City of Death - Blutiges Erbe (German Edition)
öffnete meine noch verklebten Augen. Meine Zelle war etwa fünf Quadratmeter groß und mit roten Decken ausgelegt. Ich hatte gehofft, dass man mich über Nacht in der Klinik behielt, damit ich am nächsten Tag abhauen konnte, doch das würde sich nun als schwierig erweisen. Ich suchte nach einem Fenster, damit ich die Uhrzeit einschätzen konnte, doch ich fand keines. Ich fragte mich, ob es bereits Morgen war und wie lange ich geschlafen hatte. Gott, mein Vater würde sich solche Sorgen machen! Wie sollte ich nur jemanden erreichen und ihm erklären, wo ich war?
»Na, meine Süße? Hast du gut geschlafen?«, fragte eine junge Frau und beugte sich vor meine Zelle. Sie hatte ein niedliches Gesicht, braune unendlich lange Haare und aufrichtige, freundliche Augen. Ich schätzte sie auf siebzehn Jahre. »Du hast bestimmt Hunger«, vermutete sie und öffnete meine Zelle.
Ich beobachtete noch etwas verschlafen, aber interessiert , wie die Riegelvorrichtung funktionierte, damit ich später von hier verschwinden konnte. Das Mädchen stellte mir eine Schale mit Wasser und Hundefutter hin. Das Wasser schleckte ich gierig auf, und hätte sie mich nicht beobachtet, hätte ich es schluckweise wie ein Mensch getrunken. Dem Hundefutter schenkte ich keinerlei Beachtung. Ich konnte schon kein rohes Fleisch essen, das war mit Hundefutter nicht anders. Sie beobachtete mich dabei, wie ich das Wasser aufschleckte, und wartete offenbar darauf, dass ich das Tierfutter fraß. Da konnte sie warten, bis sie schwarz wird!
»Na los, iss!«, forderte sie mich auf, doch ich rührte mich nicht von der Stelle.
Sie kam ungefähr drei Mal alle halbe Stunde wieder, um zu schauen, ob ich es angerührt hatte , und hockte sich beim dritten Mal seufzend vor meine Zelle. »Was ist denn nur los mit dir? Jeder andere Hund hätte sich schon längst auf das Fressen gestürzt.« Sie klang frustriert.
Ich warf ihr nur einen gelangweilten Blick zu und wartete, dass sie verschwand. Das tat sie dann auch und nahm den Fressnapf mit. Langsam und etwas eingerostet vom langen Liegen, erhob ich mich und setzte zitternd mein rechtes Hinterbein auf. Es schmerzte, als ich es belastete, doch es war auszuhalten. Nachdem ich probehalber ein paar Mal mit dem verletzten Bein aufgetreten war, begab ich mich zur Zellentür. Der Riegel musste einmal gedreht und dann nach außen gezogen werden – etwas, das ich mit meinen Pfoten nur schwer bewerkstelligen konnte. Wenn ich ein Mensch war, konnte ich meine Hände in Klauen verwandeln, ich hatte es jedoch noch nie anders herum versucht. Ich lehnte meinen Kopf ans Gitter und sondierte meine Umgebung. Es befanden sich etwa zwanzig Käfige in dem Raum, bewohnt von den unterschiedlichsten Hunderassen. Soweit ich sehen konnte, gab es nur eine Tür auf der rechten Seite, in der auch das Mädchen verschwunden war. Nur wusste ich nicht, wohin der Raum mündete, in welcher Etage ich mich befand, ob es diverse Sicherheitsvorkehrungen gab und ob ich es überhaupt hier raus schaffen würde. Nun, es gab nur eine Möglichkeit, das herauszufinden.
Mit einem letzten prüfenden Blick vergewisserte ich mich, dass ich wirklich allein war, dann schloss ich meine Augen und konzentrierte mich auf meine rechte Pfote. Das letzte Mal, als ich ein Körperteil verwandelt hatte, wurde ich von einem Auftragskiller gejagt, was die Sache deutlich beschleunigt hatte. Kein Ahnung warum, aber wenn ich unter Stress oder Angst stand, verwandelte ich mich schneller. Musste wohl an dem Adrenalin liegen. Ich kniff fest die Augen zu und versuchte, meine gesamte Energie in meine Pfote zu pressen, doch als sich nach fünf Minuten immer noch nichts tat, gab ich den Versuch auf. Vielleicht lag es an der lauten Umgebung oder an der mangelnden Übung, jedenfalls blieb meine Pfote eine solche. Dann musste ich mich eben vollständig verwandeln, denn anders als bei Teilverwandlungen brauchte ich mich dabei nicht zu konzentrieren – es funktionierte einfach.
Als ich mich diesmal verwandelte, war jedoch etwas anders. Während sich mein Körper streckte und die Haut spannte, rissen die Fäden einer nach dem anderen auf. Ich gab einen gequälten Laut von mir, halb Heulen, halb Schreiben, und krümmte mich unter den Schmerzen zusammen. Als ich eine knappe Minute später nackt in meiner Zelle hockte, zitterte ich vor Anstrengung und Schmerzen. Mein Gesicht war tränenverschmiert. Ich fasste mir an die Rückseite meines Oberschenkels und hielt schließlich eine blutige Hand vors
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