Ciao Mayer
wehtut.“
Während Massimo sich anzog, setzte sich Andrea wieder hinter seinen Schreibtisch und stellte eine 45-Euro-Rechnung aus. Seine Behandlungen kosteten fast immer fünfundvierzig Euro. Dazu gab es meist ein Rezept, damit man erneuerte, was Andrea verbraucht hatte.
„Hier“, beendete der seine Schreibarbeiten, „deine Quittung und das Rezept. Du kannst mir das Tetanus-Zeug bei Gelegenheit vorbeibringen. Wenn ich nicht da bin, schmeiß es in den Briefkasten.“
Massimo nickte, zahlte die 45 Euro und gab Andrea die Hand. „Deine Theorien sind abartig, Andrea. Selbst wenn sie wissenschaftlich korrekt wären, was ich bezweifle, wären sie abartig. Aber danke für deine Hilfe.“
„Wofür?“ wehrte der lachend ab, „das ist mein Job, damit verdien’ ich mein Geld. Und, Massimo, wenn es Komplikationen gibt, ruf mich an! Egal um wie viel Uhr. Okay?“
*
Als Massimo das Restaurant „Fortunato“ am Pantheon betrat, auf die Minute pünktlich, saß Angelo Messiani schon an einem Tisch am Fenster.
Wenn in Rom einer ein tedesco war, dann Messiani, dachte Massimo. Pünktlich und überkorrekt war der schon gewesen, als sie gemeinsam bei der Studentenzeitung arbeiteten, völlig unrömisch. Dabei sah er, im Unterschied zu Massimo, aus wie ein Römer aus dem Bilderbuch: Er hatte lange schwarze, lockige Haare, trug eine schwarze Sonnenbrille zu jeder Tages- und Nachtzeit, einen dunklen Anzug und ein offenes weißes Hemd, aus dem kräftiges Brusthaar quoll. Gelegentlich war Massimo ein wenig neidisch auf den Fotografen, wegen seines Aussehens und wegen seines beruflichen Erfolges.
Angelo hatte sich auf Sport spezialisiert, mehrfach die Arbeitgeber gewechselt und war jetzt, als freier Fotograf, vorwiegend für eine berühmte Agentur aktiv. Die hatte meistens die besten Bilder, gleich zu welchem Thema, fand Massimo, aber sie war auch so kostspielig, dass seine Zeitung sie sich nie leistete. „Viel zu teuer“, befand sein Chef, als Massimo einmal danach fragte.
Viel zu teuer, fand Massimo das Restaurant, in dem er sich nun zu dem Star-Fotografen setzte. Der mochte es dagegen sehr, war mit dem Wirt befreundet und betonte jedes Mal, wenn er mit einem Freund im „Fortunato“ essen wollte, dass er die Rechnung übernähme.
Massimo war das etwas peinlich. Schließlich hatte er Angelo gebeten, ihn zu treffen. Er wollte doch von dem etwas erfahren! Aber Angelo hatte das Thema schon am Telefon knapp beendet: „Warum sollst du für meinen Spleen bluten, in überteuerten Restaurants zu essen?“
Sie bestellten - Mozarella di bufala, Spaghetti vongoli veraci, eine Spigola für Massimo; Mozarella, Spaghetti con pomodorini und gegrillter Thunfisch für Angelo.
Nachdem Wein und Wasser gebracht worden waren, nutzte Massimo die Gelegenheit, dem Sport-Fotografen eine Kostprobe vom lebensgefährlichen Job eines römischen Enthüllungs-Journalisten zu geben. Ein typisches Beispiel knallharter Recherche war das, als er in der Bar auf die brutalen kokain- und alkoholsüchtigen Killer stieß. Erst als die Hunde auf ihn gehetzt wurden, wich er zurück, trat aber, vom Motorino aus, links und rechts so beherzt gegen Hundeschnauzen, dass die riesigen Köter sich jaulend überschlugen und ihre Attacken schließlich verzagt abbrachen, so sehr ihre kriminellen Besitzer sie auch anstachelten. Natürlich war er heftig verletzt. Tiefe Risse an Armen und Beinen, aber warum zuviel Aufhebens davon machen? So sei der Job eben!
Angelo kommentierte die Geschichte mit „Oh“, „Ah“ und „Oh nein!“, stellte aber ansonsten keine Nachfragen, so dass Massimo schließlich nur sagen konnte: „Also, genug davon. So toll war es ja auch nicht!“
Er wechselte zum Fall Motti, zum Wettskandal und zu den Fragen, zu denen er Antworten suchte.
Angelo schien freilich nicht in der Stimmung, konkrete Antworten zu geben, so er sie denn hätte. Er philosophierte umständlich über die Missachtung, die ihm und seinen Kollegen ständig entgegenschlug.
„Ich glaube, die meisten Menschen halten uns Fotografen grundsätzlich für blöde. Oder, noch schlimmer, wir existieren gar nicht für die.“
„Wie kommst du darauf?“ fragte Massimo.
„Du, wir stehen vor denen, neben denen, hinter denen, und die unterhalten sich so ungeniert, als ob es uns gar nicht gäbe. Ich habe das hundertmal beobachtet. Den Kollegen, die Politiker fotografieren, geht es genauso. Die stehen, sagen wir, am Anfang einer Kabinettssitzung zwei Meter entfernt vom Premier und
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