Cinderella kehrt zurück
demnächst ein Atelier einrichten wollte. Sie wusste aber nicht, ob das bei Cam genauso war und ob er das Apartment vielleicht vermietet hatte.
Eden blieb einfach stehen und beobachtete weiter das große rechteckige Fenster, an dem keinerlei Sichtschutz angebracht war, und wartete. Lange musste sie sich nicht gedulden: Kurze Zeit später entdeckte sie Cam Pratt, der gerade durch den Raum ging. Er stellte sich an eine Stange, die quer in einem Durchgang befestigt war. In ihrer eigenen kleinen Garagenwohnung lag dahinter ein Badezimmer.
Er hatte ihr gerade den Rücken zugewandt, hob die muskulösen Arme und umfasste die Reckstange mit seinen großen Händen.
Langsam zog er sich an der Stange hoch und machte hintereinander mehrere Klimmzüge. Dabei hatte sie jedes Mal seine Taille und seinen Po im Blickfeld.
Cam trug ein schlichtes weißes T-Shirt, das inzwischen ziemlich durchgeschwitzt war. Es klebte an seinen breiten muskulösen Schultern und seinem kräftigen Rücken, darunter zeichnete sich seine schmale Taille ab. Bei jedem Klimmzug schwoll seine Armmuskulatur an.
Eden wusste, dass man bei der Polizei angehalten wurde, ständig im Training zu bleiben, und Cam Pratt nahm das offenbar sehr ernst: Er war in Topform, das ließ sich nicht über sehen. Ihr Pulsschlag beschleunigte sich.
Mit jedem Klimmzug bewegte sich sein Rücken hoch und runter und Eden sah wie gebannt zu. Er hatte wirklich Ausdauer, das musste man ihm lassen.
Ja, er hatte Ausdauer und Kraft und dazu einen beeindruckenden Körper, der eine unerklärliche Anziehungskraft auf sie ausübte. Sie wollte ihn berühren und dabei herausfinden, ob sich seine Muskeln wirklich so hart und unnachgiebig anfühlten, wie sie aussahen.
Aber eigentlich spielt das gar keine Rolle, sagte sie sich.
Egal, wie umwerfend er aussah. Es gab zwei Gründe, die aus ihrer Sicht gegen ihn sprachen: Zum einen hatte er sich ihr gegenüber heute unmöglich benommen – weil er ihr immer noch diese alte Sache nachtrug, die sie am liebsten vergessen wollte. Zum anderen war er bei der Polizei. Und Polizisten waren für sie absolut tabu – wie überhaupt alles, was irgendwie mit Verbrecherjagd und Kriminellen zu tun hatte.
Wenn sie mit der Bildbearbeitung hier fertig war, würde sie nie mehr in diesem Metier arbeiten. Dann wäre Eden endgültig damit durch.
Trotzdem konnte sie nicht aufhören, Cam bei seinen Übungen zuzusehen. Die Suppe hatte sie darüber völlig vergessen. Eine Hitzewelle durchlief ihren Körper …
Er ist bei der Polizei, redete sie sich ins Gewissen. Und du weißt genau, was das bedeutet. Außerdem ist er ein Mistkerl.
Ja, ein Mistkerl mit einem unglaublich männlichen Körper …
Gut, drei Klimmzüge sehe ich mir noch an, aber dann höre ich auf, sagte sie sich.
Drei. Vier.
Fünf.
Sechs.
Acht.
Zehn …
Als Cam mit den Übungen aufgehört hatte, schaute sie immer noch fasziniert zu ihm hinüber. Selbst als er gar nicht mehr in ihrer Sichtweite war, konnte sie den Blick nicht lösen. Noch einige Minuten danach fixierte sie das Fenster und wagte dabei kaum zu atmen.
Bis ihr bewusst wurde, was sie da eigentlich tat.
Ich bin einfach nur müde, sagte sie sich. Da starrt man schon mal sinnlos durch die Gegend. Mit Cam Pratt und seinen Klimmzügen hat das überhaupt nichts zu tun. Ich muss unbedingt etwas Schlaf nachholen, dann benehme ich mich auch wieder normal.
Endlich erinnerte sie sich an das, was sie eigentlich hatte tun wollen, und füllte den Suppenbehälter mit Wasser. Danach sah sie wieder aus dem Fenster: Cam ging gerade in sein Haus zurück, er trug jetzt eine rote Jogginghose und eine weiße Kapuzenjacke.
Als er plötzlich den Kopf hob und in ihre Richtung sah, fuhr sie blitzschnell zurück. Das fehlte ihr gerade noch: dass er sie dabei erwischte, wie sie ihm von ihrem Küchenfenster aus hinterhergaffte!
Schnell stellte sie ihre Suppe in die Mikrowelle, programmierte eine Zeit ein, drückte den Startknopf und stand auf einmal im Dunkeln.
Sie seufzte und beugte sich wieder zum Fenster über der Spüle, um nachzuschauen, ob draußen auch alle Lichter ausgegangen waren. Dem war aber nicht so: In der schmalen Gasse hinter ihrer Garage brannten immer noch die Straßenlaternen. Es hatte demnach keinen allgemeinen Stromausfall in ihrer Gegend gegeben, sie hatte bloß ihre eigenen Leitungen überlastet.
Eigentlich war das ja vorhersehbar gewesen: Sie hatte alle Lichter im Haus brennen lassen, die Stereoanlage eingeschaltet, das Bügeleisen
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