Cinderella undercover
bedankte mich für seine Hilfe.
In der U-Bahn sitzend rief ich bei Paule an und fragte, was los sei. »Er hat sich für Laura entschieden«, schluchzte sie mir ohne irgendeine Art der Einleitung ins Ohr. »Ich habe ihm ein Ultimatum gestellt, aber das ist voll nach hinten losgegangen. Was soll ich denn jetzt bloß machen?« Enrico hatte also eine Entscheidung getroffen und Paule war raus aus dem Spiel. »Ach Süße, das tut mir total leid«, sagte ich ein wenig hilflos. Ich hatte zwar bisher noch keine Erfahrung mit Liebeskummer, aber ich konnte mir trotzdem vorstellen, wie sie sich jetzt fühlte. »Magst du noch vorbeikommen? Wir sehen uns einen Film an und essen tonnenweise Frit-Sticks.« Paule piepste: »Auja!« Offenbar hatte sie bereits wieder vergessen, dass sie nach dem Zusammenstoß mit Felicia eigentlich nicht mehr zu mir kommen wollte. »Also bis gleich. Ich bin in einer halben Stunde da.«
Pauline musste entweder geflogen sein oder ein Taxi genommen haben, denn sie wartete bereits auf mich, als ich zu Hause ankam. Schluchzend warf sie sich in meine Arme. Ich hatte wirklich große Lust, diesem Enrico eine reinzuhauen. Wie kam er eigentlich dazu, meiner lieben Paule das Herz zu brechen?
»Hey, es wird alles wieder gut«, versuchte ich, sie zu beruhigen, und hielt sie so lange umschlungen, bis das Schluchzen ein bisschen weniger wurde. Es nieselte und auf der Fleetinsel war es totenstill. Der einzige Mensch, der außer uns auf der Straße war, war der uniformierte Portier des Hotel Steigenberger, der gerade Pause hatte und eine Zigarette rauchte.
»Komm, wir gehen rein«, sagte ich und zog die immer noch weinende Paule hinter mir her. Oben angekommen, wurde ich von Stephanie empfangen: »Dein Vater hat sich Sorgen gemacht!«, sagte sie mit einer solchen Dramatik in der Stimme, als sei ich drei Monate lang verschollen gewesen. »Ich hatte mein Handy auf lautlos gestellt und hab die Zeit vergessen«, verteidigte ich mich. Erst jetzt bemerkte Stephanie, dass ich nicht allein war. »Und was hatten wir bezüglich irgendwelcher Besuche vereinbart?«, fragte sie, als sei Pauline gar nicht anwesend. »Dass wir sie anmelden sollen, ich weiß. Aber das hier ist ein Notfall!« Ohne mich weiter auf eine Diskussion einzulassen, zog ich Paule in die Wohnung. Sollte es Ärger geben, gab es eben Ärger – das war momentan auch egal. »Geh du schon mal in mein Zimmer, ich komme gleich nach«, sagte ich zu Paule und ging in die Küche, um die Frit-Sticks und was zu trinken zu holen.
Aber was war das?
Die beiden Tüten waren verschwunden.
Das konnte doch nicht wahr sein! Hatte sich etwa wieder Kristen daran vergriffen?
Wütend murmelte ich: »Ich kille sie, ich kille sie«, und bemerkte zu spät, dass La Perla in der Küche war. »Killesie, killesie«, echote der Beo und flatterte aufgeregt um mich herum. »Das gewöhnst du dir sofort wieder ab, haben wir uns verstanden?«, sagte ich und drohte mit dem Zeigefinger, was La Perla dazu animierte, meinen Finger mit seinem Schnabel zu beknabbern. Zum Glück nur sehr sanft.
Nachdem ich in der letzten Ecke des Küchenschranks eine Packung Salzstangen gefunden hatte, ging ich wieder zu Paule, die auf meinem Bett lag und immer noch weinte. »Hier, trink was, sonst bist du gleich ganz ausgetrocknet«, sagte ich, schenkte ihr Saft ein und setzte mich neben sie. Paule trank das Glas in einem Zug leer, richtete sich dann auf und verkündete mit dramatisch aufgerissenen Augen: »Den mach ich platt!«
»Platt, platt!«, plapperte La Perla begeistert.
»Sieht aus, als sei La Perla auf deiner Seite«, lachte ich und streichelte meinen Beo. »Und ich natürlich auch! Aber du hast doch nicht wirklich vor, dich an Enrico zu rächen, oder?«
Paule senkte etwas verlegen den Kopf. »Nein, natürlich nicht, schließlich hab ich auch meinen Stolz. Wenn er Laura toller findet, kann ich das auch nicht ändern. Aber weh tut es trotzdem!« Dann begann sie zu gähnen und auch ich war mit einem Schlag todmüde. Also legte ich mich neben Paule und schloss die Augen.
Hoppla, was war denn jetzt los?
Wieso lag ich plötzlich auf dem Fußboden?
Etwas benommen rieb ich mir zuerst die Augen und dann mein Steißbein. Merkwürdig…
Seit wann hatte ich die Angewohnheit, aus dem Bett zu fallen?
Die Erklärung war ganz einfach und hörte auf den Namen Pauline. Die hatte sich nämlich in meinem Bett dick- und breitgemacht, lag diagonal auf meiner Matratze und schnorchelte ziemlich laut vor sich hin. Es
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