Ciara
Küchenschrank, stellte sich darauf und öffnete eine hochliegende Luke, zog eine Rolle Cellophanfolie heraus und hüpfte vom Stuhl herunter. Geschickt umwickelte sie den Gips mit der Folie.
Mit der rechten Hand stützte sich Mike an den Fliesen ab, senkte den Kopf auf die Brust und ließ das heiße Wasser auf seinen Körper hinunterprasseln. Ein schwarzes Tattoo wand sich von einem Bizeps über seinen Nacken zum anderen Oberarm. Die Schlange glänzte unter der Feuchtigkeit und schien sich behaglich zu räkeln. Als seine Haut sich allmählich rot verfärbte, griff Mike zu einer kleinen Flasche aus schwarz gefärbtem Glas, in der er Duschgel vermutete. Er zog den lilafarbenen Stöpsel vorsichtig ab und roch daran; das Bild einer Lavendelplantage stieg vor ihm auf. Ohne etwas von dem duftenden Gel zu nehmen, stellte er den Flakon wieder auf seinen Platz und wählte das Stück Seife, das daneben lag.
Nach über einer halben Stunde kehrte er in die Küche zurück. Er hatte sich die Haare zu einem Zopf zusammengebunden und den schmalen Bart abrasiert. Die Koteletten reichten fast bis zum unteren Kieferknochen. In einer Hand trug er das Ladegerät seines Handys, das er in eine der im gesamten Raum großzügig verteilten Steckdosen steckte und sein Telefon anschloss.
Als er sich zu Ciara an den Tisch setzte, auf dem zwei Tassen und eine mit Keksen gefüllte Schale standen, bemerkte sie: »Sieht gut aus«, und zeigte auf Mikes rasiertes Kinn. Kurz vorher musste sie Kaffee eingeschenkt haben. Heißer Dampf und ein angenehmer Geruch stiegen ihm in die Nase und weckten neue Lebensgeister.
»Hast du Zucker?«
Ciara wollte aufstehen, doch Mike beugte sie über den Tisch und hielt sie am Arm fest. »Sag mir nur, wo du ihn hast.«
Stumm zeigte sie auf den Schrank neben der Spülmaschine, woraufhin sich Mike erhob und die angelehnte Tür vollständig öffnete. Mit einem großen Satz hopste das Frettchen heraus und prallte gegen Mikes Brust, der vor Schreck nach hinten umzukippen drohte, das Gleichgewicht jedoch mit einem rudernden Arm zurückerlangte. Sein Herz hämmerte noch gegen die Brust, als er eine Tupperdose mit der Aufschrift Zucker herausnahm und an seinen Platz zurückkehrte.
Während er in seinem Kaffee rührte, um die süßen Kristalle darin zu verteilen, beobachtete er das Frettchen, das zufrieden an einem trockenen Keks knabberte.
»Ein komisches Exemplar. Wo hast du es her?«
»In der Nacht zu meinem Geburtstag hörte ich ein Quietschen und Scharren an der Tür. Als ich sie öffnete, huschte es hinein.«
»Und du hast nicht versucht, den Besitzer ausfindig zu machen?«
Bevor Ciara darauf antworten konnte, sagte Mike: »Okay, vergiss die Frage. Dafür war keine Zeit.«
Sie schwiegen eine Weile und beobachteten das Frettchen, das sich einen weiteren Keks klaute.
»Es fühlt sich auf jeden Fall wohl bei dir. Vielleicht war es seine Bestimmung, dich zu finden?«
Ciara rang sich ein Lächeln ab. »Hast du noch Schmerzen?«
»Kaum. Ein Wunderserum.«
»Du wirst es sicherlich später noch mal benötigen. Was ist mit deinem Fuß?«
»Mit meinem Fuß?«
»Ja, du humpelst! Nicht viel, aber doch auffällig.«
»Verstaucht, auch das wird heilen.«
»Ich kann dir einen Umschlag machen, wenn du willst. Das zieht die Entzündung raus.«
Mike suchte nach einer Ausrede, damit Ciara ihm nicht zu nahe kam, und war dankbar darüber, als sein Handy unerwartet klingelte. »Oh, sorry. Moment!«, sagte er, erhob sich, steuerte auf sein Mobiltelefon zu und nahm das Gespräch entgegen.
Er lauschte der Stimme seinen Chefs und spürte Wut in sich aufsteigen. »Aber das könnt ihr nicht machen. Verdammt, Stephan!«
Nach einer Pause fragte er: »Habt ihr seine Erlaubnis?«
»Nein, das ist auch in diesem Fall nicht nötig, Mike. Ich wollte dich nur davon in Kenntnis setzen, weil du so besorgt um Paul warst.«.
»Dann widersetzt ihr euch seinem Willen?«
»Paul hat eine seltene Erkrankung, die nicht nur geheilt, sondern auch weiter erforscht werden muss.«
»Verdammt noch mal, das ist – ach, lass mich doch in Ruhe!« Mike trennte die Verbindung. Seine Hand, die das Telefon umklammerte, zitterte. Wütend knallte er es auf den Tisch.
»Sie verlegen Paul gegen seinen Willen.«
»Sie verlegen ihn? Wohin?«
»Nach Amerika. Dort soll es eine Klinik geben, die auf eure verzweigten Chromosomen spezialisiert ist. Paul erwähnte es letztens, erinnerst du dich nicht mehr?«
Ciara schüttelte den Kopf.
»Ich habe es als
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