Cinderellas letztes Date
der eine der Kisten umwickelt gewesen war. Ich bin hingefallen und habe die Schnur von meinem Fuß gerissen. Dann habe ich Clarissa zum See geschleppt und sie unter diesem Baum abgelegt. Ich wollte sie nicht umbringen. Ich wollte sie liegen lassen. Aber sie gab nur noch gurgelnde Geräusche von sich. Ich dachte mir, wenn sie überlebt, zeigt sie mich an. Ich sah mich im Knast … und Clarissa mit irgendeinem anderen Typen in Atlantic City. Ich hatte die dämliche Schnur noch in der Hand … und da habe ich sie aufgeknüpft. Verdammt! Ich wollte es nicht. Doch wenn ich drüber nachdenke, hatte sie es verdient.“ Er raufte sich die Haare. „Und mein verfluchter Vater hat verdient, dass ich ihm den Mord anhänge.“ Owen trommelte mit den Fäusten gegen den Baum. Er lachte irre und packte Ruby bei den Schultern. „Ich muss mich bei dir bedanken. Ohne dich besäße ich keine Aufnahme von Clarissas Erpressungsversuch.“
„Was? Ich dachte, du …“
„Quatsch! Ich habe dir die CD nicht zukommen lassen. Ich habe keinen blassen Schimmer, wer sie dir geschickt hat. Mein Dad hat mir erst heute das Original gezeigt, als wir uns zum zehnten Mal seit gestern gestritten haben. Er glaubt wahrhaftig, ich hätte ihn zusammen mit Clarissa erpresst. Den Mist denkt er auch nur, weil er dank dir weiß, dass ich auch mit deiner Schwester zusammen war. Erst war ich sauer auf dich, weil du mich verraten hast. Da dachte ich auch noch, dass du und ich … Ach, was soll’s! Jetzt finde ich es gut.“
Er sah auf seine Armbanduhr. „Gutes Timing. Mein Vater sitzt nun allein zu Hause in seiner Bibliothek und liest. Mom ist auf einem Wohltätigkeitsfest und kommt erst spät zurück. Das bedeutet: Er hat kein Alibi. Sobald ich mit dir fertig bin, fahre ich heim, nehme die CD an mich …“ Blitzschnell packte er Ruby am Hals und drückte zu. „… und lasse meinen Dad einbuchten. Und zwar wegen Doppelmords … an Clarissa und an dir.“
„Das glaube ich nicht“, presste Ruby hervor, ließ die Klinge aus dem Springmesser sausen und rammte sie Owen in die Brust.
Er taumelte kurz zurück und starrte überrascht auf den Schaft des Messers, der aus seinem Brustkorb ragte. Doch er ließ Ruby nicht los. Im Gegenteil drückte er fester zu. „Schlampe!“, zischte er.
Sie zappelte und wehrte sich verzweifelt. Wieso zeigte ihr Messerangriff keine Wirkung? Sein Gesicht war nah über ihrem. Sie sah in seine Augen und seine übernatürlich großen Pupillen. Da wurde ihr klar, dass er unter Drogen stand und keinen Schmerz spürte. Sie hingegen litt entsetzliche Qualen. Sie bekam keine Luft. Ihre Lungen schienen platzen zu wollen ebenso wie ihr Schädel. Ihre Kraft ließ nach, und sie fühlte, dass sie die Besinnung verlor. Sie bäumte sich auf. Owen suchte ihren Blick. Er lächelte leicht und beobachtete fasziniert ihren Todeskampf.
Da sackten Rubys Knie weg. Sie schien zu schweben und wurde unendlich müde. Vor ihrem inneren Auge tauchten all die Menschen auf, die sie liebte. Ihre Mom, ihr Dad, Brad, Clarissa, Chelsea … vor allem aber Billy.
Schade, dachte sie. Scha…
Da wurde Owen plötzlich nach hinten gerissen. Eine Faust landete mitten in seinem Gesicht. Er ließ Ruby los. Sie fiel. Kurz bevor sie auf den Boden prallte, fing Billy sie auf.
„Ruby, bleib bei mir!“ Sein angstverzerrtes Gesicht verriet seine wahren Gefühle für sie.
Sie lächelte schwach und streckte die Hand nach ihm aus. Sie berührte seine Lippen und flüsterte: „Auf Wiedersehen …“ Dann wurde alles schwarz.
EPILOG
„Daddy … Mom … Brad … Chelsea! Wo bin ich?“ Ruby blinzelte. Sie konnte kaum sprechen. Ihr Hals brannte wie Feuer.
„Im Krankenhaus.“ Peter Cartwright saß am Bett seiner Tochter und hielt ihre Hand. Ihre Mutter und ihr Bruder standen mit besorgten Gesichtern hinter ihm. Chelsea lehnte am Türrahmen und lächelte sie an. „Alles wird gut. Du hast nur ein paar Prellungen und blaue Flecke abbekommen.“ Ihr Vater streichelte ihr die Wange.
„Wo ist Billy?“ Ruby richtete sich mühsam auf.
„Auf der Wache“, antwortete Brad. „Owen ist verhaftet worden. Onkel David und Jack Warden werden vernommen. Billy hat Strafanzeige gegen sie gestellt. Ihre Tage als Bürgermeister und Sheriff sind Geschichte. Außerdem strengt Billy ein weiteres Verfahren gegen Warden an. Anscheinend hat der Sheriff vom Football-Coach Geld angenommen, damit Seth sich wegen des Übergriffs auf ein Mädchen nicht verantworten muss.“
„Gut“, murmelte
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