Ciao Mayer
Papier-Hundekacke-Klumpen anschließend angewidert in den Rinnstein.
Das brachte ihm missbilligende Kommentare eines vorbeieilenden älteren Paares ein, aber seine Hände waren immer noch schmierig. Mit denen konnte er keinesfalls die Wohnungsschlüssel aus der Hosentasche nesteln, um endlich sein Bad zu erreichen.
Er ging zur Straßenecke, wo die Müllcontainer standen. Daneben stapelte sich, wie üblich, allerlei Hausrat, den die Leute auf diese Weise illegal, aber erfolgreich, los wurden. Neben zwei zerstochenen Autoreifen und einem entkernten Kühlschrank-Torso fand sich genau das, was Massimo jetzt brauchte. Ein Sessel, dessen zerrissener Stoffbezug im Wind flatterte. Dankbar frottierte er seine Hände, bis eine bekannte Stimme an sein Ohr drang: „Massimo, was machst du da? Bist du übergeschnappt?“
Mama und Signora Rimini kamen vom Gottesdienst zurück. Beide sahen ihm zu, wie er seine Hände auf und in dem Sesselbezug hin- und herbewegte.
Es sah vermutlich albern aus, aber das war ihm scheißegal. „Schmutz“, sagte er, „Hundescheiße. Was zum Abwischen gesucht.“
Er drehte sich ruckartig herum, rief den Damen ein „schönen Sonntag noch“ zu, raste zur Haustür, schloss auf, nahm jeweils zwei Treppenstufen mit einem Schritt, riss sich in seiner Wohnung noch im Flur alle Kleider vom Leib, verschwand in der Dusche und blieb dort fast zwanzig Minuten. Anschließend hüllte er sich in Duftwolken von Rasierwasser und drei verschiedenen Herrenparfüms - alle drei waren Geschenke von Elisabetta - beschnüffelte seine Kleidung nach eventuellen Restgerüchen und tränkte auch diese, aus Sicherheitsgründen, mit denselben wohlriechenden Essenzen, die schon sein Körper aus jeder Pore verströmte. Olfaktorisch derart runderneuert, machte er sich auf den Weg zum Polizeipräsidium, zu Gianni.
*
Der verzog schon bei der Begrüßung die Nase und schnüffelte: „Wie riechst du denn? Du stinkst wie drei Nutten zusammen. Was hast du gemacht?“
Massimo berichtete von seinem Unglück, als Folge niederträchtigen Verhaltens unzivilisierter Hundehalter und deren unerzogenen Kötern.
Gianni heuchelte Mitleid, prustete dabei allerdings ständig vor Lachen. Als er sich halbwegs beruhigt hatte, öffnete er das Fenster – „entschuldige, aber du bist wirklich ein wandelnder Puff!“ - und bot Massimo eine Zigarette an. „Komm' wir produzieren einen Gegenduft!“
Massimo machte zwei tiefe Züge und sagte dann: „Sag' mal, bist du eigentlich inzwischen vierundzwanzig Stunden im Büro?“
„Ungefähr“, antwortete Gianni und blies seinen Zigarettenrauch Richtung Fenster. „Mein neuer Chef ist wirklich ein Wahnsinniger. Der will alles umkrempeln. Mit dem Schlendrian aufräumen, wie er sagt und Ordnung in diese Stadt bringen. Ich weiß nicht, wie lange er das durchhält. Aber solange muss ich mitziehen. Ich stehe jetzt zum zweiten Mal vor der Chance zur Beförderung, ich hab' dir doch davon erzählt, oder?“
Massimo schüttelte den Kopf. „Kein Wort.“
„Also, es gibt eine freie Kommissar-Stelle. Noch ist nicht klar, ob einer von außen kommt oder es einer von uns wird. Bei uns gibt es vier Kollegen mit den entsprechenden Bescheinigungen, Studium, Lehrgänge und so. Einer davon bin ich. So, und nun kommt natürlich alles auf die Bewertung meiner Oberen an. Verstehst du?“
„Dieselbe Situation wie vor einem Jahr: Ausgang ungewiss“, sagte Massimo.
„Ja, aber damals wurden mein Chef und der Polizeichef kurz vor der Entscheidung versetzt und ihre Bewertung zählte nicht mehr. Der Neue hatte seine Leute mitgebracht. Jetzt sind meine Chancen besser, glaube ich. Deshalb muss ich aber ackern wie ein Blöder.“
„Was sagt deine Frau dazu?“
„Na ja, die hat einerseits Verständnis dafür, sagt sie, und ist andererseits oft sauer, wenn ich wieder mal einen Kinoabend absage oder ein Essen bei Freunden.“
„Wir sollten mal wieder was gemeinsam machen. Elisabetta hat neulich erst gefragt, ob es euch überhaupt noch gibt.“
„Machen wir, machen wir. Ich hätte große Lust dazu und Silvana bestimmt genauso. Aber erst muss das hier über die Bühne gebracht werden. Es ist wichtig für mich, weißt du. Nicht nur wegen des Geldes, auch so.“
„Da wir schon beim Job sind“, wechselte Massimo das Thema, „sag mal, wie passt das eigentlich alles zusammen? Der tote Motti, der Wett-Skandal, die Abhör-Geschichte. Ich krieg' das nicht auf die Reihe.“
„Wieso fragst du nicht Deinen Chefredakteur?“
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