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Circulus Finalis - Der letzte Kreis

Circulus Finalis - Der letzte Kreis

Titel: Circulus Finalis - Der letzte Kreis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tarek Siddiqui
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Landeshauptstadt. Für kurze Zeit hatte ich Zuversicht verspürt, fast schon ein Hochgefühl, weil mein Täuschungsmanöver vordergründig erfolgreich war. Aber das eigentliche Problem lag noch vor mir, und plötzlich wirkte der Plan, die Bibliothek aufzusuchen, nur mehr vage und lächerlich. Ich bemühte mich, meine Hoffnungen darauf zu konzentrieren, dort irgendwo einen Hinweis auf den Gegenstand des dreidimensionalen Planes zu finden.
    Als der Zug einen kurzen Zwischenhalt in je ner Kleinstadt einlegte, in der ich aufgewachsen war und wo meine Eltern nach wie vor lebten, verspürte ich den Drang, auszusteigen und mich bei ihnen zu verstecken, oder sie zumindest anzurufen. Aber was sollte ich sagen? Mit pneumatischem Zischen schlossen die Türen, der Wagen setzte sich ruckelnd wieder in Bewegung. Es war vermutlich besser, sie aus all dem herauszuhalten.

    Der Zug war ziemlich voll: Narren, wohin man nur sah, vielfach in undefinierbarer Verkleidung, manche bereits merklich in Stimmung, andere völlig unbewegt lesend oder aus dem Fenster schauend. Über den Ereignissen hatte ich beinahe vergessen, dass der Karneval seinem diesjährigen Höhepunkt zustrebte.
    Nur langsam ging es voran. Eine Stunde nachdem ich die Wohnung verlassen hatte, fehlt en noch immer drei Haltestellen bis zum Hauptbahnhof, in dessen unmittelbarer Nähe sich die Zentralbibliothek befand. Spätestens jetzt, so hatte ich mir ausgerechnet, musste mein Ablenkungsmanöver aufgeflogen sein. Ich verspürte eine zunehmende Unruhe. Metz und Knopp hatten inzwischen miteinander gesprochen, entweder persönlich, über Funk oder durch die Vermittlung der Leitstelle. Damit hatte ich mich unzweifelhaft und unumkehrbar gegen Metz und die anderen gestellt. Was sie jetzt tun würden, war unklar, aber es würde ihnen umgekehrt ebenso schwer fallen, zu erraten, wo ich zu suchen wäre. Es hatte mich viel Überwindung gekostet, Knopp dahin zu schicken, wohin auch ich fuhr, nach Norden; mit etwas Glück nahmen sie das zum Anlass, um eher in der Gegenrichtung nach mir Ausschau zu halten.
    Eine herrenlose Zeitung in der Hand starrte ich auf die aufgeblasenen Lettern sensationsgesä ttigter Überschriften, und es fiel mir schwer, die Gleichzeitigkeit der Ereignisse zu begreifen, während ich hier in der Bahn saß. Mit der linken Hand tastete ich nach den beiden Zetteln in meiner Jacke.

    Die Landeshauptstadt war die erste Stadt, die ich als Kind kennen gelernt hatte, und ein Teil von mir sah sie noch durch bewundernde Kinderaugen, obwohl sie, touristisch gesehen, nicht übermäßig viel hergab abgesehen von Shopping, unzähligen Kneipen und ein paar architektonisch bemerkenswerten Neubauten. Von den Gleisen aus sah man davon wenig, stattdessen Wäscheleinen auf den mit rissigem Putz bedeckten Balkonen wenig repräsentativer Nachkriegsbauten und ein Bordell, wo hinter nummerierten Scheiben um die Gunst der Zugfahrenden geworben wurde. All das hatte ich hunderte Male gesehen, und auf eine merkwürdige Weise erschien es mir in diesem Augenblick kostbar und bedroht.
    Vom ziegelrote n Bahnhof waren es nur wenige Meter bis zur Zentralbibliothek mit ihrer wohltuenden Ruhe, den gleichmäßig erhellten Räumen, und, vor allem, unzähligen Regalen voller Bücher. Ich trat ein, die Schiebetüren schlossen sich hinter mir, und ein Teil der Last, die ich mit mir herumtrug, fiel von mir ab.
    Dennoch ging ich mit Vorsicht die Stufen ins Obergeschoss hinauf, indem sich auch die Abteilung Architektur befand. Nach einer Weile hatte ich zusammengesucht, was mir als Ausgangspunkt geeignet schien: Ein Quersc hnitt durch die Architektur der Welt und eine Übersicht über mittelalterliche Bauten in Deutschland, beide mit Grundrissen. Ich suchte mir eine geschützte Ecke, in der eine Bank stand, breitete meine Zettel darauf aus und begann mit der Suche nach Anhaltspunkten.
    Bald verspü rte ich bohrende Kopfschmerzen, die Linien der Grundrisse tanzten mir vor den Augen und verschwammen. Seit dem Abend hatte ich nichts gegessen, aber der Gedanke, meine relative Sicherheit hier in der Bibliothek zu verlassen, behagte mir nicht, und hier gab es, den Büchern zuliebe, keinerlei Verzehr oder Verkauf.
    Mit Mü he konzentrierte ich mich. Sollte ich die Bände schnell durchblättern oder lieber unter Umständen eine Auswahl von Gebäuden, wie immer die auch zu treffen wäre, genauer studieren? Weiter als bis hierher hatte ich noch nicht gedacht. Ich hoffte auf eine spontane Assoziation, auf einen

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