Cinderella und der Wüstenprinz (Julia) (German Edition)
intensiven und sehr intimen Erinnerungen abgeklungen waren, blieb ein Paar übrig, das nichts geklärt hatte, sich misstrauisch beäugte und darauf wartete, dass der andere den ersten Schritt tat.
„Du hast den Wunsch geäußert, zurück nach England zu gehen“, platzte Hassan mitten in ihre Gedanken. Wie er es sagte, hörte es sich fast nach einem Vorwurf an. „Hast du noch einmal darüber nachgedacht?“
Während der aufregenden Tage nach Rihanas Geburt hatte es keinen Raum für Ellas Zweifel und Ängste gegeben, doch Hassans scharfer Ton brachte sie schlagartig zurück. Sie musste endlich eine Entscheidung treffen.
Ihre Blicke trafen sich über das dunkle Köpfchen ihrer kleinen Tochter hinweg, die hingebungsvoll an der Brust ihrer Mutter saugte.
Lag da nicht noch ein anderer Ausdruck als unverkennbarer väterlicher Stolz in den schwarzen Augen ihres Mannes? Ella wollte nicht schon wieder den Fehler machen, sich an falsche Hoffnungen zu klammern, dennoch …
Dabei war jeder unsinnige Hoffnungsfunke bereits wieder erloschen, als sie in den Palast zurückkehrten, wo sich Hassan sofort wieder auf das stürzte, was er am besten konnte: rund um die Uhr beschäftigt und für Ella unerreichbar zu sein. Sie selbst fühlte sich als Mutter noch genauso deplatziert wie zuvor als schwangere Sheikha . Und daran würde sich nichts ändern, solange sie bei Hassan war.
Bedrückt versuchte Ella, sich auf die Gegenwart zu konzentrieren. Täuschte sie sich, oder hörte es sich wirklich so an, als könnte Hassan sie plötzlich nicht schnell genug loswerden?
„Ich dachte, ich warte noch …“
„Worauf, Ella?“, unterbrach er sie rau. „Dass meine Bindung an Rihana noch intensiver wird, bis ich es gar nicht mehr ertragen kann, dass du sie mir nimmst?“
„Du willst also, dass ich gehe …“
Er erstarrte. Warum musste sie das Messer in der Wunde umdrehen und alles noch schmerzhafter machen, als es ohnehin schon war? Aber durfte er sie wirklich deshalb tadeln?
„Ich sehe keine Alternative. Sicher kannst du es kaum erwarten, den Mann loszuwerden, der dich gezwungen hat, deine Heimat zu verlassen. Einen Mann, der weder Herz noch Gefühl hat!“, klagte er sich selbst an. „Weißt du, ich betrachte mich durch deine Augen … und das Bild gefällt mir ebenso wenig wie dir.“
Irritiert schüttelte Ella den Kopf. „Wovon redest du überhaupt?“
„Das Porträt! Ich komme gerade aus deinem Atelier, wo ich mir in Ruhe den Mann angesehen habe, den du gemalt hast. Sein verwüstetes Gesicht …“
„Hassan …“
„Kennst du die Geschichte, in der ein Mann um den Preis ewiger Jugend einen Pakt mit dem Teufel schließt? Und dessen krankes Seelenleben sich danach in einem Porträt manifestiert, das er vor sich und der Welt versteckt?“
„Das Bildnis des Dorian Gray“ , flüsterte Ella.
„Und genau diese Dunkelheit hast du in meinem Porträt auf die Leinwand gebannt, nur dass ich keine ewige Jugend zum Ausgleich erlange!“, schloss Hassan bitter und dachte im gleichen Moment, dass das gar nicht der Wahrheit entsprach.
War nicht jeder Mann, der das Glück hatte, ein Kind zu zeugen, mit dem Geschenk ewiger Jugend gesegnet? Nur dass ihm das tägliche Wunder der Entwicklung seiner kleinen Tochter versagt bleiben würde.
Ella hatte ihren Mann keine Sekunde aus den Augen gelassen. „Was versuchst du mir zu sagen, Hassan?“, fragte sie eindringlich.
Und plötzlich wusste er, dass er es ihr gestehen musste. Dass Ella das Recht hatte zu erfahren, wie weit er gegangen war, um zu bekommen, was er unbedingt haben wollte. Und das würde das Ende ihrer Ehe bedeuten.
„Weißt du, warum ich dich hier haben wollte, nachdem ich von der Schwangerschaft erfahren habe?“
Ella dachte an ihre Naivität und Schwäche zu dieser Zeit und das böse Erwachen, als ihr zu spät dämmerte, dass Hassan ganz sicher nicht aus reinem Altruismus gehandelt hatte. „Du wolltest mich unter deine Kontrolle bringen.“
„Das ist richtig, aber noch nicht alles“, gestand er heiser. „Da ich dich zu der Zeit noch für ein partysüchtiges It-Girl hielt, war ich überzeugt, du würdest das Leben hier hassen und wieder frei sein wollen, was auch meinem Wunsch entsprach.“
Ella sah einen Muskel auf seiner dunklen Wange zucken und einen seltsamen Ausdruck in den schwarzen Augen. Zum ersten Mal wirkten sie nicht leer und tot. Stattdessen brannten sie voller Selbstanklage und Schmerz. Noch schlimmer als an dem Tag, als er ihr von seiner Mutter
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