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Ciara

Ciara

Titel: Ciara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Rensmann
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den Rücken klopften und zum Abschluss links und rechts auf die Wangen küssten.
    »Ist sie das?«, raunte Body. »Sieht klasse aus.« Mike drehte sich zu Ciara um, sie stand noch am Wagen und schaute unsicher zu ihnen herüber. Er nickte ihr auffordernd zu. Zögernd kam sie näher. Ein Windstoß strich ihr das lange Haar aus dem Gesicht.
    Reihum machten sie sich per Handschlag bekannt: Cooky, der als Koch arbeitete und mit seinen ein Meter sechzig Körpergröße und der schmalen Statur neben Body, der den Namen seinem massigen Körperbau verdankte, wie ein Zwerg aussah. Zuletzt stellte sich Red vor, dessen feuerrot gefärbtes Haar als sein Markenzeichen galt.
    »Bill müsste gleich kommen, er bringt euch über die niederländische Grenze. Von da aus dürfte es kein Problem sein, unbemerkt einen Flug zu bekommen«, meinte Cooky.
    Wie auf ein Stichwort vernahmen sie das Brummen eines Dieselmotors. Sie drehten sich zu dem ankommenden Wagen um, einem silbergrauen Mercedes, der neben Pauls BMW zum Halten kam. Ein beinahe zwei Meter großer, schlanker Mann stieg aus. Die gerade Nase wirkte wie ein Strich in Bills hagerem Gesicht, sein hellblondes Haar trug er selten länger als zwei Millimeter. Mit der blauen Jeans, den Wildlederschuhen und einer dicken schwarzen Daunenjacke unterschied er sich vom Outfit her von seinen Kumpels, die allesamt schwarze Bikerklamotten aus Leder und mit farbigen Patchs versehene Kutten trugen.
    Bill beachtete Ciara nicht und trat an ihr vorbei auf Mike zu. »Mann, Doc, wie siehst du denn aus?«
    Mike zuckte mit den Achseln.
    Kopfschüttelnd betastete Bill Mikes eingegipsten Arm, strich über dessen glatt rasiertes Kinn, umarmte ihn brüderlich und begrüßte erst dann die anderen mit laut klatschendem Handschlag. Zum Schluss nickte er Ciara zu. »Und das ihretwegen?«
    Mike ignorierte die Bemerkung. »Du fährst uns rüber?«
    Bill nickte.
    »Wir sollten keine Zeit verlieren. Aber ihr solltet wissen, dass die Polizei uns beschattet.«
    »Na, darum mach dir mal keine Gedanken«, meinte Red und grinste.
    »Die Bullen? Na prima. Und du bist dir sicher, dass es das wert ist?«, fragte Bill.
    Mike schwieg, schaute Bill nur an, und dieser verstand.
    Sie verstauten das Gepäck im Kofferraum des Mercedes und setzten ihren Weg fort. Bill fuhr, Mike saß neben ihm auf dem Beifahrersitz und Ciara machte es sich auf dem Rücksitz gemütlich. Cooky, Red und Body begleiteten sie auf ihren Harleys, weniger als Eskorte, sondern um den Verfolgerwagen abzulenken. Über eine halbe Stunde kämpften sie sich durch den zähflüssigen, von Ampelphasen aufgestauten Verkehr, bis sie endlich die Autobahnauffahrt erreichten. Mit einem wohlwollenden Gefühl registrierte Mike, dass die drei Driving Snakes die Auffahrt versperrten, sich hupend verabschiedeten und nebenbei dem Zivilwagen der Polizei den Weg abschnitten. Mike winkte den Jungs durch die Heckscheibe und hoffte, bald wieder mit ihnen gemeinsam fahren zu können. Was machte er nur hier? Er musste verrückt sein. Bevor er sich wieder nach vorne wandte, sah er Ciaras Lächeln, sie schien entspannt und zuversichtlich zu sein, jetzt, wo sie erst mal die Polizei abgehängt hatten.
    Nachdem Bill den Wagen auf die mittlere Spur gelenkt hatte, erkundigte er sich nach Mikes Mutter.
    Mike schaute kurz zu Bill hinüber. Er schnaufte leise, bevor er antwortete: »Sie ist tot – glaube ich.«
    »So ein Mist. Wann ist sie gestorben?«
    »Gestern.«
    »Sie war ’ne tolle Frau. Warst du da?«
    »Ja, ich war bei ihr.«
    Sie schwiegen eine Weile, bevor Bill nachhakte: »Und wieso glaubst du dann nur, sie sei tot?«
    Mike drehte sich erneut zu Ciara. Ihre Blicke trafen sich. Sollte er erzählen, was im Zimmer seiner Mutter geschehen war? Was Ciara gesagt hatte? Und welche Schlüsse er daraus zog? Kaum merklich schüttelte Ciara den Kopf. Er schaute ihr in die Augen und erklärte: »Sie starb gestern, als ich da war. In einer Woche ist die Beerdigung. Sie lebt irgendwo weiter, vermutlich.« Erst jetzt drehte er sich wieder nach vorne, starrte aus der Windschutzscheibe auf einen gelben ehemaligen VW-Post-Bus, dessen Besitzer das mit Rostflecken übersäte Blech mit Aufklebern verschönert hatte. Unter den üblichen Aufrufen wie »Stoppt Tierversuche!« oder »Möge dein Gott mit dir sein!« entdeckte Mike ein schillerndes Klebebild und unwillkürlich lief ihm eine Gänsehaut über den Rücken.
     
    Nur wer über den Horizont hinausschaut, versteht auch das,
    was sich darunter

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