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Ciao Mayer

Ciao Mayer

Titel: Ciao Mayer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Jürgen Schlamp
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schon wieder erzählen. Schließlich war es wirklich keine Heldentat! Er war vor zwanzigjährigen Bengeln und deren Kötern ausgerissen, hatte schreckliche Angst gehabt und bei seiner Flucht bestimmt keine „bella figura“ gemacht. Aber es blieb ihm gar keine Wahl. Mama insistierte und vier weitere Augenpaare sahen ihn erwartungsvoll an.
    Er entwarf eine geschönte Variante, ließ die Bar und jeden Bezug auf seine Recherche weg, versetzte den Ort der Handlung in den Villa Borghese-Park, wo ihn beim Joggen vier Riesen-Köter ohne Leine und Maulkorb angefallen hatten. Da waren die aber an den Falschen geraten! Er hatte dem ersten vors Maul getreten, dem zweiten, der an ihm hochsprang, mit der Faust so kräftig auf den Schädel geschlagen, dass der aufjaulte. Die anderen beiden, dadurch offenbar verunsichert, hielten kurz inne. Das reichte, dass Massimo blitzschnell einen Ast, der zufällig am Rand des Weges lag, in die Hand nahm und nun damit auf die Bestien eindrosch. Schließlich gaben die auf und liefen jaulend und kläffend weg.
    Natürlich waren seine Hose und seine Jacke hin und natürlich hatte er Biß- und Kratzwunden an Armen und Beinen. Aber, wie gesagt, so schlimm war es nicht. Das hatte auch sein Arzt gesagt, bei dem er, zur Sicherheit, am Morgen vorbeigeschaut hatte.
    Wortlos, beinahe atemlos, hatten ihm alle zugehört. Jetzt brach ein lautes Palaver los. Massimo war darin der Held, die Hunde böse Teufel, deren Besitzer hinter Gitter gehörten. Man denke nur an das tragische Ende des jungen Motti im selben Park! Jede der Frauen hatte schon einmal Schreckliches mit einem Hund erlebt, sich zumindest erschrocken. Das wurde nun im Detail vorgetragen. Vom bissigen Dackel bis zum ewig kläffenden Yorkshire im Nachbarhaus.
    Aber dabei wurde das Wohlergehen Massimos – des „armen Jungen“ - nicht vergessen.
    Er ließ sich mehrfach vom Auberginenauflauf nachlegen. Sein Weinglas wurde von Rosa und Frau Trappani, die rechts und links von ihm saßen, ständig nachgefüllt, ohne dass seine Mutter auch nur die Augenbraue hob.
    Dann kamen köstliche Tagliatelle mit Steinpilzen auf den Tisch, gefolgt von zartestem Abbacchio. Eigentlich taten Massimo die kleinen Milchlämmer immer ein wenig leid. Sie wurden geschlachtet, ehe sie auch nur ein Hälmchen Gras gezupft hatten. Aber andererseits waren sie so verdammt lecker, dass er regelmäßig doppelte Portionen verschlang. An diesem Abend sogar eine kleine dritte.
    Als Dessert gab es Tiramisu, die Massimo ein wenig enttäuschte. Signora Rimini hatte die Creme leider nicht selbst gemacht und lange mit dem Schneebesen geschlagen, sondern gekauft. Ein Jammer. Er sagte natürlich nichts.
    „Du bist so still Massimo“, schien Tante Thalia plötzlich die unterschiedliche Teilhabe an dem munteren Geplauder aufzufallen, welches das Essen begleitet hatte. Während die Damen sich, nachdem die Hundethemen durch waren, engagiert über Preise und Pullover, glamouröse Filmstars und unehrliche Fischhändler ausließen, wobei fast durchweg alle fünf gleichzeitig redeten, hatte Massimo sich im Wesentlichen aufs Kauen und Schlucken beschränkt. Gelegentlich hatte er freundlich nach rechts und links gelächelt, ohne etwas zu sagen. Immer dann, wenn ihm von dort ein Nachschlag in fester oder flüssiger Form offeriert wurde. Er fühlte sich wohl dabei.
    „Ich?“ fragte er und schaute Tante Thalia irritiert an. „Wieso?“
    „Das ist das Erbe seines Vaters“, griff seine Mutter hilfreich ein, „da kann er nichts für. Deutsche reden einfach viel weniger als wir Italiener.“
    Tante Thalia und Großcousine Rosa nickten. Sie hatten Massimos Vater schließlich erlebt. „Dafür sind sie pünktlich und genau“, ergänzten sie.
    „Ja, das hört man immer wieder“, trug nun auch Signora Rimini zur Klärung bei. Obwohl weder sie, noch Signora Trappani, je einen Deutschen persönlich kennen gelernt hatten. Diese wich deshalb lieber ins Unverbindlich-Historische aus: „Immerhin waren wir Verbündete!“
    „Was heißt, ‚wir waren’, wir sind nach wie vor Verbündete“, funkelte Massimos Mutter sie an. Diese alte, und dazu schlecht ausgegangene Beziehung zum Volk, aus dem der Vater ihres Sohnes stammte, war ihr entschieden zu wenig. „Sind wir vielleicht nicht die zwei wichtigsten Nationen in der EU? Frankreich noch, gut, aber wir drei sind ja wohl das Herz Europas. Oder?“
    Kein Widerspruch.
    „Obwohl“, fuhr sie nachdenklich fort, „Europa ist auch nicht mehr das, was es mal

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