Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Cinderella undercover

Cinderella undercover

Titel: Cinderella undercover Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Engelmann
Vom Netzwerk:
darüber ein schlichtes petrolfarbenes T-Shirt und Turnschuhe.
    Meine Haare hatte ich zu Zöpfen geflochten, damit sie mir nicht ins Gesicht hingen. Das einzige optische Highlight war der Lippenstift von Paule.
    »Cynthia Aschenbrenner«, rief die Sekretärin nach zwei Stunden Wartezeit und streckte auf der Suche nach mir ihren Kopf durch die Tür.
    Ich schrak zusammen, ließ meine Mappe fallen und betrat schließlich mit hochrotem Kopf das Zimmer von Professor Waldemar B. Rohrbach. Der sah komplett anders aus, als ich ihn mir vorgestellt hatte: Anstatt eines älteren, ergrauten Herren mit Bart saß vor mir ein gut aussehender Typ Mitte vierzig und einem breiten Lächeln im Gesicht.
    Er dirigierte mich zu einem langen Holztisch und bat mich, meine Arbeiten darauf auszulegen. Ich begann mit meinem Glücksbringer, einer hochwertigen Farbkopie meines Engelbilds. Erst danach nahm ich alle anderen Zeichnungen und Collagen, die ich im Laufe der letzten zwei Jahre gemacht hatte, aus der Mappe.
    Der Professor ging langsam um den Tisch, während er meine Arbeiten begutachtete. Gelegentlich kratzte er sich am Kinn, räusperte sich und machte »Hm«. Das Ganze wiederholte er so lange, bis ich dachte, gleich tot umfallen zu müssen. Gerade als ich sagen wollte: Sorry, ich habe mich geirrt, ich möchte doch nicht Kunst studieren, drehte er sich endlich um und sah mich an. »Cynthia, richtig?«, begann er und deutete auf den Besucherstuhl vor seinem Schreibtisch.
    Ich setzte mich vor Aufregung beinahe daneben, was Professor Rohrbach mit einem netten Lächeln quittierte.
    »Also, liebe Cynthia. Beginnen wir erst einmal mit dem Positiven…« Oh Gott nein, ich will sofort hier raus!!!!!!!!
    »Du hast ein Gespür für Farben, einen Blick für Motive und Bildkomposition und eine gute handwerkliche Grundlage. Das sind genau die Voraussetzungen, die ein Student an der HBFK braucht. Allerdings sind das alles Fähigkeiten, die man notfalls auch noch im Studium lernen kann. Was man aber nicht lernen kann, und genau darin sehe ich ein gewisses Problem…« Oh nein, das überlebte ich nicht.
    Warum war ich Idiot nur hierher gekommen? Warum machte ich nicht einfach eine Lehre bei der Bank oder wurde Verkäuferin?
    ». . . das sind Selbstvertrauen und Mut. Und mein Eindruck ist, dass es dir an beidem ein bisschen mangelt. Hab ich recht?«
    Genau in diesem Moment fing ich leider wie auf Kommando an zu heulen. Ich wäre am liebsten sofort im Erdboden versunken, aber Professor Rohrbach reichte mir ganz selbstverständlich eine Kleenex-Box und lächelte. Wahrscheinlich hatte er das schon mindestens ein Dutzend Mal erlebt. »Na, na, das ist doch alles halb so schlimm!«
    Haha, sehr witzig. Sag doch gleich, dass ich es knicken kann!
    »Du bist zweifelsohne talentiert, sonst würde ich mir gar nicht die Mühe machen, hier mit dir zu sitzen. Ich habe aber das Gefühl, dass du dich nicht richtig traust zu zeigen, was in dir steckt. Um nichts zu riskieren, versteckst du das, was tief in deinem Innersten steckt. Die Engelsflügel zum Beispiel, die sind mir viel zu naturalistisch…«
    »Aber ich habe sie doch in Grün gemalt, was ist denn daran naturalistisch?«, protestierte ich und hoffte, dass ich bald hier rausdurfte.
    Der Professor lachte. »Siehst du, da regt sich doch schon ein bisschen von dem Eigensinn und der Widerspenstigkeit, die es braucht, um ein guter Künstler zu sein. Ich würde vorschlagen, du malst einige Zeit weiter, sagen wir noch ein Jahr, und dann sehen wir uns noch mal. Du willst doch sicher Abitur machen, oder?« Ich nickte und blickte auf das zerkrümelte Taschentuch in meiner Hand. »Na siehst du. Du bist noch sehr jung. Sei einfach ein bisschen mutiger, reiß die Barrieren in deinem Kopf ein und dann entwickelt sich der Rest von ganz allein.«
    Mit hängenden Ohren sammelte ich meine Unterlagen zusammen. Der Professor brachte mich netterweise zur Tür und gab mir die Hand. Seine Worte »Glaub an dich, Cynthia!« hallten mir noch nach, als ich die Wohnungstür aufschloss.
    »Und, wie war es? Ich habe so an dich gedacht«, sagte Paps zur Begrüßung und umarmte mich derart stürmisch, dass ich beinahe meine Mappe fallen ließ. Dummerweise musste ich sofort wieder heulen, meine neue Hauptbeschäftigung. Paps sah mich entsetzt an und schob mich dann in die Küche.
    Trotz des Tränenschleiers konnte ich erkennen, dass er mein Lieblingsessen, Topfenpalatschinken, gemacht hatte. Aber selbst das konnte mich gerade nicht

Weitere Kostenlose Bücher