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Circulus Finalis - Der letzte Kreis

Circulus Finalis - Der letzte Kreis

Titel: Circulus Finalis - Der letzte Kreis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tarek Siddiqui
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ließen, trotz des spätwinterlichen Datums. Doch das war es nicht, was mich geweckt hatte. Die Luft war gesättigt mit einem Geruch, der nicht hierher gehört, dem Duft nach Diesel. Ich schnallte mich los und öffnete das Schiebefenster zur Fahrerkabine. Offensichtlich waren sich meine Kollegen des Problems bewusst, senkrechte Falten zeichneten ihre Stirnen, und Wegmann spielte mit dem Gas und bemängelte die fehlende Beschleunigung. Wir entschieden uns, am Seitenstreifen zu halten.
    Es war viel los auf der Autobahn an diesem Samst ag: Sonne, milde Temperaturen, und die Luft von einer gewissen Weichheit, die Hoffnung auf den Frühling machte. Die uns passierenden Fahrzeuge verdichteten diese Vorfrühlingsluft zu Druckwellen, die den angeschlagenen Krankenwagen erzittern ließen.
    Vorsich tig stieg ich aus und öffnete die Motorhaube. Der Motor lief noch und Wegmann gab auf mein Zeichen leicht Gas; so wurde das Problem schnell deutlich. Eine der vier Kraftstoffleitungen war gebrochen, und beständig floss Diesel aus dem dünnen Rohr aus, je nach Position des Gaspedals mehr oder weniger. Mit der Handkante am Hals bedeutete ich Wegmann, den Motor abzustellen.
    Meine beiden Kollegen besahen sich den Schaden. Ich nahm das Warndreieck aus dem Fach hinter dem Beifahrersitz und machte mich auf den Weg , um es aufzustellen. Gewissenhaft ging ich etwa hundertfünfzig Meter weit zurück, immerhin nicht mehr als fünf Fahrsekunden selbst bei mäßigem Autobahntempo. Auf der rechten Seite rauschten Lastwagen an mir vorbei, und ich vermied es, zu ihnen hinzusehen, so als könnte ich sonst ihr bösartiges Interesse erregen. Gerade, als ich mir dachte, die Distanz zum Auto sei jetzt wirklich groß genug, gerade, als ich mich bückte, um das Warndreieck aufzustellen, hörte ich in meinem Rücken ein Geräusch, ein lang gezogenes Zischen nur. Das Gefühl der Bedrohung wuchs, und ich drehte mich um. Hinter dem Krankenwagen bremste ein Bus scharf, Herriger Reisen, ein Setra S218, vor einer Handvoll Sekunden war er an mir vorbeigefahren. Ich begann zu rennen, in dem Gefühl, wenn ich nur schnell genug sei, werde alles gut.
    Als ich den Krankenwagen erreichte, sah alles verlassen aus. Die Motorhaube war nach wie vor aufgeklappt. Hundert Meter weiter vorne stand der Bus, die Pneumatik zischte noch immer. Etwa auf halbem Wege entdeckte ich Wegmann in gebückter Haltung an der Leitplanke. Plötzlich wusste ich, was passiert war, riss die Notfallausrüstung aus dem Auto, rannte ungelenk mit dem schweren Alukoffer zu Wegmann hin, und wusste doch auch, dass ich alle Zeit der Welt hatte.
    Schlage r lag auf der Seite, halb gegen einen Pfeiler der Leitplanke gelehnt. Er strahlte eine gewisse Leichtigkeit aus, wie ich sie nie zuvor an ihm wahrgenommen hatte; vielleicht lag es daran, dass seine Gliedmaßen unangemessen verdreht waren, ohne ihm offensichtlich Schmerzen zu bereiten. Es gab keine offenen Gefäßverletzungen, erstaunlich; nur langsam, aber dafür gleichmäßig und großflächig, sickerte Blut aus ihm heraus und färbte Uniformhemd und –hose an seiner linken Seite. Unzählige, erst winzige rote Punkte wie von einem Sieb, die sich zusehends fanden und zusammenschlossen. Auf der Stirn hatte er einen roten Fleck, ein magisches drittes Auge, so als sei er in letzter Minute zum Hinduismus konvertiert. Seine Brille war unversehrt, nur ein wenig heruntergerutscht. Als ich sie ihm mit einer vorsichtigen Handbewegung wieder hinaufschob, sah ich so etwas wie Dankbarkeit in seinem schwindenden Blick.

30
    Schlager starb genau elf Tage nach seinem Landsmann Falco, und obwohl die beiden Ereignisse offensichtlich in keinerlei Zusammenhang standen, konnte ich nie an das eine denken, ohne dass das andere mir in den Sinn kam.
    Die Polizei hatte uns kurz befragt, sich jedoch in erster Linie mit dem Busfahrer befasst. Unsere Aussagen glichen einand er: Keiner hatte gesehen, wie Schlager auf die Fahrbahn geraten war; die schwarzen Abdrücke der Reifen bestätigten, dass der Bus die rechte Spur erst nach dem Zusammenprall verlassen hatte.
    Von einer nahen Dienststelle der Severiter eilte ein Seelsorger h erbei, der sich jedoch schwertat, irgendeine Reaktion von uns zu erhalten. Aus dem Bus gelegentlich Blitzlichter und Gesichter mit einem verkniffenen Auge und einem Kameraobjektiv darin. Ein Herr begehrte zu erfahren, wann es endlich weiterginge.
    Notarzt, Leichenwagen, inzwischen trug der zähflüssige Verkehr auch den Pannendienst heran. Der war

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