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Circus

Circus

Titel: Circus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alistair MacLean
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auf, ging zu ihrem gemeinsamen Schatten hinüber, riß ihm unsanft die Hand unter dem Kopf weg und drehte das Handgelenk mit einem Ruck um. Der Mann stieß einen erstickten Schmerzensschrei aus, aber keiner der anderen Gäste hob auch nur den Kopf. Wahrscheinlich waren derartige Auseinandersetzungen hier an der Tagesordnung und entlockten einem höchstens noch ein Gähnen. Der Mann hatte einen winzigen Kopfhörer in der Hand, von dem ein Draht ausging. Bruno folgte dem Draht bis zu einem kleinen Metallkasten, der in einer Brusttasche des Jacketts des Mannes steckte. Das Ding war kaum größer als ein durchschnittliches Feuerzeug. Bruno steckte beides in seine Tasche und sagte: »Richte deinem Chef aus, daß der nächste, der mir auf den Pelz geschickt wird, nicht mehr in der Lage sein wird, Bericht zu erstatten. Und jetzt verschwinde.«
    Der Mann befolgte die Aufforderung in Windeseile. Bruno kehrte an seinen Tisch zurück und zeigte Maria seine Beutestücke. »Komm, wir wollen's mal ausprobieren«, sagte er. Er steckte sich den Kopfhörer ins Ohr. Maria drehte den Kopf so weit, daß sie in ihren Mantelkragen sprechen konnte und murmelte: »Ich liebe dich. Aufrichtig. Und für immer.«
    Bruno nahm den Kopfhörer aus dem Ohr. »Es funktioniert gut, allerdings weiß das Ding scheinbar nicht, was es redet.« Er steckte die beiden Geräte wieder ein. »Das sind doch hartnäckige Burschen, was? Aber so auffällig!«
    »Nicht für mich. Ich glaube, du wärst viel besser für meinen Job geeignet als ich. Aber mußtest du ihm verraten, daß wir ihn durchschaut haben?«
    »Das wissen die sowieso. Vielleicht werden sie jetzt aufhören, mich beschatten zu lassen. Und außerdem konnte ich doch nicht zulassen, daß dieser Miesling seine Ohren in meine privaten Dinge steckt.«
    »Worum geht es?«
    »Um meine Brüder.«
    »Entschuldige. Ich wollte nicht … warum sind die beiden entführt worden, Bruno?«
    »Nun, erstens hat es diesem heuchlerischen, verschlagenen, sadistischen Lügner …«
    »Sergius?«
    »Sind denn noch mehr heuchlerische, verschlagene, sadistische Lügner in der Gegend? Jedenfalls hat es ihm die Möglichkeit gegeben, von allen Circusleuten die Fingerabdrücke zu bekommen.«
    »Was kann ihm das nützen?«
    »Abgesehen davon, daß es ihm ein Machtgefühl gibt und den Eindruck vermittelt, daß er sehr clever und tüchtig ist, weiß ich es nicht. Aber es ist auch egal. Jedenfalls hat er mich jetzt in der Hand – wenn ich irgendwie über die Stränge schlage, läßt er es meine Brüder büßen.«
    »Du glaubst die Entführungsgeschichte also gar nicht? Hast du schon mit Dr. Harper darüber gesprochen? Du kannst doch nicht das Leben deiner Brüder aufs Spiel setzen, Bruno! Das kannst du einfach nicht tun! Oh, Bruno, wenn ich dich verliere und sie sterben müssen und alle anderen von deiner Familie …«
    »Also, du bist doch wirklich die größte Heulsuse, die ich jemals kennengelernt habe! Wer um Himmels willen hat dich nur für die CIA ausgesucht?« Dann fragte er sie: »Liebst du mich?« Sie nickte. »Vertraust du mir?« Sie nickte noch einmal. »Dann sprich mit niemandem über das, was ich mit dir bespreche, okay? Mit absolut niemandem!«
    Sie nickte zum drittenmal, aber dann fragte sie: »Schließt das auch Dr. Harper mit ein?«
    »Das tut es allerdings. Er ist ein außerordentlich gescheiter Mann, aber er denkt orthodox und hat nicht die gleiche Mentalität wie wir Mitteleuropäer. Ich bin nicht außerordentlich gescheit, aber ich handle unorthodox und bin hier geboren. Und es wäre möglich, daß er die paar kleinen Improvisationen, die ich vielleicht machen muß, nicht gutheißen würde.«
    »Was für Improvisationen?«
    »Also wirklich! Typisch Ehefrau! Wie soll ich das beantworten? Es liegt in der Natur der Improvisation, daß sie nicht vorausgeplant wird.«
    »Was hat es nun eigentlich wirklich mit dieser Entführung auf sich?«
    »Das ist doch alles Blödsinn! Sergius mußte ihr Verschwinden eben irgendwie erklären. Hast du mitgekriegt, wie er sagte, daß er ein paar von den Bandenmitgliedern kenne, ihnen aber nichts nachweisen könne? Wenn er sie tatsächlich kennen würde, dann säßen sie in null Komma nichts in der ›Lubylan‹, und er hätte die gesamte Wahrheit aus ihnen heraus, fünf Minuten bevor sie unter Schmerzensschreien sterben würden. Ja, mein Schatz, du bist hier eben nicht zu Hause in Neuengland.«
    Sie schauderte zusammen. »Aber warum die Drohungen? Warum wird behauptet, daß

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