Ciao Mayer
als Mann der Linken, trotz seiner Millionen. Ein führender Linker war auch Gennaro Gentile, der Name in den Mitschriften, den jemand mit einem Kreis hervorgehoben hatte. Wenn der Verleger und Gentile ganz dick miteinander waren...
Massimo stand vor einer roten Ampel und hörte einen Ton, der ihm vertraut vorkam. Leise, vom Geschnatter der Mopeds weitgehend überdeckt, aber gleichwohl durchdringend. Und ihm irgendwie bekannt. Oh verdammt, schon wieder das Handy! schoss es ihm durch den Kopf.
Die Ampel wurde grün, zwei Dutzend Motorini umkurvten ihn hupend und fluchend, Massimo aber kramte das Telefonino aus der Jackentasche. „Pronto.“
„Oh Mann, dass du auch mal rangehst!“
„Tschuldigung Gianni, das Moped ist so laut, man hört das Ding nicht. Was gibt's Neues?“
„Pass auf, das Zeug, das ich dir gestern gegeben habe, du hast doch nichts darüber geschrieben?“
„Nein, wieso?“
„Schmeiß’ es weg, verbuddel’ es, mach’ was du willst, aber erwähne es mit keinem Wort in deiner Zeitung! Klar?“
Nichts war Massimo klar. Er bat Gianni um dreißig Sekunden Geduld. Der Ärger der Auto- und Mopedfahrer, die er bei Rot wie bei Grün behinderte, nahm jetzt doch ungemütliche Ausmaße an. Die Schimpfwörter wurden drastischer, der Abstand mit dem sie an ihm vorüber fuhren kleiner.
Massimo bugsierte sein Gerät an den Straßenrand und schaltete die Zündung aus. „So, ich stand mitten auf der Straße, weißt du, jetzt ist es okay, nun erzähl'! Was ist passiert?“
Viel war passiert, aber Gianni erzählte es so sprunghaft, dass Massimo - wieder einmal! War das noch Zufall? - nur Bruchstücke und keine Zusammenhänge mitbekam. Die Politik hatte sich eingeschaltet und dem Staatsschutz die Hölle heiß gemacht. Irgendjemand, ganz Wichtigem, kam die Sache offenbar ungelegen. Der Staatsschutz hatte nun ein doppeltes Problem: Ärger mit der Politik und mit der Justiz, denn die Abhöraktion war nicht richterlich genehmigt - faktisch also illegal. So war am Nachmittag ein Staatsschutz-General mit Gefolge im Polizeipräsidium angerauscht, um die Protokolle einzusammeln. Der Polizeichef musste dem General versichern, dass keine internen Kopien gemacht worden waren. Der Kommissar musste dem Polizeichef dasselbe versichern. Und die Mitarbeiter des Kommissars mussten diesem versichern, dass sie die heimlichen Kopien, die sie auf seine Anordnung hin gemacht hatten, nicht heimlich noch einmal kopiert und diese womöglich gar weitergereicht hätten.
Jetzt sollte Massimo, wenn er das Ende von Giannis verworrenem Bericht recht verstand, dem ungefähr dasselbe versichern. Konnte er aber nicht. „Mein Chef hat die Protokolle eingesammelt“, sagte er.
Gianni stöhnte auf. „Wenn ihr die druckt, bin ich erledigt!“
„Der will die nicht drucken. Er sagt, das wäre illegal und so spannend wären sie auch nicht.“
„Ist das sicher?“
„Ich denke schon. Offenbar hat sich bei dem jemand mit Einfluss gemeldet.“
„Hoffen wir's.“ Gianni klang ein wenig erleichtert.
Das schien Massimo nun die passende Gelegenheit, nach Motti zu fragen. So passend war sie indes nicht, wie ihm die Antwort seines Polizeifreundes umgehend klarmachte.
„Sag mal, hast du sie noch alle? Hier geht es um meine Existenz. Und um noch viel mehr! Kapierst du das? Wenn die Sache rauskommt, gibt es einen Riesenskandal, die Folgen sind gar nicht abzusehen. Und du kommst mit deinem Scheiß-Motti-Fall! Wen interessiert denn der?“
„Mich“, warf Massimo ein. Doch ehe Gianni zu einem weiteren Ausbruch ansetzen konnte, schob er ein versöhnliches „aber ich kann dich verstehen“ nach. „Ich behalte die Sache im Auge, in der Redaktion. Und wegen Motti rufe ich dich morgen an. Oder besser noch, ich komme vorbei. Okay?“
„Ach Scheiße“, sagte Gianni und beendete das Gespräch.
Die Uhr auf Massimos Handy zeigte 18.30.
„Scheiße“, sagte nun auch er. Er hatte immer noch kein Geschenk für Mama.
Im Stadtteil Prati, wo er wohnte, bildeten lange Reihen von Verkaufsständen in einigen Straßen einen täglichen Krims-Krams- und Klamotten-Markt. Er hastete an Strumpfhosen und Pulloverbergen vorbei, an Miedern, Größe 58, und Tangas, Größe 36, an Krawatten in allen Farben und Räucherstäbchen, die ihre Umwelt mit Lavendel- und Patschuli-Wolken vernebelten. - Nur für seine Mutter fiel ihm nichts Passendes ins Auge.
Murano-Gläser, hatte ihm Elisabetta empfohlen. Die seien ziemlich billig, weil natürlich nicht echt, machten
Weitere Kostenlose Bücher