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Ciara

Ciara

Titel: Ciara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Rensmann
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von dem sich darbietenden Schauspiel: Ihre Lippen verschmolzen sichtbar miteinander und wurden zu einer einzigen roten Masse. Ihre Hände, die sie noch ineinander verschränkt hielten, verwandelten sich in eine gemeinsame elementare Einheit.
    Niemand hätte Paul und Ciara in diesem Moment, in dem sie miteinander verwuchsen wie siamesische Zwillinge, trennen können. Aber dann begann Paul, wie unter einem schweren Asthmaanfall zu röcheln. Ciara versuchte sich von ihm zu lösen, indem sie gegen seine Schultern drückte. Es gab ein unangenehm schmatzendes Geräusch, als Paul mit einem Ruck seine Hand aus der physischen Verbundenheit zog. Zusätzlich befreite er die andere Hand von der Decke. Wo nahm er die Kraft her? Hastig tastete er sich von Ciaras Armen hinauf zu den Schultern und ihrem Kopf und drückte sie fester an sich. Paul atmete laut und rhythmisch, als sei er in der letzten Phase der Ekstase. Als es zum Ende kam, verhallte sein Stöhnen und Schreien in Ciaras Rachenraum. Mike wollte wegschauen, aber er konnte nicht, er trat einen Schritt zurück und berührte die Wand.
    Ciara seufzte, als Pauls Hände an ihr hinabrutschten und sie ein letztes Mal streichelten. Ihre Lippen lösten sich voneinander. Paul sank in die Kissen zurück. Er wirkte, als schliefe er, doch sein Brustkorb blieb regungslos. Stattdessen litt nun Ciara unter Atemnot, sie keuchte, ihre Augen quollen aus den Höhlen, ihr Gesicht lief rot an. Mike eilte ihr zur Hilfe. Ciara krallte ihre Hände in den eigenen Hals. Sie weinte, versuchte mehrmals zu schlucken und würgte endlich das, was ihr im Hals stecken geblieben war, herunter. Eine Hitze strahlte von Ciara aus, die den Raum erwärmte. Sie erstarrte. Dann war es vorbei. Erschöpft sank sie Mike in die Arme.
    Doch es blieb weder Zeit für Erklärungen noch für Ruhepausen. Rufe auf dem Flur zwangen sie dazu, schnell zu handeln und den Ort zu verlassen – ohne Paul.
     
    So viele Bilder stürzten in Sekundenschnelle und ohne Vorwarnung auf Ciara ein. Fragmente aus Pauls Vergangenheit. Szenen seines Lebens, die er kurz vor seinem Ende noch einmal gesehen haben musste und die nun Ciara in sich trug, ebenso wie länger zurückliegende Erinnerungen und Erfahrungen.
    Als Ciara und Mike aus der Tür stürmten, stieß John einen Angreifer die Treppe hinunter und brachte einen weiteren mit einem kräftigen Kinnhaken zu Fall. Von einer Seite näherten sich zwei uniformierte Männer, einer zielte mit einer Pistole auf Mike, der andere steckte seine ins Halfter und steuerte auf Ciara zu.
    »Geh!«, schrie Ciara Mike zu.
    »Nein, ich …«, versuchte Mike ihr zu widersprechen, schien aber dann zu erkennen, dass sie ohne ihn besser dran war. Er drehte sich um und rannte – leicht humpelnd – hinter John die Treppe hinunter.
    Mit Schwung trat Ciara einen der beiden Angreifer mit dem rechten Fuß in den Magen. Während dieser zusammengekrümmt nach Luft rang, schlug sie dem zweiten Mann mit dem ausgestreckten Bein unter seinen Arm, sodass er die Waffe verlor. Flink kickte Ciara die Pistole durch das Geländergitter.
    Die Männer erholten sich rasch und attackierten Ciara nun gemeinsam, wobei sie sehr vorsichtig vorgingen. Offenbar hatten sie den Befehl erhalten, Ciara nicht zu verletzen. Sie selbst lebte ihre Wut, ihren Hass und ihre Trauer gnadenlos aus. Ohne ihre mentalen Fähigkeiten zu benutzen, prügelte, trat und schlug sie auf die Männer ein, bis einer von ihnen flehend auf dem Boden lag und der andere die Flucht ergriff.
    »Never!«, rief sie aus und spuckte auf den Boden, ihr Gesicht vor Wut zu einer Fratze verzogen. Am Ende des Flurs erspähte sie weitere Männer, zu viele, um sie allein zu besiegen, und flüchtete die Treppe hinab, auf Mike und John zu, die dort auf sie warteten. Im Vorbeirennen hörte sie, wie John sagte: »Sie ist ’ne coole Braut. Gehört sie zu dir?«
    »Nein. – Sie ist eine Nummer zu groß für mich.« Bitterkeit schwang in Mikes Stimme mit.
    »Raus hier. Los!«, schrie Ciara, drehte sich zu den Männern um und winkte ihnen, sich zu beeilen. Mike und John zögerten nicht länger.
    Sie jagten über den Rasen, zurück durch das Tor, den Weg hinunter, über den Strand und zum Hubschrauber. Schon von Weitem sahen sie einen Mann vor dem Helikopter stehen.
    »War nicht anders zu erwarten.« John schien sich auszukennen oder genügend Krimis gelesen zu haben.
    »Es ist nicht dieser Typ allein, oder?«, fragte Mike.
    »Woher soll ich …«, begann John zu antworten, doch

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