Cinderella auf Sylt - Bieling, E: Cinderella auf Sylt
damit!«
Tommy kicherte. »Ist das cool oder was?«
»Cool?« Cinderella griff nach dem Wasser spuckenden Santa Claus. »Entweder du hörst auf damit, oder er landet im Müll!«
»Der Weihnachtsmann?«, fragte Tommy empört.
»Ja! Inklusive seinem lustigen Wasserballon.«
Hannelore Michelson kam hinzu. »Na, da ist ja die Mutti.« Sie reichte Cinderella die Hand. »Erholsame Festtage wünsche ich Ihnen.«
»Danke.«
»Wie ich gehört habe, wird es ein Familienfest.«
»Ja … irgendwie schon«, erwiderte Cinderella lächelnd. »Und das erste auf Sylt.«
»Na, dann hoffe ich doch, dass es Ihre Erwartungen übertrifft.« Hannelore Michelson beugte sich herab und rückte Tommys Mütze gerade. »Und dir wünsche ich ganz viele Geschenke vom Weihnachtsmann.«
Wind war aufgekommen und peitschte mit aller Härte über den menschenleeren Weg, der nach Hause führte. Noch einige Meter, dann waren sie daheim. Cinderella zog ihre Mütze über die Augenbrauen und trat stärker in die Pedalen. Tommy umklammerte die Lenkstange. »Hat Moritz einen richtig großen Baum gekauft?«
»Weiß nicht«, sagte Cinderella mit fröstelnder Stimme. »Wir werden es gleich wissen.«
»Ich will eine Nordmanntanne, so wie Tante Jule immer hat.«
Jule! Die habe ich völlig vergessen.
Cinderella bremste, stieg ab und hob Tommy vom Rad. »Da vorne! Da wohnen wir!«, beschwerte er sich.
»Du wirst doch wohl die paar Schritte laufen können«, erwiderte sie mit dem Handy am Ohr.
»Wer stört?«, meldete sich Jule.
»Ich, Cinderella.«
»Cinderella? Hm, kenne ich nicht! Oder ist das etwa die …«
»Ja, ja! Spar dir den Kommentar. Ich bekenne mich schuldig.«
Jule lachte. »Schuldig im Sinne der Anklage. Die Reue der hier zu Verurteilenden wird dem Strafmaß angerechnet und auf eine Woche Gastgeberschaft gemindert.«
»Du kommst? Wann?«, jubelte Cinderella.
»Weiß noch nicht genau. Irgendwann Anfang nächsten Jahres.«
»Das ist ja super! Wir könnten Tarot-Karten legen, oderdu bringst das alte verstaubte Hexenbrett mit. Genauso wie früher!«
»Nun wart doch erstmal ab. Noch bin ich nicht da.«
Tommy quetschte sich zwischen Rad und Cinderella. »Mama! Der Baum!«
»Ja! Sofort.« Cinderella schob das Fahrrad ins Haus.
»Höre ich da ein nörgelndes Kind?«, fragte Jule.
»Ja, er will endlich den Weihnachtsbaum schmücken.«
»Habt ihr das etwa noch nicht?«
»Nein! Die Zeit war zu knapp. Zu viel Arbeit halt. Aber Moritz hat einen gekauft.«
»Moritz, der Ersatz-Papa?«
»Ja! Und nein!«
»Hä?«
»Moment, Jule. Ich muss das Fahrrad schnell in den Keller bringen.« Cinderella drückte Tommy das Handy in die Hand. »Lass es ja nicht fallen«, mahnte sie ihn zur Vorsicht.
Oben ging eine Tür auf. »Tommy? Cinderella?«, rief Moritz die Treppe herab. »Wo bleibt ihr?«
»Schon unterwegs«, erwiderte Cinderella, immer noch das Handy am Ohr.
»War er das?«, fragte Jule.
»Ja.«
»Wenn er so gut aussieht, wie er klingt …«
»Besser!«, kicherte Cinderella zurück.
»Jetzt hast du mich aber neugierig gemacht.«
Tommy rannte die letzten Stufen hinauf. »Wo ist er?«, rief er Moritz zu.
Moritz grinste. »Na, wo schon? Auf dem Tisch. Aber auspacken soll ihn die Mama.«
Auf dem Tisch?
Cinderella stutzte.
Er hat den Tannenbaum auf den Tisch gelegt?
»Bist du noch dran?«, fragte Jule.
»Ja! Nur gerade etwas geistesabwesend.«
»Wegen dem Baum oder dem Mann?«
»Beides! Moment, ich soll den Baum auspacken.«
»Er hat ihn verpackt? Etwa in Geschenkpapier?«, machte sich Jule lustig.
»Weiß nicht.« Cinderella befreite sich einhändig von ihrer Jacke.
»Mit wem telefonierst du?«, fragte Moritz.
»Mit Tante Jule«, verriet Tommy. Er rannte ins Wohnzimmer. »Da ist kein Baum, Mama!«
Cinderella folgte ihm, immer noch ihre Mütze tief ins Gesicht gezogen.
Tatsächlich!
Sie drehte sich zu Moritz. »Wo ist er?«
»Auf dem Tisch! Sagte ich doch!«
»Und?«, rief Jule. »Wie ist der Baum?«
»Moment noch.« Cinderella tippte auf ein verschnürtes Päckchen, das auf dem Tisch stand. »Ist er das?«
Moritz nickte. »Ja! Pack ihn aus.«
Cinderella presste das Handy zwischen Schulter und Ohr und zerriss das Papier. »Das ist ein Weihnachtsbogen oder so«, stammelte sie enttäuscht vor sich hin. Tommy starrte auf das fünfundzwanzig Zentimeter hohe Holzgestell, an dem ein grüner Kranz mit vier Kerzen hing. »Guck mal, Mama, die Bremer Stadtmusikanten.« Er zeigte auf kleine Tiere, die zwischen den
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