Zimmer springen, obwohl sein geschundenes Bein das nicht lustig fand, weg von der Couch. Es war sein Chef. Wo er sich herumtriebe? Was er eigentlich machte? Nie wäre er in der Redaktion, wenn man ihn suchte.
Er sei auf Recherche, antwortete Massimo. Schließlich wäre das Ganze doch seine, des Chefs Idee gewesen, und er bemühte sich nun nach Kräften, diese zu belegen. Ein kurzer Blick zur Couch machte ihn verlegen. Da lag sie immer noch, hin gegossen wie ein Engel, und sah ihn interessiert an.
Der Chef murmelte etwas Unverständliches, erklärte dann, es wäre ihm sowieso egal, wo Massimo sich herumtriebe, denn er müsste auch heute nicht schreiben. Das hatte er ihm nur rechtzeitig mitteilen wollen.
Massimo war ein paar Sekunden sprachlos.
„Aber wieso?“ stotterte er dann, „jetzt kommen doch nach und nach endlich handfeste, interessante Sachen zusammen...“
„So?“ bellte sein Chef, „welche denn?“
„Die Papiere, die ich besorgt habe, die alleine sind Stoff für einen brisanten Artikel.“
„Vergiss sie!“ sagte der Chef barsch, „so wie du dir das denkst, geht das nicht. Die kann man nicht so einfach in Umlauf setzen, das ist gesetzeswidrig...“
„Aber Chef“, unterbrach ihn Massimo, der nun nichts mehr verstand, „Sie selbst haben doch...“
Aber er kam nicht weiter.
„Ach was“, schnarrte sein Chef, hörbar ungehalten, „nichts habe ich! Für solche Storys brauchst du Beweise. Spekulationen von Hölzchen zu Stöckchen reichen da nicht. Das ist nicht der Stil unserer Zeitung. Klar? Und Mayer, vielleicht bist du morgen ausnahmsweise mal wieder in der Redaktion. Arbeit schadet nicht, auch dir nicht. Nicht immer nur Dolce Vita, Mayer.“
Er beendete das Gespräch.
Massimo starrte erst das Handy an, dann die Schönheit auf der Couch. Die hatte sich zwischenzeitlich wieder in eine züchtige Sitz-Position gebracht und strahlte ihn an: „Ärger?“
Sie hob ein Glas und winkte Massimo mit einer Handbewegung, zurück zu ihr zu kommen.
Doch der schüttelte den Kopf. „Es geht nicht“, sagte er, „ich muss weg!“
Sie erhob sich, kam auf ihn zu, küsste ihn und sagte: „Vielleicht ein andermal!“
Blödes, saublödes Handy, wütete Massimo im Stillen mit der Allzeit-Bereit-Technik, als er auf dem Parkplatz sein Moped bestieg. Scheiß-Technik! Scheiß-Chef!
Aber als er den AS Roma-Komplex ein paar hundert Meter hinter sich gelassen hatte, überlegte er, dass es vielleicht ganz gut so gekommen war. Elisabetta kam ihm ins Bewusstsein. Oh Mann, wenn die davon erfuhr! Dann fiel ihm, wieso auch immer, seine Mama ein - und dass er noch kein Geschenk für ihren Namenstag hatte.
„Los Mayer“, rief er laut, gab Gas und überholte zwei vor ihm kriechende Autos.
Nach ein paar Minuten war sein Rennfahrer-Elan wieder verflogen, und er zockelte im römischen Verkehr mit. Es ging ihm zuviel durch den Kopf. Die wunderschöne Presseziege! War die in ihn verliebt? So auf einmal, ganz plötzlich? Oder vielleicht war sie es ja schon länger und ihm war es nur nicht aufgefallen? Blödsinn. Beide Möglichkeiten verwarf Massimo. Allenfalls war sie scharf auf ein Abenteuer. Oder war alles kalte Berechnung, wollte sie ihn einwickeln, unter Einsatz ihres Super-Körpers?
Er kam zu keiner Lösung. Das Bild seines Chefs schob sich vor Blusenausschnitt und Rocksaum: Vollmondgesicht, rot, unter Glatze mit Haarkranz, grau, fleischige Finger an kurzen Armen, hochglanzpolierte Schuhe an kurzen Beinen, ewig besserwisserisch - aber im Grunde berechenbar. Was war jetzt in den gefahren? Wieso fand er die Abhörprotokolle plötzlich nicht mehr spannend? Was sollte das Gerede, es wäre „gesetzeswidrig“, Auszüge daraus zu verarbeiten? Klar war es gesetzeswidrig. Aber sie hatten es hundertmal gemacht. Der Chef immer vorneweg. „Ein Journalist darf nicht kleinlich sein“, war einer seiner Lieblingssprüche.
Auch da steckte etwas dahinter, soviel war Massimo klar, er wusste nur nicht was. Wusste er überhaupt irgendwas? War er der Trottel vom Dienst in dem Stück? Und wenn sein Chef mit dem Verleger geredet hatte? Der galt
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