Cinderella undercover
trösten.
Paps nahm mir die Mappe ab und brachte sie in mein Zimmer. Dann schenkte er mir ein Glas Saft ein, während ich mir eines von Mamas Kissen an die Brust drückte. »Cynni-Maus, was ist denn passiert?«, fragte er, setzte sich neben mich und streichelte meinen Arm. Stockend begann ich zu berichten. Doch dann sprudelte alles wie ein Wasserfall aus mir heraus. Als ich fertig war, sagte Paps eine ganze Weile gar nichts und dann platzte er heraus: »Aber das ist doch toll!«
»Was soll denn daran toll sein?«, schniefte ich voller Selbstmitleid und erwog kurz, die HBFK in die Luft zu sprengen. Die wollten Eigensinn und Widerspenstigkeit?
Bitte, das konnten sie haben!
»Im Grunde hat dieser Mann doch genau dasselbe gesagt wie deine Mutter früher: Es steckt ganz, ganz viel in dir, du musst dich nur trauen, es herauszulassen.«
So hatte ich das Ganze noch nicht betrachtet.
Vielleicht sah ich es doch ein bisschen zu negativ?
Und als wäre Mama mit uns im Raum, wurde ich auf einmal ganz ruhig und der Kummer löste sich nach und nach in Luft auf.
Stattdessen bekam ich mit einem Mal Hunger.
»Wow, du hast Topfenpalatschinken gemacht«, sagte ich schließlich. Augenblicklich lief mir das Wasser im Mund zusammen, als mir der Duft von Gebackenem und Rosinen in die Nase stieg. »Und ich habe es diesmal nicht vergurkt. Für unseren Abschiedsabend sollte schließlich alles perfekt sein«, antwortete Paps lächelnd und legte mir einen mit schaumiger Zitronencreme gefüllten Pfannkuchen auf den Teller. »Er ist nur leider ein bisschen kalt geworden. Aber ich kann ihn gern noch mal in den Ofen schieben.«
»Kommt nicht infrage!«, protestierte ich und stürzte mich auf den Pfannkuchen, als hätte ich seit drei Wochen nichts zu essen bekommen.
Erst nachdem ich noch zwei weitere verspeist hatte, wurde mir klar, dass Paps ja ab morgen für zehn Tage in China sein würde…
5.
»Passen Sie auf oder was glauben Sie, warum hier Vorsicht Glas! draufsteht?«, zickte Stephanie Wolters den Mitarbeiter der Firma Huckepack an, der aussah, als würde er jeden Moment ausrasten. Paps beschränkte sich darauf, unseren Umzug in das noble Stadthaus an der Fleetinsel zu »überwachen«. Er hatte sich neben dem 7,5-Tonner positioniert und erteilte Kommandos, die von Stephanie gleich wieder über den Haufen geworfen wurden.
Kristen, Felicia und ich waren oben in der Wohnung und verteilten die leichteren Kartons in die jeweiligen Zimmer. Das heißt, eigentlich verteilte eher ich die Kisten, nachdem sich zuerst Kristen den Finger eingeklemmt hatte und danach Felicia eingefallen war, dass sie gerade jetzt dringend für drei Stunden im Sportgeschäft gebraucht wurde, in dem sie gelegentlich jobbte.
Irgendwann wurde es mir zu blöd, als Einzige zu schuften, und beschloss, mir auch mal eine Auszeit zu nehmen.
Also ging ich in mein neues Zimmer und guckte aus dem Fenster: Rechts lagen das Nobelhotel Steigenberger und dahinter der Rödingsmarkt, mir gegenüber der Fleethof und links der Alsterlauf, den man über eine kleine Brücke überqueren konnte. Die Aussicht war immerhin ein kleines Trostpflaster in diesem ganzen emotionalen Chaos.
»Na, begutachtest du deinen neuen Stadtteil?«, ertönte auf einmal Paules Stimme neben meinem Ohr. Ich war anscheinend so in Gedanken vertieft gewesen, dass ich sie gar nicht hatte kommen hören. »Tut mir leid, dass ich so spät bin, aber ich musste noch auf Luca aufpassen.« Luca war Paules sechsjähriger Bruder. »Schon okay, du hast nicht groß was verpasst«, antwortete ich und umarmte sie.
Ich war wirklich froh, sie zu sehen, denn dieser Tag hatte es echt in sich – in jeder Beziehung!
Pauline sah sich neugierig in meinem Zimmer um.
Natürlich gab es außer dem dunklen Fischgrätparkett, hohen Decken mit Stuckleiste und der sensationellen Aussicht noch nicht viel zu sehen.
»Das nenne ich mal schick«, sagte sie und pfiff anerkennend. »Würdest du mir bitte auch noch eine Führung durch den Rest dieses Palazzos geben?«
Ich antwortete: »Aber klar«, und zeigte ihr alles, was es auf den 250 qm zu sehen gab.
»Gut, dass ihr zwei Bäder und eine Gästetoilette habt, sonst wäre Dauerstress vorprogrammiert«, sagte Paule nach der Besichtigung und zog ihre Nase kraus. »Aber sag mal: Hat es einen bestimmten Grund, dass ausgerechnet du das kleinste Zimmer bekommen hast? In der Kammer hast du doch kaum Platz für deine ganzen Malsachen oder gibt es hier noch eine Geheimtür, von der ich nichts
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