Circus
noch besser als die seines Chefs, und so strahlte er glücklich vor sich hin. Angelo, der in respektvollem Abstand in einer Ecke saß, lächelte ebenfalls, obwohl er weder Kopfhörer an den Ohren noch einen Wodka vor sich hatte – wenn der Oberst glücklich war, dann war er es auch.
Bruno kam von der Inspizierung des Fahrplans zurück. »Es gibt einen Zug nach Kolszuki, der zur Mittagessenszeit dort ankommt. Sei um zwölf dort am Bahnhof. Du wirst keine Schwierigkeiten haben, ihn zu finden – das ganze Dorf besteht aus nicht mehr als fünfzig Häusern. Weißt du, wie du hinkommst?«
»Im Handschuhfach liegt eine Landkarte. Ich habe mir die Route schon rausgesucht. Ich bin rechtzeitig da.«
Bruno fuhr die Hauptstraße hinauf und parkte den Volkswagen genau gegenüber der Stelle, an der die Straße in die Hauptstraße einmündete, die an der Südseite der ›Lubylan‹ entlangführte. Sie war nicht ganz leer: Am südlichen Straßenrand standen zwei Lastwagen und ein Personenwagen, die offensichtlich für die Nacht abgestellt worden waren. Daran, daß man in der ›Lubylan‹ nichts dagegen hatte, daß in ihrer unmittelbaren Nähe geparkt wurde, konnte man ermessen, wieviel Vertrauen die Leute in ihre Sicherheitsvorkehrungen setzten.
Bruno wandte sich an Maria: »Also, vergiß nicht, Dr. Harper alles zu erzählen, was wir heute abend besprochen haben. Und vergiß auch nicht, daß wir für eventuelle, unbeteiligte Passanten nur ein Liebespaar sind. Liebling, meine geliebte Maria!«
»Ja, Bruno«, sagte sie förmlich. »Wir werden bald verheiratet sein, Bruno.«
»Sehr bald, mein Liebling.« Sie verfielen in Schweigen und starrten nach vorn auf die Straße – Maria die ganze Zeit, Bruno mit kurzen Unterbrechungen.
Im Hauptquartier der Geheimpolizei stieß Oberst Sergius merkwürdig erstickte Laute aus, aber er hatte sich nicht etwa an seinem Wodka verschluckt – Oberst Sergius lachte! Er bedeutete Angelo mit einer Geste, ihm noch einen Wodka einzuschenken und machte ihm danach ein Zeichen, selbst auch einen zu nehmen. Angelo ließ vor Überraschung beinahe die Flasche fallen, lächelte sein Wolfslächeln und beeilte sich, von der außergewöhnlichen Großzügigkeit seines Herrn Gebrauch zu machen, bevor dieser es sich anders überlegte. Dies war wirklich ein epochemachender Abend!
Bruno drehte sich plötzlich zu Maria um, nahm sie in die Arme und küßte sie leidenschaftlich. Einen Augenblick lang saß sie wie erstarrt da, dann entspannte sie sich, aber nur einen kurzen Augenblick, denn gleich darauf klopfte es energisch an das Wagenfenster. Sie machte sich los und kurbelte es eilig herunter. Zwei Polizisten von eindrucksvoller Statur und mit Pistolen und Schlagstöcken bewaffnet beugten sich zu ihr herunter und schauten in den Wagen. Abgesehen von den Uniformen und Waffen hatten sie jedoch nichts mit der allgemein üblichen westlichen Vorstellung von Polizisten hinter dem Eisernen Vorhang gemeinsam: Ihre Gesichter waren freundlich, ja fast väterlich. Der größere der beiden schnupperte mißtrauisch.
»In diesem Wagen riecht es aber ausgesprochen merkwürdig«, stellte er fest.
»Ich habe gerade ein Parfümfläschchen zerbrochen«, erklärte Maria zerknirscht. »Ein Tropfen davon duftet gut, aber eine ganze Flasche – nun, es riecht wirklich ein bißchen stark.«
Bruno fragte stotternd und mit völlig verwirrter Stimme: »Was ist los, Herr Wachtmeister. Dies ist meine Verlobte.« Er hielt dem Beamten Marias linke, beringte Hand unter die Nase, damit er es auch glaubte. »Es gibt ganz sicher kein Gesetz, das es verbietet, daß man sich …«
»Natürlich nicht.« Der Polizist stützte sich mit einem Ellbogen auf den unteren Rand des Wagenfensters und sagte vertraulich: »Aber es gibt ein Gesetz, das es verbietet, in einer Hauptstraße zu parken.«
»Oh! Das tut mir leid. Ich habe gar nicht bemerkt …«
»Das kommt von dem Gestank«, sagte der Polizist verständnisvoll. »Sie müssen ja schon ganz benebelt sein.«
»Ja, Herr Wachtmeister.« Bruno lächelte schüchtern. »Ist es in Ordnung, wenn wir da drüben hinter den beiden Lastwagen parken?« Hoffnungsvoll deutete er auf die beiden Fahrzeuge in der kleinen Straße.
»Selbstverständlich. Aber erkälten Sie sich nicht. Und noch etwas, Genosse.«
»Ja, Herr Wachtmeister?«
»Wenn Sie sie so sehr lieben, warum kaufen Sie Ihrer Verlobten dann nicht ein dezentes Parfüm? Es muß ja nicht teuer sein. Alles klar?« Der Polizist strahlte und
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