City of Lost Souls
Renaissance.
Erneut streckte er ihr einladend die Hand entgegen. »Erinnere dich: Du bist so leicht, wie du dich fühlst.«
Und Clary erinnerte sich … erinnerte sich an die vielen Trainingsstunden, in denen sie gelernt hatte, richtig zu fallen, zu balancieren und nach einem Sprung so aufzukommen, wie Jace es vorgemacht hatte: als wäre man eine Ascheflocke, die sanft zu Boden schwebt. Clary holte tief Luft und sprang. Das grüne Wasser floss unter ihr hindurch und sie landete im Bug des Boots, schwankte einen Moment, fing sich dann aber schnell.
Erleichtert atmete sie auf und hörte, wie Jace lachte, während er vom Dollbord in die Bootsmitte hüpfte. Das Boot leckte leicht und das eingedrungene Wasser glitzerte auf dem Boden. Da er einen Kopf größer war als Clary, die nun auf dem Holzsitz im Bug balancierte, befanden sie sich ungefähr auf Augenhöhe.
Jace legte seine Hände um ihre Taille. »So«, meinte er. »Wohin soll’s denn gehen?«
Clary schaute sich um. Inzwischen war das Boot weit von der Anlegestelle abgetrieben. »Stehlen wir dieses Boot etwa?«
»›Stehlen‹ ist so ein hässliches Wort«, sinnierte Jace.
»Als was willst du es denn sonst bezeichnen?«
Mühelos hob Jace sie hoch und wirbelte sie herum, ehe er sie wieder absetzte. »Als einen Extrem-Schaufensterbummel«, erklärte er und zog sie fester an sich.
Clary versteifte sich, dann verloren ihre Füße den Halt und Jace und sie landeten in der gewölbten Bootsmitte, die glatt und feucht war und nach Kanalwasser und nassem Holz roch. Im nächsten Moment fand sie sich auf Jace wieder; ihre Knie rechts und links seiner Hüften. Wasser durchtränkte sein Sweatshirt, doch es schien ihn nicht zu kümmern.
Er verschränkte die Hände hinter dem Kopf, wodurch der Saum seines Shirts hochrutschte. »Du hast mich mit der Kraft deiner Leidenschaft buchstäblich umgehauen«, bemerkte er. »Gut gemacht, Fray.«
»Du bist nur deshalb hingefallen, weil du es wolltest. Ich kenne dich«, erwiderte Clary. Der Mond leuchtete wie ein Scheinwerfer auf sie herab – als wären sie die einzigen Menschen unter dem Himmel. »Du rutschst niemals aus.«
Behutsam berührte Jace Clarys Gesicht. »Ich mag vielleicht nicht ausrutschen, aber auch ich habe meine Schwächen.«
Clarys Herz raste und sie musste schlucken, ehe sie bemüht locker antwortete: »Das ist wahrscheinlich der schlimmste Spruch, den du je gebracht hast.«
»Wer sagt, dass das ein Spruch war?«
Das Boot schaukelte und Clary stützte sich mit den Händen auf Jace’ Brust ab. Ihre Hüften pressten sich an seine und sie sah, wie seine Augen sich weiteten und die Farbe veränderten – von frech funkelndem Gold zu einem dunklen Ton, während die Pupillen die Iris in sich aufzunehmen schienen. Und darin konnte Clary sich selbst und den Nachthimmel erkennen.
Jace stemmte sich auf einen Ellbogen und schob Clary eine Hand in den Nacken. Sie spürte, wie er sich ihr entgegenhob, wie sein Mund ihre Lippen streifte, doch sie wich zurück, entzog sich dem Kuss. Dabei sehnte sie sich nach ihm, sehnte sich so sehr, dass sie sich unglaublich leer fühlte, als hätte das Verlangen ein Loch in ihr Inneres gebrannt. Ihr Verstand sagte ihr: Dies hier ist nicht Jace, jedenfalls nicht ihr Jace . Doch ihr Körper erinnerte sich noch gut an ihn: an seine Muskeln und das Gefühl seiner Wärme und an den Duft seiner Haut und Haare. Und ihr Körper wollte ihn unbedingt zurückhaben.
Clary gestattete ihren Lippen ein Lächeln an Jace’ Mund, als würde sie ihn nur necken. Dann rollte sie sich auf die Seite und schmiegte sich auf dem feuchten Bootsboden an ihn. Jace protestierte nicht; stattdessen schlang er den Arm um sie und lag ruhig da, während sich das Boot unter ihnen in den sanften Wellen wiegte. Gern hätte Clary ihren Kopf auf seine Schulter gelegt, doch sie verzichtete darauf.
»Wir treiben immer weiter«, stellte sie fest.
»Ich weiß. Aber es gibt da was, das ich dir zeigen wollte … « Jace schaute zum Himmel. Der Mond lag hinter einem großen weißen Wolkenschwaden, der an ein Segel erinnerte. Jace’ Brust hob und senkte sich regelmäßig, seine Finger spielten mit Clarys Haaren.
Clary lag reglos neben ihm und wartete und beobachtete, wie die Sterne langsam über den Himmel zogen wie eine astronomische Uhr. Und sie fragte sich, worauf sie wohl warteten, bis sie schließlich etwas hörte: Ein tiefes, langes Rauschen, wie Wasser, das durch einen gebrochenen Deich dringt. Der Himmel verfinsterte
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