Cinderella undercover
Schnabel und antwortete »Rätryia«.
Paps lachte. »Aufmüpfig ist genau die richtige Bezeichnung für seinen Charakter. Ich habe gerade Guten Tag zu ihm gesagt, aber er hat mich korrigiert.«
»Inwiefern?«
»Für ihn ist es wohl Zeit, schlafen zu gehen, jedenfalls hat er mir eine gute Nacht gewünscht. Der Jetlag, nehme ich an…«
»Meinst du, ich sollte eine Decke über seinen Käfig legen, damit er es kuschelig und dunkel hat?«, wollte ich – ganz besorgte Vogel-Mama – wissen und wagte es endlich, La Perla zart übers Gefieder zu streichen. Offenbar gefiel ihm das, denn er hielt ganz still.
»Im Prinzip ist das wahrscheinlich keine schlechte Idee. Aber im Moment habe ich eher die Befürchtung, dass er sich nie wieder von dir lösen wird. Und schon gar nicht, um in seinen Käfig zu gehen.«
»Thomas, kann ich dich kurz sprechen?« Stephanie zerstörte unser Idyll, als sie ihren Kopf durch die Tür steckte und fassungslos auf La Perla und mich starrte. Sofort plusterte der Vogel sein Gefieder auf und flog auf meinen Kleiderschrank, wo er sich in die hinterste Ecke zurückzog.
Ich an Stephanies Stelle wäre beleidigt gewesen.
»Aber natürlich, Schatz«, antwortete Paps, stand wie auf Kommando auf und verließ das Zimmer.
»Kannst wieder rauskommen«, rief ich La Perla zu, doch der hatte offenbar keine Lust mehr auf menschliche Nähe. Was auch immer er da oben trieb, mir sollte es recht sein. Hauptsache, es ging ihm gut.
Auf dem Weg in die Küche, wo ich Wasser für meinen Bodhi-Baum und Obst für La Perla holen wollte, kam ich am Schlafzimmer vorbei. »Sag mal, musste das mit dem Vogel sein?«, hörte ich Stephanie meckern und blieb natürlich sofort stehen. »Das Tier wird überall herumfliegen, Dreck machen und meine schönen Blumen-Arrangements durcheinanderbringen. Hättest du das denn nicht vorher mit mir besprechen können?«
Paps schwieg einen Moment.
Vermutlich bekam er gerade zum ersten Mal Gegenwind von seiner Freundin. »Tut mir leid, darüber habe ich nicht nachgedacht«, entschuldigte er sich. »Aber mach dir keine Gedanken, es wird schon nichts passieren. La Perla ist jetzt schon ganz vernarrt in Cynthia und wird den größten Teil der Zeit in ihrem Zimmer bleiben.«
»La Perla?«, hörte man nun Stephanie irritiert – und eine Tonlage höher. »Was haben denn jetzt bitte Dessous mit diesem Thema zu tun?«
Ich grinste still in mich hinein.
Endlich hatte Stephanie mal einen Grund, sich über mich zu ärgern, und nicht umgekehrt!
Paps hatte zum Glück nicht klein beigegeben, also gab es auch keinen Anlass für mich, noch länger zu lauschen.
La Perla blieb bei mir, und damit basta!
Gleich morgen würde ich mir ein Wörterbuch besorgen, ein bisschen singhalesisch lernen und ihm Deutsch beibringen.
Schade, dass Petersen & Lachmann keine Sprachkurse im Sortiment hatten, sonst hätte ich einen Grund gehabt, dort vorbeizugehen und nachzuschauen, ob Daniel Dienst hatte.
Daniel, der Typ, der seit Tagen und Nächten in meinem Kopf herumspukte und mich irgendwie nicht mehr losließ.
Man konnte sich doch nicht innerhalb von fünf Minuten in einen wildfremden Menschen verlieben, von dem man nichts anderes wusste, als wie er aussah.
Oder doch?
9.
»Kommt, lasst uns da rein«, forderten Paule und Louisa, als wir uns am Freitag nach der Schule trafen, um zu mir zu gehen. Die beiden glotzten dermaßen auffällig durch das Schaufenster der Kunstbuchhandlung, dass sie Daniel auch gleich hätten fragen können, ob sie ein Foto von ihm machen durften.
»Ich sag’s euch zum letzten Mal: ICH WILL NICHT! Außerdem ist gar nicht sicher, dass er heute überhaupt arbeitet«, protestierte ich, ging demonstrativ zwei Häuser weiter und fischte das aktuelle Programm des Fleettheaters aus einem Plastikständer neben dem Haupteingang
Ich fing schon an zu bereuen, den beiden Mädels überhaupt etwas von Daniel erzählt zu haben. Dabei besuchten sie mich heute eigentlich, um La Perla kennenzulernen.
Aber es war ja klar, dass die beiden einen gut aussehenden Typen spannender fanden als einen Vogel.
Mit dem Programm in der Hand schlenderte ich scheinbar lässig an Louisa und Paule vorbei in Richtung meiner Wohnung. »Wer mitkommen will, sollte es besser jetzt tun«, sagte ich hablaut und war so sehr damit beschäftigt, mir keine Blöße zu geben und mich nicht in Richtung Schaufenster umzudrehen, dass ich direkt in jemanden hineinrannte.
»’tschuldigung«, murmelte ich und erkannte erst in dem
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