Ciao Mayer
war.“
Damit war der Damen-Ring frei zur nächsten Runde, in der sich alle wieder nach Herzenslust beteiligen konnten. Die Bürokraten in Brüssel und die Pleite von Griechenland, die egoistische Merkel und die Krise in Italien. Vor allem die Preise: Seit Einführung des Euro war alles doppelt so teuer geworden. Und die Zeche bezahlten die kleinen Leute, also sie.
Massimo beteiligte sich, wie zuvor, mit freundlichen Rundum-Blicken und labte sich am Grappa.
Als alle aufbrachen, und sich eine halbe Stunde lang mit Küsschen und Umarmungen im Hausflur verabschiedeten, raunte Mama ihm ins Ohr: „Ich bin sehr stolz auf dich, mein Sohn. Und pass' auf, dass du keine Blutvergiftung kriegst. Damit ist nicht zu spaßen!“
Massimo fühlte sich ein ganz kleines bisschen beduselt, als er die Treppe zu seiner Wohnung emporstieg. Er legte sich aufs Bett, machte den Fernseher an, sah auf die Uhr: Noch zwei Minuten bis zu den Spätnachrichten. Gut, die würde er noch ansehen. Schließlich war er auch Journalist, nicht nur Gourmet und Gourmant.
Erst weihte der Präsident ein Partisanen-Denkmal ein, danach erklärte der Premierminister, die Regierung könnte gegen die Benzinpreis-Erhöhungen der vergangenen Tage nichts tun. Dann sprang Massimo elektrisiert auf.
In Italien bahnte sich ein Abhörskandal noch unbekannten Ausmaßes an, erklärte der Sprecher. Offenbar wären die Telefongespräche von Politikern, Geschäftsleuten, Führungspersonen aus dem Sport und dem Showbusiness ohne richterliche Genehmigung über längere, noch nicht bekannte Zeiträume abgehört und mitgeschnitten worden. Vertreter verschiedener Oppositionsparteien mutmaßten, dass es aus diesem Personenkreis, ausweislich der Gesprächsmitschriften, Beziehungen zu mafiösen Kreisen gäbe, die womöglich Fußballspiele manipuliert und mit illegalen Wettgeschäften Millionen verdient hätten. Nicht auszuschließen wäre auch, dass der mysteriöse Tod des jungen römischen Fußballspielers Franco Motti damit in Verbindung stünde. Die Staatsanwaltschaft und die Polizeibehörden lehnten jeden Kommentar mit dem Hinweis auf laufende Ermittlungen ab. Die Regierungsparteien sprachen von Panikmache und unverantwortlichen Spekulationen unseriöser Journalisten, die man für vorsätzlich falsche Berichterstattung zur Rechenschaft ziehen sollte und womöglich auch ziehen würde.
Massimo schaltete den Fernseher aus, zündete sich eine Zigarette an, nahm das Handy aus der Jackentasche und wählte Elisabettas Nummer.
„Pronto“, meldete sich eine schläfrige Stimme nach einer Weile.
„Elisabetta, ich bin's. Du, da braut sich was zusammen und ich kapiere immer weniger. Hast du gerade die Spätnachrichten gesehen?“
„Nein Massimo. Ich habe geschlafen. Es ist ein Uhr.“
„Oh“, sagte er, „das wusste ich nicht. An die Uhrzeit hab' ich jetzt gar nicht gedacht. Entschuldigung. Ich ruf' dich morgen wieder an. Okay? Schlaf gut weiter, ich wünsch' dir goldene Träume.“
„Massimo?“
„Ja?“
„Du weißt, dass wir morgen Abend verabredet sind?“
„Aber natürlich“, sagte Massimo, „ich freu' mich riesig.“
„Und es kommt auch bestimmt nicht wieder etwas dazwischen?“
„Nein, bestimmt nicht. Morgen wird ein ganz ruhiger Tag. Sonntags passiert doch sowieso nichts.“
Massimo war einfach kein guter Prognostiker.
*
Er wachte kurz nach neun auf, nahm zwei Tabletten gegen seinen Kater, duschte, zog sich an und ging in die Bar. Frühstücken. Sein Kühlschrank war leer, Mama sonntagvormittags in der Kirche.
Er erwischte selbst um diese frühe Zeit kein gefülltes Creme-Hörnchen mehr. Aber es machte ihm nichts aus. Entweder war er krank, überlegte er, während er auf dem trockenen Cornetto kaute, oder er hatte am Abend zuvor zuviel gegessen. Selbst falls dies zutreffen sollte, beunruhigte ihn seine Appetitlosigkeit. Er trank einen zweiten Kaffee, zahlte, ging nach draußen und setzte sich auf einen der Stühle auf dem Gehsteig vor der Bar. Niemand, außer ihm, saß hier. So früh liefen in der Gegend kaum Touristen herum und Römer bezahlten nicht den doppelten Preis für einen Kaffee, um ihn im Freien trinken zu dürfen.
Er wählte auf dem Handy die Nummer von Roberto.
„Pronto.“
„Roberto? Massimo hier. Entschuldige, ich habe es gestern einfach nicht mehr geschafft, dich anzurufen. Hast du was, gibt es was Neues?“
„Ciao Massimo. Und ob, alle sind aus dem Häuschen. Hast du gestern Abend die Nachrichten
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