Cinderella kehrt zurück
Neuland, also war es naheliegend, dass er die Aufgabe übernimmt.“
Eden nickte bloß.
Dann schwiegen beide. „Tja, ich bin seit eben erst im Dienst und müsste eigentlich mal draußen nach dem Rechten sehen …“, sagte Luke in die Stille hinein.
„Kein Problem, meinetwegen brauchst du nicht hier zu warten.“
„Cam kommt bestimmt gleich. Er hat gerade Feierabend und muss nur noch schnell ein paar Dinge erledigen. Setz dich doch so lange an seinen Schreibtisch, er steht gegenüber von meinem.“
Wieder nickte Eden, sie blieb aber stehen. Ihr war völlig klar, dass Cam Pratt sie absichtlich warten ließ. Schließlich war sie bloß ein unscheinbares kleines Mauerblümchen, während ihm die Frauen wahrscheinlich immer noch hinterherliefen. Alle Mitschülerinnen hatten damals von ihm geschwärmt – alle, außer Eden. Da hatte er es natürlich nicht nötig, auf Abruf für sie verfügbar zu sein.
Stopp! Eden unterbrach ihre Gedanken, die mit ihr durchzugehen drohten. Sie kamen ihr erschreckend bekannt vor: Vor vierzehn Jahren hätte sie genauso reagiert.
Aber inzwischen hatte sie sich weiterentwickelt …
„Alles in Ordnung? Du bist auf einmal so rot im Gesicht“, bemerkte Luke Walker. Er stand immer noch neben ihr im Büro.
Sie berührte ihre Wange, die sich tatsächlich ziemlich heiß anfühlte. „Na ja, es ist ganz schön warm hier drin. Ich ziehe mir mal lieber die Jacke aus.“
„Ja, und setz dich doch, bitte“, beharrte er.
Eden streifte sich den Kamelhaarmantel ab und legte ihn über einen Stuhl. „Ich komme schon zurecht, du kannst jetzt ruhig auf Streife gehen. Immerhin bin ich nicht zum ersten Mal auf einer Polizeiwache.“
Luke ging zur Garderobe, ließ Eden dabei aber trotzdem nicht aus den Augen.
Wirke ich denn so hilfebedürftig, fragte sie sich. Na, hoffentlich nicht!
Unglaublich: Kaum war der Name Cam Pratt gefallen, schon fühlte sie sich in ihre Zeit an der Highschool zurückversetzt. Auf einmal war sie wieder die Streberin mit Brille, Zahnspange und rotem Kraushaar, die zwar geistig durchaus mit ihren Klassenkameraden mithalten konnte, in ihrer sonstigen Entwicklung jedoch deutlich hinterherhinkte. Immer wieder hatten sich die anderen über sie lustig gemacht … und dann hatte sie sich plötzlich mit dem großen Highschoolhel den höchstpersönlich auseinandersetzen müssen. Unter vier Augen.
Auf ihr damaliges Verhalten war sie überhaupt nicht stolz. Wenn sie daran dachte, hatte sie das Gefühl, vor Scham im Boden versinken zu müssen.
„Ich verschwinde mal kurz“, sagte sie plötzlich zu Luke, der sie nicht aus den Augen gelassen hatte. Jetzt musste sie sich erst einmal fangen.
„Die Damentoilette ist am anderen Ende des Ganges.“ Mit dem Daumen wies er in eine Richtung.
„Vielen Dank. Und schön, dich wiederzusehen“, fügte sie hinzu und folgte seiner Wegbeschreibung – in der Hoffnung, dass er sie jetzt allein lassen würde.
„Gleichfalls“, rief Luke ihr hinterher.
Cam Pratt, dachte Eden, als sie die Toilettentür hinter sich schloss. Warum muss ich ausgerechnet mit ihm zusammenarbeiten?
Das war also ihre Strafe. Sie hatte sich ihm gegenüber damals so unmöglich aufgeführt, dass ihr die Sache bis heute schrecklich peinlich war.
Aber vielleicht hat er das alles längst vergessen, versuchte sie sich zu beruhigen. Vielleicht hat er das einfach so weggesteckt. Es kam ja bloß von mir, und ich bin nie jemandem aufgefallen …
Wahrscheinlich erinnerte er sich inzwischen gar nicht mehr an sie! Erst recht nicht an etwas, das sie ihm vor vierzehn Jahren gesagt hatte. Und mittlerweile sahen die Dinge auch ganz anders aus. Vor allem sah sie selbst anders aus. Um sich das noch einmal vor Augen zu führen, ging sie zu dem einzigen Waschbecken und schaute in den Spiegel darüber.
Die Eden Perry von heute war kein unscheinbares Mauerblümchen mehr.
Ihre Zähne waren jetzt gerade, die Zahnspange war verschwunden – ebenso wie die dicke Brille. Die hatte sie schon vor zehn Jahren gegen Kontaktlinsen getauscht, und inzwi schen hatte eine Laseroperation auch diese Sehhilfe überflüssig gemacht. Ihre hellblauen Augen waren nur noch von dichten, schwarz getuschten Wimpern umrahmt.
Ihre Haut war mittlerweile makellos und glatt, auf die Wangen hatte sie etwas Rouge aufgetragen. Früher hatten ihre Arme und Beine viel zu lang für ihren restlichen Körper gewirkt, jetzt stimmten die Proportionen. Inzwischen bestand auch gar kein Zweifel mehr an ihrer Weiblichkeit: Ihr
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